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Der Hundeknochen

Der Hundeknochen

Titel: Der Hundeknochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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hinter der nächsten Ecke verschwand.

46.
     
     
     
    »Ja, ich kenne Horst Gehrke«, sprach ich gedehnt ins Telefon. »Was ist mit ihm?«
    »Die Kollegen vom LKA wollten mit ihm sprechen, es geht ihm nicht so gut. Die Fingerspitzen seiner beiden Hände sind blau und grün und gelb. Quetschungen bis auf die Knochen, angeblich hat er sich die an der Küchentür seiner eigenen Wohnung zugezogen, ganz allein. Das war auch alles, was er den Kollegen gesagt hat, kein Wörtchen mehr.«
    Mir wurde ganz flau im Magen. Deine Schuld, ging es mir durch den Kopf, durch dein Gespräch mit Gehrke sind irgendwelche Schläger auf ihn aufmerksam geworden. Aber wer hatte überhaupt von meinem Besuch in der Spielhölle gewußt?
    »He, bist du noch dran?« rief er. Ich war so mit meinen eigenen Gedanken beschäftigt, daß ich nicht richtig zugehört hatte. Es klang recht ungeduldig, als er sagte: »Ich hatte dich darauf aufmerksam gemacht, daß es strafbar ist, Beweismaterial zurückzuhalten.«
    »Wovon sprichst du, Kurt?« Es gab Zeiten für Erklärungen, und Zeiten, da man besser schwieg.
    »Elmar, ich spreche von den tödlichen Arbeitsunfällen im Baugewerbe. Weil die in der letzten Zeit stark zugenommen haben, hat das LKA eine Soko ›Baubande‹ gebildet. Und dabei sind sie auch auf dich gestoßen. Du hängst nicht nur mit drin, du sitzt zwischen allen Stühlen.«
    »Kennst du einen besseren Platz?«
    »Hör auf damit! Du spielst nur den Zyniker, in Wirklichkeit bist du ein verkappter Romantiker. Sag mir klipp und klar, was du weißt, dann kann ich dir vielleicht helfen.«
    »Und du bist ein verkappter karrieregeiler Bulle, Kurt. Wobei willst du mir denn helfen? Willst du mir einen Auftrag der Landesregierung verschaffen, wie ihn andere private Ermittler ja schon mal gekriegt haben?«
    »Du bist ein Arschloch«, sagte Kurt, und nachdem ich nicht widersprach, fügte er hinzu. »Aber ich mag dich trotzdem. Paß auf dich auf!«
    Nach diesem Gespräch wollte ich mich unbedingt mit etwas Erfreulichem beschäftigen. Ich rief Judith an, und eine halbe Stunde später trafen wir uns beim Bäcker am Bahnhof, der auch abends noch frische Ware hat. Rosinenschnecken, Puddingteilchen, Mohnschnitten – weiche Einstiegsdrogen, denen ich nicht widerstehen konnte.
    Es war ein warmer Abend, sie hatte das Verdeck ihres alten VW-Cabriolets geöffnet.
    »Warum sollte ich nicht zu dir nach Hause kommen?« fragte sie.
    »Es ist besser so.«
    »Also bist du doch verheiratet? Du kannst es mir ruhig sagen, ich habe schon mal so eine Affäre gehabt. Finde ich ganz spannend.«
    Der Fahrtwind fächelte ihr Haar, hübsch sah sie aus. Ihr geblümtes Sommerkleid rutschte hoch und gab den Blick auf ihre Oberschenkel frei.
    Wir durchfuhren die Vororte im Duisburger Süden, und Judith schlug die Richtung zum Fluß ein. Von der Uferstraße lenkte sie den Wagen auf einen Feldweg, der zu einem alten Treidelpfad führte. Es gab da historische Mauerreste und schmiedeeiserne Geländer, an denen womöglich schon im Mittelalter die Arbeitspferde angebunden worden waren, die früher die Lastkähne flußaufwärts gezogen hatten. Tagsüber ein beliebter Weg für Spaziergänger, war der Ort zu dieser Stunde mehr ein Platz für Verliebte. Die Industrieanlagen auf der anderen Flußseite sahen vor dem nächtlichen Himmel wie eine Bühnenkulisse aus. Je ferner die Arbeit, desto malerischer.
    Kaum hatte Judith den Motor abgestellt, wurde sie richtig munter. Streicheln. Küsse. Ich erwiderte ihre Liebkosungen etwas halbherzig; mal war das Lenkrad im Weg, dann wieder der Schaltknüppel. Ich dachte an mein großes Bett zu Hause und auch daran, daß solche Verrenkungen eher etwas für Männer in Judiths Alter waren.
    »Du bist nicht richtig bei der Sache«, schmollte sie und verdoppelte ihre Anstrengungen. Ich fragte mich, was sie so auf Touren brachte: die laue Luft, die Umgebung oder der Gedanke, daß ich womöglich doch verheiratet war.
    Nach einer Weile schüttelte sie die Schuhe von den Füßen, stieg voller Übermut auf den Autositz und hob ihr Kleid über meinen Kopf. Es wurde nicht nur völlig dunkel um mich, auch der leicht modrige Geruch des Flusses war mit einem Schlag verschwunden. Ich preßte mein Gesicht an ihren Körper, roch nur noch sie. Es war gut, es war wunderbar. Ich fühlte mich so wohl wie schon lange nicht mehr.
    Doch dann fiel mir ein, daß ein Mann mit meinem Beruf nicht zu lange den Vogel Strauß machen sollte.
    Mit sanfter Gewalt zog ich sie hinunter auf

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