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Der Hundeknochen

Der Hundeknochen

Titel: Der Hundeknochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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nutzen oder sogar ausnutzen. Das macht der Ökobauer, der Subventionen fordert, das macht die alternative Hausfrau, die zur staatlichen Verbraucherberatung geht, das macht der Stadtindianer, der schwarz mit der Straßenbahn fährt.« Ich grinste und hängte noch an: »Und hoffentlich tut es auch der Kripobulle, der während der Dienstzeit Kognak trinkt.« Ich füllte das Glas nach.
    Kurt, der während seines Vortrags durch den Raum gestapft war, setzte sich und schlug die Beine übereinander. »Daß man dir noch nicht die Ohren abgerissen hat!«
    »Man versucht es ja gelegentlich.«
    Er klopfte die Pfeife gegen meinen Papierkorb und blies in das Mundstück. Der Teersabber sprühte durch die Gegend. Ich schniefte, sagte aber nichts. Freunden verzeiht man die ekligsten Angewohnheiten.
    »Wird wohl noch kommen, womöglich schon bald, das mit den abgerissenen Ohren«, sagte er zwischen lautem Pusten durch das Pfeifenmundstück. »Bist schon in bester Gesellschaft. Das Hundehalsband gehört einem Dieter Prats, der in der Szene für seine Kampfhunde bekannt ist. Sein Strafregister reicht von Einbruch über schwere Körperverletzung bis zu bewaffnetem Raubüberfall. Das letzte Delikt liegt allerdings zwei Jahre zurück. Was höchstwahrscheinlich nicht mit einem Lebenswandel zum Besseren zusammenhängt, sondern eher darauf schließen läßt, daß er schlauer geworden ist. Schlauer heißt in der Regel gefährlicher. Wie bist du denn eigentlich an das Halsband gekommen?«
    »Och.« Ich kratzte die verheilte Wunde am Hinterkopf.
    »Na gut. Wenn die Laborfritzen mit der Untersuchung des Halsbandes fertig sind, werden wir, die Polizei, alles wissen, sogar welches Futter der Hund, der es trug, gefressen hat und wer jemals das Tier gestreichelt hat; ein Haar, ein Hautpartikel oder die geringste Menge Blut – Stichwort DNS-Analyse oder genetischer Fingerabdruck – genügt uns. Wir werden sogar wissen, ob derjenige in den letzten Jahren Rauschgift gespritzt oder Hustensaft geschluckt hat.«
    »Doll!«
    »Aber dir, Elmar, werde ich nur etwas mitteilen, wenn du mir zwischendurch auch mal was erzählst. Sonst kannst du deine Andenken« – sein Blick traf das immer noch verpackte Paddel – »von mir aus mit einer Briefmarkenlupe untersuchen.« Er tröpfelte sich drei, vier Tropfen Kognak in den Tabaksbeutel und sah mich grimmig an. »Also, woran arbeitest du, Elmar?«
    »Es gibt eine Schweigepflicht, Kurt.«
    »Quatsch! Du bist ‘ne Spürnase, kein Arzt, kein Pfarrer, raus mit der Sprache!«
    »Laß mir noch ein paar Tage Zeit. Wenn ich’s dir jetzt erzähle, könnte ich meinen Klienten gefährden, das willst du doch nicht, oder?«
    »Hat er Dreck am Stecken?«
    Ich schwieg ihn an.
    »Hängt es mit dem Unfall auf der Baustelle zusammen? Bist du für eine Versicherung tätig?«
    Ich schwieg weiter, ein bißchen beharrlicher sogar, um ihn in diese Richtung laufen zu lassen. Nachdem er sich im Sessel zurückgelehnt hatte, fragte ich nach einem Fahndungsfoto von Dieter Prats.
    Einen Atemzug lang sah es aus, als würde er wieder aufbrausen. Doch Kurt hatte bereits Dampf abgelassen, und der Kognak begann seine Nervenenden zu streicheln. Er seufzte wie ein Vater, dessen Sohn nicht mehr zu retten war. »Das Foto kriegst du, gut, gut. Und nun erzähl mir was von deinem Ausflug in den Süden!«

34.
     
     
     
    Die PSB befand sich auf der linken Rheinseite im Zentrum von Rheinhausen, einer Stadt, die Mitte der siebziger Jahre nach Duisburg eingemeindet worden war. Die Architekten hatten dem Bürogebäude ein paar Erker aufgedrückt, deren einziger Zweck darin bestand, daß der Bauherr höhere Mieten verlangen konnte. Die einheitlichen Messingschilder am Eingang sprachen von Arztpraxen, einem Sonnenstudio und eben der PSB im dritten Stock.
    Das Vorzimmer lag gegenüber dem Aufzug, rechts schloß sich, nur durch eine Glaswand abgetrennt, ein Großraumbüro an, links gab es eine Holztür mit Namensschild. Die Einrichtung des Vorzimmers sah modern aus, die Sekretärin mittelältlich und abweisend. Sie führte gerade ein Telefongespräch, entweder mit einem Liebhaber oder mit einem wichtigen Kunden, denn sie hauchte nur so in den Hörer, und ich fragte mich, wie sie mit solch einem harten Gesicht so weich und einladend sprechen konnte; alles wohl nur eine Frage der Übung.
    Sie legte auf und wollte wissen, ob ich fernmündlich angemeldet sei. Als ich ihr sagte, daß es zu meinen Gepflogenheiten gehörte, mich aus allernächster Nähe und in

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