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Der Hund kommt - Roman

Der Hund kommt - Roman

Titel: Der Hund kommt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Noestlinger
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fahren in die Stadt, zu meiner Schwägerin Olga. In der Stadt gibt es so viele Hunde, dass du garantiert nicht auffällst.«
    Der Hund und der Bär packten das Zelt ins Auto und fuhren in die Stadt. Die Fahrt dauerte lange, weil der Hund alle paar Kilometer rief: »Lieber Freund, ich muss leider schon wieder!« Und dann fuhr der Bär an den Straßenrand, und der Hund kletterte aus dem Wagen und verschwand im Gebüsch. Spät am Abend erst kamen sie in der Hauptstadt an.
    Die Schwägerin Olga war Witwe. Ihr Mann, der Bruder vom Bären, war vor einem Jahr gestorben.
    Die Witwe Olga freute sich mächtig, als sie den Bären sah. Und dass er den Hund mitbrachte, machte ihr nichts aus. Und dass der Hund den Durchfall und den Hexenschuss hatte, störte sie auch nicht. »Das kriegen wir schon hin«, sagte sie. »Schließlich habe ich meinen armen Mann drei Jahre lang gepflegt. Ich habe Übung.«
    Sie kochte dem Hund Haferschleim und rieb ihm das Kreuz mit Murmeltierfett ein. Und in das Bett, das sie für den Hund richtete, legte sie drei Wärmflaschen.
    »Morgen geht es Ihnen sicher besser, lieber Hund«, sagte sie, als sie dem Hund vor dem Einschlafen die Kissen aufschüttelte.
    Leider ging es dem Hund am nächsten Tag nicht besser, sondern schlechter. Über Nacht hatte er auch noch Fieber bekommen und Husten und Schnupfen. Scheußlich war dem Hund zumute. Bei jedem Huster und bei jedem Nieser spürte er einen fürchterlichen Stich im Kreuz. Und der Durchfall machte ihm sehr zu schaffen. Wenn es in seinem Bauch zu gluckern, zu ziehen und zu rumoren anfing, so, dass er rief: »Gleich geht’s los!«, dann konnte er, wegen dem steifen Kreuz, nicht einfach aus dem Bett springen und im Eilzugstempo aufs Klo rasen. Ganz langsam musste er sich hochrappeln, aus dem Bett wälzen und windschief und gekrümmt zum Klo hin tappen. Höllenqualen stand er auf dem Weg zum Klo aus! Schweißgebadet und in allerletzter Sekunde kam er jedes Mal dort an. Und vom Fieber hatte er dazu noch einen dicken, heißen Brummschädel.
    »Mit Wärmflasche, Haferschleim und Murmeltierschmalz kommen wir da nicht weiter«, sagte die Witwe Olga. »Da gehört ein Arzt her!«
    Bloß war es Sonntag, und am Sonntag hatten die Ärzte in der Stadt Ruhetag. Nur der Ärzte-Notdienst arbeitete. Die Witwe Olga rief den Ärzte-Notdienst an. Ein junger Ärzte-Notdienst-Arzt kam. Er schaute sich den Hund an, murmelte: »Bedenklich, sehr bedenklich«, und telefonierte nach der Rettung.
    Eine Stunde später wurde der Hund auf einer Krankenhausbahre aus dem Haus der Witwe Olga getragen und mit viel Tatütata ins Krankenhaus gefahren.
    Der Hund war – als Patient – noch nie in einem Krankenhaus gewesen. Vor Krankenhäusern hatte er einen Heidenschrecken. Sein Vater war in einem Krankenhaus gestorben, seine Mutter war in einem Krankenhaus gestorben, seine Frau war in einem Krankenhaus gestorben. Und sein bester Freund, der Bernhardiner, auch. Krankenhäuser und Sterben gehörten für den Hund zusammen.
    Als die Rettungsmänner den Hund aus dem Auto luden und ins Krankenhaus trugen, murmelte der Hund: »Schade, dass es so mit mir endet! Ich hätte noch gern ein paar Jährchen gelebt, die Welt gesehen und mich nützlich gemacht.«
    Die Rettungsmänner trugen den Hund in ein Krankenzimmer, hoben ihn von der Bahre und legten ihn in ein Bett. Die Krankenschwester, eine Siamkatze, fühlte dem Hund den Puls und steckte ihm ein Fieberthermometer ins Maul. Der Hund dachte: Dabei wäre ich so schrecklich gern zu Hause gestorben! Im Garten, in der Weinlaube hätte ich sitzen und mich vom Schlag treffen lassen mögen!
    Wie der Hund das dachte, fiel ihm ein, dass er gar kein Zuhause mehr hatte, weil er sein Haus an den Esel verkauft hatte. Da wurde der Hund so traurig, dass er weinen musste.
    »Aber, aber«, rief die Siamkatze. »Wir werden doch nicht weinen, wir sind doch ein großer, tapferer Hund!«
    Sie tupfte dem Hund mit einem Taschentuch die Tränen vom Wangenfell und gab ihm einen zarten Stupser auf die Nasenspitze.
    Dann kam ein Arzt ins Krankenzimmer. Er hörte sich an, welche Beschwerden der Hund hatte, und gab ihm eine Spritze in die linke Hinterbacke und eine in die rechte Hinterbacke. Und vier weiße Pillen gab er ihm auch zu schlucken. Die linke Spritze war gegen das Kreuzweh, die rechte Spritze war gegen das Bauchweh, eine Pille war gegen das Niesen, eine war gegen den Husten, eine war gegen das Fieber und eine Pille war zum Einschlafen.
    Der Hund schlief ein und schlief

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