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Der Hundeknochen

Der Hundeknochen

Titel: Der Hundeknochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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sagen finde ich spannender.«
    Nachdem Gundula Stoll das Hochhaus, in dem sie wohnte, verlassen hatte, waren wir ihr gefolgt. Das Ziel meiner Klientin schien die Innenstadt zu sein.
    Jetzt bog sie von der Nordsüdachse ab, huschte bei Gelb noch über die Ampel. Ich mußte runterschalten und den zweiten Gang bis zur Schmerzgrenze hochjubeln, um das Fiat-Sportcoupe nicht entwischen zu lassen.
    Judith, die tief in den Sitz gerutscht war, zog eine Schnute. »Ich dachte, daß Detektive Ferrari fahren oder Lamborghini und nicht so einen Metzgerwagen.«
    »Dachte ich früher auch. Außerdem bin ich kein Detektiv, sondern Sozialarbeiter. Bedeck mal deine Oberschenkel, das erleichtert mir die Arbeit.«
    Sie gehorchte, und es gelang mir, mit meinem Metzgerkombi aus Wolfsburg im richtigen Abstand zu dem Flitzer aus Turin zu bleiben.
    Gundula Stoll stellte ihren Wagen in einem Parkhaus ab. Bei dem anschließenden Einkaufsbummel durch Boutiquen und Schmuckläden mußte Judith die Hauptarbeit leisten. Sie berichtete mir, daß meine Klientin das Geld hinauswarf wie ein Seemann seine Heuer, natürlich drückte sie das anders aus, aber ich war mir ziemlich sicher zu wissen, woher die Heuer kam und wofür sie die gekriegt hatte.
    Gundula Stoll packte die Tüten in den Kofferraum ihres Autos und lenkte es in Richtung Kaiserberg. Vor dem Lutherplatz setzte sie den Blinker. Ich fuhr vorbei und konnte im Rückspiegel sehen, daß sie einen Parkplatz ansteuerte, der zu einem Sportzentrum gehörte.
    Das Gebäude war früher ein Kino gewesen, so eine richtige Lichtburg mit großem Portal. In den Schaukästen am Eingang hingen immer noch Plakate, aber die zeigten jetzt Männer, die mit der Stirn Ziegel zertrümmerten, und Frauen, die angreifenden Bösewichtern mit der Handkante an die Kehle und mit der Fußspitze in den Unterleib fuhren. Über dem Eingang leuchteten die üblichen auf japanisch getrimmten Schriftzeichen, die bestimmt kein Japaner entziffern konnte, die aber jedem Passanten sagten, daß es hier um ostasiatischen Kampfsport ging.
    »Die Frauen werden immer stärker«, war Judiths Kommentar.
    »Ja, schlechte Karten für Machos. Ich zum Beispiel würde es nicht riskieren, nach Einbruch der Dunkelheit eine junge Frau auch nur nach der Uhrzeit zu fragen. Hast du noch Zeit?«
    Sie drohte mit der Handkante. »He, Anmache?«
    »Nein, nein. Ich möchte nur noch mal mit dir zu ihrer Wohnung fahren. Die Gelegenheit ist günstig.«
    Vor dem Hochhaus gab ich Judith ein Foto von Werner Stoll. Sie suchte sich unter den zwei Dutzend Klingelschildchen den Namen Souza aus. »Ausländer sind am freundlichsten.«
    Der Summer schnarrte, sie drückte die Tür auf. Abgestellte Kinderwagen, Fahrräder, Zeitungsfetzen – die Tür ging zu.
    Ich wartete, drehte eine Runde um den Block und noch eine. Dann stand sie wieder auf der Straße.
    Nach Judiths Erkundigungen bei Frau Souza lebte Gundula allein, hatte keinen Ehemann, ging keiner geregelten Arbeit nach, jedenfalls nicht außer Haus. Den Mann auf dem Foto, also Werner Stoll, hatte Frau Souza nur einmal gesehen, vor nicht langer Zeit. »Ob vor einer Woche oder vierzehn Tagen, wußte sie nicht. Bin ich gut?« fragte Judith spitzbübisch.
    »Gut?« sagte ich. »Die Beste!«
    »Verraten Sie mir denn jetzt auch, worum es eigentlich geht?«
    »Bald, ganz bald. Erst einmal gehen wir essen.«
    Die Markthalle im Untergeschoß von Karstadt war tagsüber der beste Platz, um Fisch zu essen. Nach Fischsuppe und Seezunge vom Bratblech brachte ich Judith zurück zur Uni, wo sie Sozialwissenschaften studierte. Sie hatte für mich eine Vorlesung ausfallen lassen. Andererseits, das hielt ich mir zugute, war eine das Studium begleitende Praxis an meiner Seite ja auch nicht das schlechteste.
    Im Büro machte ich ein Verdauungsnickerchen. Danach legte ich in das Abspielgerät die Spezialkassette ›Anruf aus weiter Ferne mit Wellenrauschen‹ ein, trickste an der Sprechmuschel herum und rief Gundula Stoll an.
    »Seit zwei Tagen warte ich auf Ihren Anruf, Mogge.« Sie spielte die drängende Auftraggeberin recht überzeugend.
    Und ich schlüpfte mal wieder in die Rolle des privaten Ermittlers, der Spesen herausschinden will: »Gestern war die internationale Verbindung unterbrochen, und heute habe ich den ganzen Tag über versucht, Sie zu erreichen. Wie ist eigentlich das Wetter bei Ihnen? Hier ist es fast unerträglich heiß. Das Wasser hat…«
    »Mogge, Sie sind sich doch darüber im klaren, daß Sie auf meine Kosten da

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