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Der Hundeknochen

Der Hundeknochen

Titel: Der Hundeknochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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laut.
    »Tausend bar hat die Puste, ‘n Bein trennt die ab wie nichts, ob mit oder ohne Hose.« Er sprach mit dem Stolz des Fachmanns, der ein hochtechnisches Instrument bedient, dazu kam bei ihm noch der eigenwillige Humor, den gefährliche Arbeit mit sich bringt. »Soll ich aus Ihrer Kiste ein Coupe machen?«
    Er hatte Schwierigkeiten, das Feuerzeug für seine Zigarette in Gang zu kriegen. Seine Finger waren aufgequollen und zittrig. Ich klemmte die Flasche unter meinen Arm und half ihm. Erst jetzt sah er mir ins Gesicht. »Sie hab ich doch schon mal gesehen – Gewerbeaufsicht?«
    »Stimmt, vor gut zwei Wochen, aber nicht Behörde, private Ermittlung«, berichtigte ich ihn. Heimlichtuerei brachte jetzt nichts. Die Leute, die es anging, wußten sowieso längst Bescheid über mich.
    Ich zeigte ihm das Foto von Dieter Prats. »War der mal auf einer der Baustellen?«
    »Nie gesehen«, sagte er.
    Ich blinzelte zu dem Baukran hoch. »Der da oben in seinem Adlerhorst müßte ja einen guten Überblick haben. Vielleicht kann er mir helfen. Wie kann man ihn erreichen? Hätte einen guten Schluck für ihn.«
    »Sprechfunk. Wir könnten ihn anpiepsen, aber das bringt nichts, der Mann ist neu bei uns.«
    »Wie neu?«
    »Seit zwei Tagen.«
    »Ach ja. Na dann.« Indem ich meine Stiefel aus dem Schlamm zog, machte ich eine halbe Drehung, hielt inne und sagte: »Ich überlege gerade, ob es Sinn hat, den alten Whisky noch älter werden zu lassen. Wenn man den ganzen Tag mit Wasser spritzt, schmeckt ein Glas pur am Abend vielleicht nicht übel.«
    »Könnte stimmen.« Der Kraushaarige ließ die Flasche in einer Werkzeugkiste verschwinden.
    »Und der alte Kranführer?« tippte ich ihn an.
    »Horst Gehrke? Der hat in den Sack gehauen; jedenfalls hat er uns, den Jungs von der Kolonne, das so verklickert, weil es sich besser anhört. Könnte genausogut sein, daß er nämlich gefeuert worden ist; war öfters krank, und da finden die schon einen Grund.«
    »Wer hat denn den Kran bedient, wenn er mal krank war?«
    »Vor dem neuen da oben hatten wir, wenn’s nötig war, immer einen ausgeliehen, aber nur tageweise, die Springer sind teuer, verdienen in einer Schicht soviel wie drei von uns.«
    »Wie hieß der Springer?«
    »Der eine hieß Goran – Kroate, Serbe, Albaner, eben vom Balkan. Die Namen der anderen habe ich vergessen. Egal, der Goran verstand was von seiner Arbeit, der konnte dir mit dem Kranhaken den Jackenkragen aufstellen, so ‘n Gefühl hatte der.«
    »Ein Stromkabel im richtigen Moment an ein Eisengeländer plazieren, wäre für einen guten Kranführer also möglich?«
    »Wenn Sie wollen, dötscht der Ihnen ein Frühstücksei so an, daß Sie es nur noch pellen müssen.«
    Der Kraushaarige zündete sich wieder ein Stäbchen an, diesmal ohne meine Hilfe, und meine Füße versanken erneut in dem aufgeweichten Boden.
    »Wann ist denn das letzte Mal jemand für Horst Gehrke eingesprungen?«
    »Kein Gedächtnis für so was. Warten Sie, doch ja, ist ja noch nicht lange her, ‘ne Woche oder so.«
    »Zufällig an dem Tag, als Pollex, Ihr Chef, verunglückt ist?«
    »He ja, wo Sie’s sagen, genau.« Er runzelte die Stirn. »Hm?«
    »Und an dem Tag, als Jan Wieczorek verunglückt ist, wer war da auf dem Kran?« fragte ich schnell, ehe er noch nachdenklicher wurde. In diesem Zustand konnten Leute seines Schlags aus heiterem Himmel bockig oder bösartig werden.
    »Horst Gehrke, glaube ich. Wenn Sie’s genau wissen wollen, fragen Sie mal besser im Büro.« Er legte seinen Daumen aufs Nasenloch und schneuzte sich. Dann warf er den Kompressor an.
    Bevor er sein Angebot wahr machte, mit seiner 1000-bar-Spritze aus meinem Kombi ein Coupe zu schneiden, schwang ich mich hinters Steuer.
    Es wurde auch Zeit. Ich wollte mich für meine rassige Klientin noch hübsch machen. In meinen Stiefeln schwappte das Wasser. Ich sehnte mich nach trockenen Socken und einer heißen Dusche.
    Als ich den Schlüssel in die Tür meiner Wohn- und Arbeitsetage steckte, wußte ich, daß ich den Gedanken an die heiße Dusche vorerst einmal aufgeben mußte.
    Ich hatte Besuch.

36.
     
     
     
    Sie waren zu zweit, kein Zweifel. Obwohl ich zuerst nur den sah, der hinter meinem Schreibtisch saß, einen Dicken mit Halbglatze und Schnauzbart.
    Ich überlegte, wo ich das Gesicht schon einmal gesehen hatte. Aber genauso war es mir gegangen, als Kurt mir das Fahndungsfoto von Dieter Prats gezeigt hatte.
    Sein Begleiter trat hinter der angelehnten Verbindungstür hervor. Er

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