Der Hund im Kuehlschrank
diese Tür aus?
Was befindet sich hinter der Tür?
Beginnen Sie Ihre Erzählung mit den Worten: »Dieser Schlüssel passt zu einer Tür, die . . .« Es kann eine »wahre« Geschichte sein, von einer Tür, die real existiert, oder auch etwas Erfundenes, eine Tür in Ihre Vorstellungswelt. Realität und Phantasie dürfen sich auch vermischen.
Dieser Schlüssel passt zu einer Falltür, die sich direkt unter dem Schreibtisch in meinem Büro befindet. Die Tür im Boden ist
kaum zu sehen, sie fügt sich nahtlos in den Parkettboden ein. Nur das kleine Schlüsselloch fällt einem ins Auge, wenn man ganz genau hinsieht. Wenn ich nun den Schlüssel ins Schlüsselloch stecke und dreimal herumdrehe, lässt sich die Bodenklappe nach oben ziehen und öffnen. Darunter ist ein Raum, zu dem eine hölzerne Leiter hinabführt. Wenn man hinuntersteigt – und ich habe es schon oft getan – gelangt man zu einem wunderbar weichen, gemütlichen Bett, das mit bunter Bettwäsche bezogen ist. Ja, und wenn ich einmal während der Arbeit müde werde, dann öffne ich die Tür im Boden, steige hinunter und schlafe eine Runde. Keiner weiß von dieser geheimen Tür – nur Sie kennen jetzt mein Geheimnis!
Noch ein Tipp: Machen Sie sich vorab keine Gedanken, was sich hinter der Tür, von der Sie erzählen, befinden könnte. Manchmal ist es am spannendsten, sich beim Erzählen selbst zu überraschen. Öffnen Sie einfach sprechend die Tür und sagen Sie dann aus dem Augenblick heraus das, was Ihnen spontan in den Sinn kommt. Vielleicht ist hinter der Tür ein Goldschatz? Oder eine Glühbirne? Oder ein rotes Gummibärchen? Oder einfach nichts? Wer weiß . . .
Du lügst, oder?
Es gibt ein schönes Spiel, das ganz unmittelbar in die eigene Lebensgeschichte führt. Oft bildet es den Auftakt meiner Erzählseminare. Dafür teilen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein DIN-A4-Blatt in der Mitte in zwei Hälften. Auf beiden Seiten gestalten sie dann ein kleines Bild, skizzenartig gezeichnet oder mithilfe einer Collage aus Bildern einer Zeitschrift. Beide Bildseiten sollen dabei eine Begebenheit aus dem eigenen Leben
erzählen, beispielsweise ein Reiseerlebnis, ein Hobby, ein Lieblingsessen, eine Abneigung, eine Anekdote oder einen Schwank aus dem Alltag. Dabei muss allerdings die eine Geschichte wahr und die andere erlogen sein. Anschließend werden die Bilder in der Runde gezeigt und die Geschichten dazu erzählt. Die Zuhörer raten, welche der beiden Geschichten der Wahrheit entspricht und welche erfunden ist. Wichtig dabei ist: Die kleine Skizze dient als Veranschaulichung für denjenigen, der erzählt! Es sollten keine Worte auf die Blätter geschrieben werden, und es geht auch nicht darum, besonders kunstvolle Collagen zu gestalten. Die Zuhörer hören die Geschichten, sie vertiefen sich nicht in die Bilder. Das Visualisieren, also das bildliche Darstellen des Erzählstoffs, ist vor allem als Erzählhilfe gedacht, die dem freien mündlichen Ausdruck der Sprecherin oder des Sprechers einen Fokus gibt und verhindert, dass sie oder er sich in Details verliert. Probieren Sie es einmal aus! Es ist eine wunderbare Art, auf unterhaltsamem Weg und in kurzer Zeit etwas Interessantes von anderen Leuten zu erfahren und gleichzeitig etwas von sich selbst mitzuteilen.
Nachdem alle Geschichten erzählt worden sind, ist es spannend, sich folgende Fragen zu stellen und diese, falls möglich, auch mit anderen zu diskutieren:
Was fiel Ihnen schneller ein – die wahre Geschichte oder die Lüge?
Welches Erinnerungsbild war leichter zu gestalten – Wahrheit oder Lüge?
Wie ging es Ihnen beim Erzählen? Was kam Ihnen leichter über die Lippen – Wahrheit oder Lüge?
Wie wirkten die beiden Geschichten auf Ihre Zuhörer? Wurde die Lüge aufgedeckt?
Haben Sie selbst in Ihrer Lügengeschichte vielleicht einen Funken Wahrheit entdeckt? Oder in der wahren Anekdote ein bisschen Flunkerei?
Wann ist eine Geschichte »wahr« und wann ist sie »erlogen«? Diese Frage ist nicht auf die Schnelle zu beantworten und führt bei näherer Betrachtung tief in eine philosophische Debatte. Eines ist gewiss: Wahrheit und Lüge sind zwei Seiten einer Medaille. Die Grenzen sind fließend. Und eine Qualität des lebendigen Erzählens ist es, sich in diesem Grenzbereich bewegen zu dürfen. Beim Erzählen geht es nicht in erster Linie um »die Wirklichkeit«. Es geht vielmehr um einen spontanen Ausdruck, um Unmittelbarkeit und Authentizität. Im Erzählen schwingen meist beide
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