Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand
besser die Stimmung zwischen den beiden Staatschefs zu werden schien.
Aber welches Glück währt schon ewig?
Eines Tages, kurz nachdem das SALT-II-Abkommen unterzeichnet worden war, bildete Breschnew sich ein, dass Afghanistan seine Hilfe benötigte. Und so entsandte er seine Elitetruppen, die sofort den amtierenden Präsidenten stürzten, woraufhin Breschnew keine andere Wahl blieb, als selbst einen einzusetzen.
Da wurde Präsident Carter natürlich − gelinde gesagt − böse auf Breschnew. Die Tinte auf dem zweiten SALT-Abkommen war ja kaum getrocknet. Also ordnete Carter einen Boykott der Olympischen Spiele in Moskau an und erhöhte die heimliche CIA-Unterstützung für die fundamentalistische Guerilla in Afghanistan, die Mudschaheddin .
Recht viel mehr konnte er nicht machen, denn dann übernahm Ronald Reagan, und der war bedeutend ungemütlicher, was Kommunisten im Allgemeinen und den alten Fuchs Breschnew im Besonderen anging.
»Dieser Reagan scheint ja stocksauer zu sein«, sagte Allan zu Julij beim ersten Treffen von Agent und Spion seit Regierungsantritt des neuen amerikanischen Präsidenten.
»Ja«, antwortete Julij. »Und das sowjetische Kernwaffenarsenal können wir auch nicht mehr allzu sehr reduzieren, denn dann bleibt langsam nicht mehr viel übrig.«
»Dann schlage ich vor, wir machen es umgekehrt«, sagte Allan. »Das wird Reagan sicher gleich etwas sanfter stimmen, du wirst sehen.«
Der nächste Bericht, der über den geheimen Hutton an die USA ging, sprach daher von einer sensationellen sowjetischen Offensive bezüglich ihrer Missiles. Diesmal schoss Allans Fantasie bis in den Weltraum. Von dort oben – so hatte er es sich ausgedacht – sollten die sowjetischen Raketen ganz gezielt auf alles schießen, womit die USA auf der Erde ihre Angriffe führen wollten.
Damit legten der politisch taube amerikanische Agent Allan und sein politisch blinder russischer Kernwaffenchef Julij den Grundstein für den Kollaps der Sowjetunion. Ronald Reagan flippte aus, als er den Bericht bekam, und startete sofort die Strategic Defense Initiative , auch »Krieg der Sterne« genannt. Die Projektbeschreibung mit ihren laserschießenden Satelliten war fast eine Kopie dessen, was Allan und Julij vor ein paar Monaten in einem Hotelzimmer in Moskau unter dem Einfluss eines prächtigen Wodkarauschs kichernd zusammengeschustert hatten. Das amerikanische Budget für Nuklearwaffen schoss dann ebenfalls fast bis in den Weltraum. Die Sowjetunion versuchte zu kontern, konnte es sich aber nicht leisten. Stattdessen begann das Land langsam zu bröckeln.
Sei es nun aus Schock über die neue militärische Offensive Amerikas, sei es aus anderen Gründen – am 10. November 1982 starb Breschnew an einem Herzinfarkt. Zufällig hatten Allan, Julij und Larissa am Abend danach wieder eines ihrer Spionagetreffen.
»Wäre es nicht langsam Zeit, diesem Unfug ein Ende zu machen?«, fragte Larissa.
»Doch, jetzt machen wir diesem Unfug ein Ende«, sagte Julij.
Allan nickte und stimmte zu, dass alles mal ein Ende haben musste, insbesondere wahrscheinlich Unfug. Es war wohl ein Zeichen des Himmels, dass sie sich jetzt zurückziehen sollten, wo Breschnew bald schlimmer stinken würde denn je.
Er fügte hinzu, dass er schon am nächsten Morgen den geheimen Hutton anrufen wollte. Dreizehneinhalb Jahre im Dienste der CIA mussten reichen. Dass das meiste geschummelt gewesen war, gehörte nicht hierher. Alle drei waren sich einig, dass sie den wahren Sachverhalt sowohl vor dem geheimen Hutton als auch vor seiner Mimose von Präsidenten geheim halten sollten.
Jetzt musste die CIA nur noch dafür sorgen, dass Julij und Larissa nach New York gebracht wurden, das hatten sie auch schon versprochen. Allan hingegen erwog, mal wieder nach dem guten alten Schweden zu sehen.
* * * *
Die CIA und der geheime Hutton hielten ihr Versprechen. Julij und Larissa wurden über die Tschechoslowakei und Österreich in die USA geschleust. Man wies ihnen eine Wohnung in der West 64th Street in Manhattan und eine jährliche Apanage in eine Höhe zu, die die Bedürfnisse des Ehepaares bei Weitem überstieg. Und das kam die CIA nicht mal besonders teuer, denn im Januar 1984 starb erst Julij im Schlaf und drei Monate später seine Larissa, die nicht ohne ihn sein konnte. Beide wurden neunundsiebzig Jahre alt, und ihr glücklichstes Jahr war 1983, als die Metropolitan Opera ihr hundertjähriges Bestehen feierte, was dem Paar eine endlose Reihe
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