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Der Hundeknochen

Der Hundeknochen

Titel: Der Hundeknochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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etwas kommt mir zugute, und auch Sie würden nicht leer ausgehen. Synergie-Effekt.«
    Schon wieder so ein Wort, das sich wie Schimmelpilz ausbreitete. »Muß ich mir noch überlegen. Aber auf keinen Fall mache ich es für ein Taschengeld, sag das den Herren vom Vorstand.«
    Wir legten gleichzeitig auf. Intern regeln? Das hieß, hinterher könnte sich keiner an eine Abmachung erinnern. Wegener würde bedauern, und ich ginge doch leer aus. So langsam stank mir, daß man mich für zu dumm hielt, einen großen Fisch an Land zu ziehen. Ich wußte gar nicht, was ich mit zweihunderttausend Mark machen sollte. Oder doch: Ein paar Jahre auf Formentera leben, die Füße im warmen Meerwasser, Seegras in den Ohren.
    Um an das Geld zu kommen, mußte ich meine Strategie ändern. Genau hier aber lag die Schwierigkeit, denn für eine neue Planung fehlten mir noch zu viele Einzelheiten. Vielleicht würde Kurt mir helfen. Er ließ noch auf sich warten.
    Ich schlug das alte Kochbuch auf:
    Man schneidet von der Zunge den Schlund ab und wäscht und bürstet sie so lange, bis der Schleim entfernt ist. Man legt sie in das kochende, gesalzene Wasser und gibt nach einer Stunde unzerschnittenes Suppengrün und geröstete Zwiebeln hinzu. Läßt sich die Spitze weich anstechen, so ist die Zunge fertig. Bis zum Anrichten muß die Zunge in der heißen Brühe liegen. Dann schneidet man sie in fingerdicke Scheiben. Sehr gut schmeckt Meerrettichsoße dazu.
    Ich würde sie nach spanischer Art mit Tomaten und Kapern anrichten.
    Die Zunge kochte bereits eine halbe Stunde, als Kurt in meine Küche tapperte.
    »Ah, da komme ich ja gerade richtig. Elmar, du bist wirklich zu beneiden. Findest neben deiner Arbeit noch die Muße zum Kochen.«
    Er hob den Deckel vom Topf, schnupperte, und sprach so in den Kochdunst hinein: »Dieter Prats wird mit organisierter Kriminalität in Zusammenhang gebracht.«
    Das überraschte mich nicht. Aber für Kurt mußte es ziemliche Bedeutung haben; zwar hatte er das sehr beiläufig gesagt, doch auf seinem Gesicht lag ein lauernder Zug. Mit seiner aufgesetzten Gemütlichkeit, wenn es ernst wurde, konnte er mich nicht mehr täuschen. Er sagte: »Kannst was für einen alten Hauptkommissar tun.«
    »So? Bist du denn jetzt für organisierte Kriminalität zuständig?«
    »Nein, das nicht. Aber ein Erfolg kann nie schaden. Normalerweise genügt uns zwar das, was wir an Fällen so auf den Tisch kriegen, aber Eigeninitiative wird auch gern gesehen, besonders wenn man dabei ist, einen neuen Leiter für die Mordkommission auszugucken. Mit ein paar guten Hinweisen, nennen wir es Amtshilfe, könnte ich das Augenmerk meiner Vorgesetzten auf mich lenken.«
    Kurt stützte seine Handballen auf den Küchentisch, wo ich die Zwiebeln schnitt, und trommelte mit den Fingern. »Bist schnell mit dem Messer.«
    »Es geht. Ich bin ganz Ohr.«
    »Wie war das noch: Das Halsband ist von einem Pitbull, und dieser Pitbull hat Dieter Prats gehört und ist nun tot. Prats ist ja nicht irgendwohin gefahren, um seinen Hund Gassi zu führen. Du bist ihm in die Quere gekommen, das steht fest – aber wobei? Ich weiß, daß Salm dein Klient ist, aber dessen Partner ist ja erst nach deiner Begegnung mit Prats verunglückt. Einen Namen, Elmar, mehr brauche ich nicht.«
    »Wollen wir mal probieren?« schlug ich vor und stach die Zungenspitze an, sie war weich. Ich schnitt ein paar fingerdicke Scheiben ab. »Nimm!« sagte ich. »So pur, nur mit etwas Salz, schmeckt sie auch.«
    »Du bist der undankbarste Mensch, den ich kenne«, mummelte Kurt. »Aber die Idee, eine nackte Zunge zu servieren, mit kühlem Steinhäger und geröstetem Brot, ist genial.«
    »Die Beschränkung, Kurt, die Beschränkung! Außerdem ist Rinderzunge, anders als Nashornpulver, echtes Aphrodisiakum, wirkt schneller als Austern.«
    »Du Saukerl willst mich nur vom Thema abbringen.« Er wischte sich über die Lippen, sprach weiter: »Ich würde ja wetten, daß es mit dieser Baufirma zusammenhängt, aber das war ja nun tatsächlich ein Unfall.«
    Ich merkte, wie er meinen Blick suchte. »Normalerweise, das heißt ohne Pollex’ Herzleiden, hätte der Stromschlag alleine wahrscheinlich gar keine tödlichen Folgen gehabt – und wer sollte von seinem Herzleiden schon gewußt haben?«
    Da wären mir doch fast die Zwiebeln angebrannt. Rasch gab ich Olivenöl in die Pfanne und schickte geviertelte Tomaten hinterher. Kurt weiß mehr, als er zugibt, ging es mir durch den Kopf. Aber fragen durfte ich nicht,

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