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Der Hund kommt - Roman

Der Hund kommt - Roman

Titel: Der Hund kommt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Noestlinger
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Papas Liebling war. »Wenn man hungrig ist, kann man nicht einschlafen.
    Und eine andere Katze mauzte: »Fang uns doch ein paar Mäuse. Wenn Papa kein Geld hat, fängt er uns auch immer Mäuse.«
    »Ja, ja, fang uns Mäuse«, riefen alle Katzen.
    »Ihr seid ja verrückt«, rief der Hund. »Ich bin ein gutbürgerlicher Hund. Solch urtümliche Sitten sind mir fremd.«
    Da fingen alle dreißig Katzen zu schluchzen an. Es klang zum Steinerweichen.
    »O.K.«, brummte der Hund. »Ich will’s halt versuchen.« Er stieg vom Kohlenhaufen und schnupperte sich quer durch den Keller. Nirgendwo roch es nach Maus. Nicht einmal ein Mauseloch war zu sehen. Aber der Hund entdeckte etwas viel Besseres als ein Mauseloch. Ein Regal mit Flaschen und Konservendosen und einem Sack Erdäpfel entdeckte er. Und neben dem Regal stand noch ein Sack mit Zwiebeln und eine Steige mit Eiern.
    Der Hund holte den Dosenöffner aus der Rocktasche und drei Büchsen mit Cornedbeef aus dem Regal. Die Katzen fingen aufgeregt zu schnurren an. Der Hund öffnete die Dosen. Im Nu war das Cornedbeef weggefressen.
    Der Hund holte drei Dosen Kalbsgulasch vom Regal und öffnete sie. Im Nu war auch das Kalbsgulasch weggefressen. Der Hund holte drei Dosen Leberpastete vom Regal und öffnete sie. Im Nu war auch die Leberpastete verputzt. Der Hund verfütterte an die Katzen noch drei Dosen Bückling und drei Dosen Thunfisch mit Gemüse. Dann schlug er ihnen dreißig Eier auf, und als die weggeschleckt waren, sagte er: »Jetzt reicht’s aber!«
    Die Katzen sahen das ein. Mit dicken Bäuchen sprangen sie auf den Kohlenhaufen und schliefen ein. Auch der Hund machte ein Nickerchen. Als er munter wurde, war es stockfinster vor dem Kellerfenster. Die Katzen schliefen noch immer. Der Hund gähnte, tappte leise zum Regal, nahm den Erdäpfelsack und leerte ihn aus, nahm den Zwiebelsack und leerte ihn aus, tappte zum Kohlenhaufen zurück und steckte, ganz behutsam und sanft, fünfzehn Katzen in den einen Sack und fünfzehn Katzen in den anderen Sack. Er machte das so vorsichtig, dass keine Katze aufwachte. Dann schulterte er die beiden Säcke und kletterte, über den Kohlenhaufen, aus dem Keller. Und schlich, immer dicht an den Hausmauern, die Gasse entlang. Er kam zu einem Platz mit einer Kirche. Die Kirche habe ich schon einmal gesehen, dachte der Hund. Wie ich mit dem Bären zur Witwe Olga gefahren bin, sind wir an dieser Kirche vorbeigekommen! Und dann sind wir nach links abgebogen!
    Der Hund schlich nach links und kam zu einem großen Platz. Den hatte er – auf der Fahrt zur Witwe Olga – auch schon gesehen. An der großen Uhr, mitten auf dem Platz, erkannte er ihn wieder. Von da aus, dachte der Hund, sind wir nach rechts abgebogen. Der Hund schlich nach rechts. Als er zu einem Denkmal kam, zu einem steinernen Mann mit Bart, atmete er erleichtert auf. Hinter dem Denkmal war ein Park, und hinter dem Park, daran konnte sich der Hund genau erinnern, stand das Haus der Witwe Olga. Der Hund fing vor Freude eines seiner Lieblingslieder zu pfeifen an und wieselte durch den Park.
    In der Küche der Witwe Olga brannte Licht. Der Hund klopfte an das Küchenfenster.
    Die Witwe Olga kam ans Fenster. »Schwager Bär«, kreischte sie los, »im Vorgarten steht ein schwarzes Ungeheuer!«
    Doch der Bär erkannte seinen Freund sofort. Er lief zur Haustür und ließ ihn ein.
    Der Hund trat ins Vorzimmer, stellte die Säcke ab, holte die zweimal fünfzehn schlafenden Katzen heraus, legte sie auf den Fußboden und sagte: »Witwe Olga, entschuldigen Sie, ich weiß nicht, wohin ich sonst mit den Kinderchen soll!«
    Die Witwe Olga starrte den verdreckten Hund an, dann starrte sie die dreißig verdreckten, verrußten Katzen an, und dann verlangte sie: »Tun Sie die Bälger sofort in die Säcke zurück!«
    »Ich habe Sie für gütig gehalten«, sagte der Hund traurig.
    »Bin ich auch«, sagte die Witwe Olga, »aber auch die gütigste Güte hat Grenzen. Bringen Sie die verdreckten Bälger ins Katzenheim!«
    »Pfui Teufel«, rief da der Bär, »Schwägerin, ich bin bitter enttäuscht von dir. Du hast immer behauptet, du seist kinderlieb!«
    »Kinder«, rief die Witwe Olga, »sind für mich Menschenkinder und Bärenkinder.
    »Dreimal pfui Teufel«, rief der Hund, »Kinder sind Kinder! Und wer da einen Unterschied macht, der ist ein Schwein!«
    »Ha!«, brüllte die Witwe Olga. »Mir wirfst du vor, dass ich was gegen Katzen habe, und du benutzt Schweine zu Schimpfzwecken!«
    Von der Brüllerei

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