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Der Hundeknochen

Der Hundeknochen

Titel: Der Hundeknochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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aus meinen Fragen würde er Schlüsse ziehen. Wir verhielten uns wie ein altes Ehepaar, das beschlossen hat, sich gegenseitig die Seitensprünge zu beichten und dabei natürlich mit den ohnehin schon bekannten anfängt.
    »Hat sich eigentlich bei der Untersuchung des Paddels etwas ergeben?«
    »O ja, der Erkennungsdienst hat eine Menge Fingerabdrücke entdeckt.«
    »Und?«
    »Nicht einer davon ist registriert. Tut mir leid, Elmar. Wenn du konkrete Fragen dazu hast, kann ich mich ja noch mal einsetzen. Danke für den Imbiß. Wie nennen die Spanier das doch gleich, diese kleinen Gerichte?«
    »Tapas.«
    »Richtig. Danke, war lecker.«
    An der Tür drehte er sich noch einmal um. »Ach, Zufälle gibt es – da ist doch zwei Beamten von außerhalb eine Schweinezunge zugesteckt worden, von einem Typen, den sie observiert haben. Tja, wir von der Duisburger Kripo haben uns gekringelt vor Lachen, die Beteiligten aber fanden das gar nicht komisch.«
    Damit verschwand er. Ich überlegte, wem er das abgeguckt hatte, diese Gewohnheit, an der Tür noch mal stehenzubleiben und einen Spruch loszulassen.

42.
     
     
     
    Diesmal fuhr ich bis vor das eiserne Tor der Villa. Ich klingelte, wartete, klingelte nochmals. Ihr Golf stand vor der Garage, ich ging davon aus, daß Vera Pollex zu Hause war. Natürlich hatte ich mich nicht angemeldet. Ein Ermittler, der sich telefonisch ankündigt, ist so erfolgreich wie eine pirschende Katze mit einem Glöckchen am Halsband.
    Beim dritten Klingeln meldete sich eine Piepsstimme mit türkischem Akzent: »Bitte, wer?«
    Es gab also tatsächlich noch Leute, die Hausangestellte hatten.
    Ich nannte meinen Namen und sagte, daß ich Frau Pollex sprechen wolle, was außer einem Knacken hinter den Lamellen des Lautsprechers zunächst keine Reaktion hervorrief. Dann sagte die Piepsstimme: »Leider nicht möglich.«
    »Doch, das muß möglich sein. Frau Pollex ist im Haus, das weiß ich, und Zeit hat sie auch.« Ich nannte nun auch meinen Beruf, was ein Risiko war, denn Detektive, und zu denen zählte ich ja, liegen in der Werteskala der Berufe in der Nähe von Kammerjägern.
    Die Stimme, die sich jetzt meldete, war tief: »Sie werden einen guten Grund haben müssen, wenn Sie so beharrlich sind.«
    Der Öffner summte, das Tor glitt zur Seite. Als ich bis auf drei Schritte heran war, ging die Haustür auf. Vera Pollex trug einen dunklen, seidig glänzenden Hosenanzug. Das Buch in ihrer Hand und das abgespannte Lächeln sagten, daß sie mir genau eine Minute geben würde.
    Nach Art der gewieften Klinkenputzer, also nach Art der wahren Psychologen unserer Tage, improvisierte ich. Ich wies auf das Buch: »Ein Ratgeber übers Erbrecht?«
    Sie wollte aufbrausen, überlegte es sich dann aber und machte zwei Empfangsschritte rückwärts. Das Mädchen mit Kopftuch und Schürze, das im Hintergrund gestanden hatte, huschte in ein Zimmer. Ich durfte eintreten.
    »Was wünschen Sie? Für wen arbeiten Sie?«
    Wie intim Salm auch mit Vera Pollex war, von meinen Nachforschungen hatte er ihr anscheinend nichts verraten.
    »Ich habe gestern mit der Prosegura Assekuranz gesprochen.« Das entsprach der Wahrheit. Sollte sie doch ruhig erst einmal annehmen, daß ich im Auftrag der Versicherung handelte. »Ihr Mann war über die Firma bei der Prosegura versichert, bei Tod eine Million, doppelte Summe bei Invalidität. Innerhalb der nächsten Tage wird die Versicherung zahlen, das heißt, falls bis dahin nicht der Verdacht aufkommt, daß Selbstbereicherung vorliegt.«
    Ich beobachtete ihr Gesicht und ihre Hände. Nichts deutete daraufhin, daß sie sich angegriffen fühlte. Ihr Mund hatte viel Unterlippe, zum großen Teil war das aber nur gemalt. Bei der Oberlippe war sie sparsamer mit dem Lippenstift umgegangen, um die scharfen Kerben nicht hervorzuheben. Ihr Schönheitschirurg hatte wohl mal einen Zehntelmillimeter zu tief geschnitten, denn um ihre Augen lag der Ausdruck eines geschlagenen Hundes. Aber vielleicht hatte sie auch vorher schon so traurig geguckt.
    Sie sagte: »Das interessiert mich wenig. Das Geld geht an die Firma, ich erbe keinen Pfennig, weder von dieser Summe noch von der Einlage meines Mannes. Es existiert ein Gesellschaftervertrag, daß beide Beträge in der Firma bleiben. Kein unüblicher Vorgang, wie Sie sicher wissen«, schloß sie, nun doch mit einem Anflug von Überheblichkeit.
    »Aber ärmer werden Sie auch nicht«, sagte ich mit einer Bewegung, die Haus, Einrichtung und Anwesen umschloß. »Hinzu kommt

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