Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand
der Schwärmerei, die er gestern an jenem beobachtet zu haben glaubte. Julius antwortete, er habe am Morgen nicht nur Toastbrot und Ei gegessen, sondern auch eine ganze Reihe von Argumenten von Benny zu hören bekommen, warum es besser wäre, den ganzen Sommer auf Sjötorp zu verbringen, aber zu seiner Schlussfolgerung sei er ganz allein gekommen. Wohin wollten sie überhaupt fahren, wenn sie jetzt losfuhren? Brauchten sie nicht so oder so noch einen Tag Bedenkzeit? Um bleiben zu können, mussten sie sich aber auf eine plausible Geschichte einigen, die erklärte, wer sie waren und wohin sie fuhren. Und sie brauchten natürlich die Erlaubnis der Schönen Frau.
Interessiert verfolgte Benny das Gespräch zwischen Allan und Julius und hoffte, dass sie zumindest noch eine Nacht hierbleiben würden. Seine Gefühle für die Schöne Frau waren seit dem letzten Abend mitnichten abgekühlt, vielmehr war er richtig enttäuscht, sie nicht vorzufinden, als er zum Frühstück herunterkam. Trotzdem, in ihrem Brief hatte sie immerhin »War schön gestern Abend« geschrieben. Hatte sie vielleicht das Gedicht gemeint, das Benny deklamiert hatte? Wenn sie nur schon wieder zurück wäre.
Doch es dauerte noch eine knappe Stunde, bis die Schöne Frau auf den Hof bog. Als sie aus dem Auto stieg, sah Benny, dass sie noch schöner war als beim letzten Mal. Sie hatte den roten Jogginganzug gegen ein Kleid getauscht, und Benny fragte sich, ob sie nicht auch noch beim Friseur gewesen war. Eifrig lief er ihr entgegen und rief:
»Schöne Frau! Willkommen zu Hause!«
Direkt hinter ihm standen Allan und Julius und amüsierten sich über die Liebesbezeigungen vor ihren Augen. Doch im nächsten Augenblick verging ihnen das Lächeln auch schon wieder, denn die Schöne Frau ergriff das Wort. Erst ging sie schnurstracks an Benny vorbei, dann an den beiden Männern hinter ihm, um schließlich auf der Vortreppe stehen zu bleiben und sich umzudrehen:
» Ihr Arschlöcher! Ich weiß alles! Und jetzt will ich auch den Rest wissen. Vollversammlung im Wohnzimmer, und zwar JETZT SOFORT!«
Damit verschwand sie im Haus.
»Wenn sie schon alles weiß, was will sie dann noch mehr wissen?«, sagte Benny.
»Sei still, Benny«, sagte Julius.
»Ja, wie gesagt«, sagte Allan.
Und dann trotteten sie schicksalsergeben hinein.
* * * *
Die Schöne Frau hatte ihren Tag damit begonnen, Sonja mit frisch gemähtem Gras zu füttern und sich dann anzuziehen. Widerwillig musste sie sich eingestehen, dass sie diesem Benny gefallen wollte. Daher tauschte sie den roten Jogginganzug gegen ein hellgelbes Kleid und bändigte ihr Wuschelhaar zu zwei geflochtenen Zöpfen. Außerdem hatte sie sich leicht geschminkt und ihr Werk mit etwas Duftwässerchen gekrönt, bevor sie sich in ihren roten Passat setzte und nach Rottne fuhr, um Lebensmittel einzukaufen.
Buster saß wie immer auf dem Beifahrersitz und kläffte kurz, als das Auto vor dem ICA-Supermarkt in Rottne vorfuhr. Hinterher hatte sich die Schöne Frau gefragt, ob Buster wohl deswegen gekläfft hatte, weil er den Titelseitenaushang des Expressen gesehen hatte. Auf dem Plakat sah man zwei Bilder – eines ganz unten zeigte den alten Julius und eines ganz oben den uralten Allan. Der Text lautete:
Polizei hegt Verdacht: HUNDERTJÄHRIGER von krimineller BANDE
ENTFÜHRT Heute Jagd auf MEISTERDIEB
Die Schöne Frau lief rot an und wusste erst gar nicht, was sie zuerst denken sollte. Dann wurde sie fuchsteufelswild und ließ jeden Plan eines Lebensmitteleinkaufs fahren. Na, diese drei Ganoven würde sie noch vor dem Mittagessen aus dem Haus werfen! Doch erst einmal ging sie in die Apotheke und löste das Rezept ein, das Benny in der Nacht für sie getippt hatte, und anschließend kaufte sie sich einen Expressen , um mehr über diese Sache zu erfahren.
Je mehr die Schöne Frau las, desto wütender wurde sie. Gleichzeitig konnte sie sich aber keinen richtigen Reim darauf machen. War Benny von Never Again ? War Julius der Meisterdieb? Und wer hatte hier wen entführt? Eigentlich sah es doch so aus, als würden sich die drei ganz gut verstehen.
Aber am Ende siegte ihre Wut über ihre Neugier. Denn wie es sich auch verhalten mochte, sie hatten sie hinters Licht geführt. Und eine Gunilla Björklund führte man nicht ungestraft hinters Licht! » Schöne Frau«! Pah!
Sie setzte sich also hinters Steuer und musste noch einmal die Zeilen durchlesen: » An seinem hundertsten Geburtstag verschwand am Montag Allan Karlsson aus dem
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