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Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Titel: Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Jonasson
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so.«
    »Wer ›sie‹?«, wollte der verblüffte Präsident wissen.
    »Na ja«, meinte Allan, »alle, die zufrieden mit mir waren … Franco und Truman und Stalin … und der Vorsitzende Mao … der im Grunde nichts anderes auftischen ließ als Nudeln … andererseits war es da ja auch schon sehr spät am Abend … und wenn ich’s mir jetzt recht überlege – beim schwedischen Ministerpräsidenten Erlander hab ich bloß einen Kaffee bekommen. Eigentlich auch nicht verkehrt, denn das war ja zu Zeiten, in denen alles rationiert war …«
    Glücklicherweise war Präsident Nixon über die Vergangenheit seines Agenten im Bilde, daher konnte er ihm ganz ruhig versichern, dass für ein Abendessen mit Herrn Karlsson leider keine Zeit sein würde. Aber dann fügte er hinzu, dass ein amerikanischer Präsident einem schwedischen Ministerpräsidenten wohl nicht nachstehen durfte, also würde schon eine Tasse Kaffee herausspringen, und ein Cognac noch dazu. Vielleicht jetzt gleich, wenn es ihm recht war?
    Allan nahm das Angebot dankend an und erkundigte sich, ob er alternativ nicht einen doppelten Cognac bekommen könnte, wenn er auf den Kaffee verzichtete. Woraufhin Nixon erklärte, dass der amerikanische Staatshaushalt sicher beides hergab.
    Die Herren verbrachten eine nette Stunde miteinander. Nun, so nett es eben sein konnte, wenn unbedingt über Politik geredet werden musste. Der amerikanische Präsident erkundigte sich auch nach den politischen Gepflogenheiten in Indonesien. Ohne Amanda namentlich zu nennen, schilderte Allan detailliert, wie man in Indonesien politische Karriere machen konnte. Präsident Nixon lauschte aufmerksam und sah nachdenklich drein.
    »Interessant«, sagte er. »Interessant.«
    * * * *
    Allan und Julij waren mit ihrer Arbeit und der Entwicklung der Dinge zufrieden. Es sah ganz so aus, als hätten GRU und KGB sich wieder ein bisschen beruhigt und die Jagd auf den Spion eingestellt. Das fanden sie beide gut. Oder wie Allan es ausdrückte:
    »Es ist doch wesentlich besser, zwei Mörderorganisationen nicht mehr auf den Fersen zu haben, als sie auf den Fersen zu haben.«
    Dann fügte er hinzu, dass die Freunde nicht zu viel Zeit auf KGB, GRU und all die anderen Abkürzungen verschwenden sollten, gegen die man sowieso nichts ausrichten konnte. Stattdessen wurde es höchste Zeit, den nächsten Bericht für den geheimen Hutton und seinen Präsidenten zu verfassen. Signifikanter Rostbefall bei Mittelstreckenraketen auf Kamtschatka  – ließ sich daraus vielleicht etwas machen?
    Julij lobte Allans blühende Fantasie, die das Abfassen der Berichte immer wieder wesentlich erleichterte. Auf die Art hatten sie dann viel mehr Zeit für Essen, Trinken und Geselligkeit.
    * * * *
    Richard M. Nixon hatte allen Grund zur Zufriedenheit. Bis es plötzlich damit vorbei war.
    Das amerikanische Volk liebte seinen Präsidenten und wählte ihn im November 1972 mit Pauken und Trompeten wieder. Nixon gewann in neunundvierzig Staaten, George McGovern mit knapper Not in einem.
    Doch dann wurde es schwieriger. Und noch schwieriger. Und zum Schluss musste Nixon etwas tun, was vor ihm noch kein anderer amerikanischer Präsident getan hatte:
    Er musste zurücktreten.
    Allan las in der Stadtbibliothek in Moskau in allen erhältlichen Presseerzeugnissen vom sogenannten Watergate-Skandal. Alles in allem hatte Nixon offenbar Steuern hinterzogen, illegale Wahlkampfspenden entgegengenommen, heimliche Bombenabwürfe angeordnet, politische Feinde verfolgt und sich des Einbruchs und der Installation illegaler Abhöranlagen schuldig gemacht. Allan dachte sich, dass der Präsident sich wohl von ihrem Gespräch bei dem doppelten Cognac hatte beeindrucken lassen. Da sagte er zu Nixons Bild in der Zeitung:
    »Du hättest mal lieber eine politische Karriere in Indonesien anstreben sollen. Da hättest du es weit bringen können.«
    * * * *
    Die Jahre vergingen. Nach Nixon kam Gerald Ford, nach Ford kam Jimmy Carter. Breschnew blieb die ganze Zeit über im Amt. Genau wie Allan, Julij und Larissa. Die drei trafen sich immer noch fünf- bis sechsmal pro Jahr und hatten immer viel Spaß miteinander. Ihre Treffen mündeten regelmäßig in einen einigermaßen fantasievollen Bericht über den aktuellen Stand der sowjetischen Kernwaffenstrategie. Allan und Julij hatten sich im Laufe der Jahre entschieden, die sowjetische Nuklearwaffenkapazität immer weiter herunterzuspielen, denn sie merkten, wie viel zufriedener die Amerikaner waren und wie viel

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