Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Hundeknochen

Der Hundeknochen

Titel: Der Hundeknochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
Vom Netzwerk:
gehört, als du noch Staatsknete bezogen hast: die bösen Politiker, korrupt, unfähig, hintertreiben die Aufklärung.«
    »Nein, das habe ich nicht gesagt, meine ich auch nicht. Was ich sagen wollte, ist, daß keiner sonderlich interessiert ist, und das genügt schon, wie du vielleicht weißt, damit nichts geschieht. Klar, da wird eine Razzia angeordnet, da werden ein paar arme Teufel festgenommen, abgeschoben, ausgewiesen, was als Erfolg gegen die illegale Beschäftigung gewertet werden kann; und das soll die Öffentlichkeit und vor allem die deutschen Bauarbeiter beruhigen. Nur ändern tut das nichts.«
    »Und du willst ändern?«
    »Nö, ich will nur meine Arbeit erledigen und dann mein Honorar kassieren. Das ist alles.«
    Und damit war dann auch unser Gespräch zu Ende.
    Ich schaltete den Fernsehapparat ein und erblickte buntgekleidete junge Männer, die an Glücksrädern drehten und lachten; ich schaltete um und sah ganz in Weiß gewandete junge Mädchen, die ebenfalls lachten und glücklich waren, weil sie endlich die supersaugfähige Slipeinlage gefunden hatten, die mit einer Karaffe blauer Flüssigkeit fertig wurde. Dann schaute ich mir noch einen Reisebericht an, der in einem Land spielte, wo die Leute keine Glücksräder drehten und trotzdem lachten, wahrscheinlich, weil sie das Problem mit der Karaffe voller blauer Flüssigkeit nicht kannten.
    Ich rief Judith an. Meine Stimme mußte ziemlich entmutigt klingen, denn Judith fragte gleich, ob sie kommen solle.
    Mir fiel ein Gedicht von Wolf Biermann ein, das so endete:
    Und wenn mir einer wehe tut,
    Dann macht Marie das wieder gut.
    Die Art, wie sie das macht,
    Ist sehr – na was wohl – populär.
    Genau das richtige Mittel, aber es ging nicht, ich wollte sie nicht gefährden.
    Ich versuchte es mit Telefonsex, was bekanntermaßen ungefährlich ist. Ich sagte ihr, was ich gern tun würde, und sie antwortete mir, was sie gern tun würde. Es ist eine ziemlich lausige Stilform, und deshalb kamen wir auch nicht in Fahrt. Es war dann Judith, die die Kurve kriegte, indem sie mich aufforderte, ihr was Scharfes zu erzählen.
    »Ausgedacht oder wahr?«
    »Egal.«
    Und ich begann: »Es war zu meiner Zeit als, ehm, Fensterputzer. Und eines Tages, wir reinigten eine Hochhausfassade, konnten wir in ein Büro sehen, wo es zwei Männer und eine Frau miteinander trieben.«
    »Sie liebten sich?«
    »Ja, eine Art Liebe, meine Süße! Um genau zu sein, die bumsten wie die Idioten, eine richtige Büronummer. Der eine nahm die Frau, die sich auf den Schreibtisch stützte, von hinten, während der zweite telefonierte und dabei onanierte. Wahnsinn! Mein Kollege beugte sich mit dem Fernglas so weit vor, daß er fast aus der Reinigungsschaukel gekippt wäre, achtzehn Stockwerke tief.«
    »Und du?«
    »Habe auch geguckt, klar doch.«
    »Schweinchen!« tadelte Judith mit belegter Stimme. »Mehr, erzähl mehr!«
    »Ein andermal, als wir die Fenster eines Hotels reinigten, sahen wir einen Mann, der eine Frau ans Bett fesselte, mit vier verdammten Handschellen, wie die Bullen sie benutzen; Arme und Beine weit auseinander.«
    »Echt?«
    »Wenn ich’s doch sage, Süße. Und das Irrste war, der Macker wußte, daß wir da draußen waren; der guckte nämlich voll zum Fenster rüber, kniff uns ein Auge zu und verließ dann das Hotelzimmer. Verstehst du? Mit der Frau so vor unseren Augen.«
    »Weiter!«
    »Mein Kollege drehte fast durch. Mensch, Elmar, komm, nix wie hin! sagte er. Die liegt doch da wie ein Geschenk unterm Weihnachtsbaum. Also, der wollte wirklich unter irgendeinem Vorwand in das Zimmer rein; ich konnte ihn soeben noch davon abhalten.«
    Judith machte ein Geräusch des Unglaubens. Es war ja auch anders verlaufen, aber das brauchte sie nicht zu wissen.
    Ich erzählte weiter: »Na ja, war ein großes Hotel, und wir hatten eine Menge zu tun. Also putzten wir alle übrigen Fenster und kehrten dann noch einmal zu dem ersten zurück. Inzwischen waren Stunden vergangen. Die Frau lag immer noch gefesselt da. Ich weiß nicht, ob der Macker auf uns gewartet hatte oder ob es purer Zufall war, jedenfalls kommt der genau in dem Augenblick ins Zimmer, wo wir gerade wieder reinplieren. Er grinst uns zu wie alten Bekannten, schnallt den Hosengürtel ab, zieht der der Frau zwei, drei saftige Hiebe über das Hinterteil und macht sich über sie her.«
    Ich hatte mich in Schwung geredet. Aus dem Telefonhörer kam ein kehliger Laut: »Weiter!«
    »Ende der Geschichte«, sagte ich.
    »Och«,

Weitere Kostenlose Bücher