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Der Hund kommt - Roman

Der Hund kommt - Roman

Titel: Der Hund kommt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Noestlinger
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den ganzen Sonntag und die Nacht zum Montag. Montagvormittag wachte er auf und wunderte sich, dass er noch immer am Leben war. Er musste auch nicht mehr husten und nicht mehr niesen. Das Kreuz tat ihm nicht mehr weh. Seine Schnauze fühlte sich nicht mehr heiß an und aufs Klo musste er auch nicht mehr.
    »Da bin ich ja noch einmal davongekommen«, sprach der Hund zu sich. Am liebsten wäre er gleich aufgestanden und hätte das Krankenhaus verlassen. Aber er hatte ja keine Kleider bei sich. Bloß das Nachthemd, das ihm die Witwe Olga übergezogen hatte, trug er am Leib. Und am helllichten Tag im Nachthemd durch die Stadt zu gehen ist für einen, der von der Polizei gesucht wird, nicht sehr ratsam.
    Als die Siamkatze dem Hund das Frühstück brachte – Kamillentee ohne Zucker und Zwieback ohne Butter –, sagte der Hund zu ihr: »Schönen Dank fürs Gesundmachen, liebe Schwester. Bestellen Sie auch dem Herrn Doktor meine allerbesten Grüße. Und seien Sie so nett und rufen Sie den Bären bei der Witwe Olga an, damit er mir meine Klamotten bringt.«
    »Aber, aber«, rief die Siamkatze. »Wer wird es denn so eilig haben? Ob wir schon gesund sind, wird uns der Onkel Doktor sagen.« Sie tätschelte dem Hund die Wange und lief aus dem Zimmer.
    Der Hund mampfte den Zwieback und trank den Tee und überlegte dabei, wieso er noch am Leben war. Da er ein guter Überleger war, kam er zum Schluss: Ich bin noch am Leben, weil Krankenhäuser anscheinend nicht nur zum Sterben da sind. Sie dürften auch zum Gesundmachen taugen!
    Und dann überlegte der Hund noch etwas. Er überlegte sich, dass ein Krankenhaus ein sehr gutes Versteck für einen ist, der von der Polizei gesucht wird. In einem Krankenhausbett, sagte sich der Hund, sucht die Polizei garantiert nicht nach einem falschen Lehrer. »Daraus folgt«, sprach der Hund zu sich, »dass ich noch eine Zeit lang krank sein werde!«
    Der Hund wischte sich ein paar Zwiebackbrösel aus dem Fell, legte sich gemütlich im Bett zurecht, schloss die Augen und wollte ein bisschen in seiner Kopfkartei blättern: Die Wolken wollte er sich anschauen. Doch da kam die Siamkatze mit einem Rollstuhl ins Zimmer.
    »Jetzt werden wir einmal gründlich durchuntersucht«, rief sie.
    Der Hund stieg aus dem Bett. Er hätte auch aus dem Bett springen können, aber er dachte: Wer noch ein bisschen krank sein will, der sollte nicht allzu springlebendig wirken. Der Hund setzte sich in den Rollstuhl und die Siamkatze fuhr ihn quer durchs ganze Krankenhaus. In jeder Abteilung machten sie Halt. In einer Abteilung wurde der Hund durchleuchtet, in einer wurde er abgehorcht, in einer vermessen und gewogen. In einer Abteilung schaute man seine Augen an, in einer seine Zunge und seinen Hals. Früher Nachmittag war es bereits, als die Siamkatze den Hund in sein Zimmer zurückrollte.
    Der Hund war enorm hungrig, doch er dachte: Ein sehr kranker Hund hat keinen Appetit! Darum beklagte er sich nicht, als ihm die Siamkatze nichts als eine Tasse Tee und zwei Stück Zwieback brachte. Er hoffte auf den Bären und die Witwe Olga. Er war sich ganz sicher, dass ihn die beiden besuchen würden und dass sie ihm eine Wurst mitbringen würden. (Wenn der Hund jemanden im Krankenhaus besucht hatte, hatte er stets eine Wurst mitgebracht.)
    Zur Besuchszeit kamen der Bär und die Witwe Olga. Die Witwe Olga brachte dem Hund einen großen, bunten Blumenstrauß.
    »Damit es im Zimmer etwas freundlicher ausschaut«, sagte sie.
    Der Bär brachte dem Hund ein dickes Buch mit lustigen Geschichten. »Damit du etwas zu lachen hast«, sagte er.
    Der Hund war bitter enttäuscht. Aber er ließ es sich nicht anmerken. Ein höflicher Hund erwähnt nicht, dass er mit Geschenken unzufrieden ist und sich ganz etwas anderes gewünscht hätte. Doch als dann der Bär und die Witwe Olga aufbrachen und versprachen, am nächsten Tag wiederzukommen, und fragten, was sie dem Hund morgen mitbringen sollten, sagte der Hund: »Eine lange Wurst, bitte!«
    »Eine Wurst?«, rief die Witwe Olga entsetzt. »Aber werter Hund! Sie sind auf Dünnpfiffdiät: Wurst ist da Gift!«
    Der Bär war auch dieser Meinung. »Wurst bekommst du erst, wenn es der Arzt erlaubt«, sagte er.
    Am Abend bekam der Hund wieder zwei Stück Zwieback von der Siamkatze. Und statt dem Kamillentee gab sie ihm ein winziges Schüsselchen mit Apfelmus. »Haben wir sonst noch irgendwelche Wünsche?«, fragte sie den Hund.
    »Schwester, mein Magen knurrt so«, sagte der Hund schüchtern.
    »Wenn der

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