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Der Hypnosearzt

Der Hypnosearzt

Titel: Der Hypnosearzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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breiten Kissen belegten Bank absah, und wirkte doch ungemein lebendig. Dafür sorgten die Bilder an den geschlämmten Wänden. Blumenbilder, Provence-Landschaften, eine ganze Serie von Katzenskizzen und eine Art Katzenporträt, das Stefan von einer Staffelei anblickte.
    Den Terrassentüren gegenüber gab es eine weitere Tür. Sie führte in die große bäuerliche Küche mit dem gemauerten Riesenkamin aus Natursteinquadern, in der Maria ihren Gast zuvor begrüßt hatte. Alles hier, der braune Stein, die braunen Kacheln, das Geschirr in der Küche, die Stille des großen Hauses am Hang, hatte ihm von Anfang an ein Gefühl von Wohlbehagen und Vertrauen eingeflößt: Mein Gott … Er stand auf, um näher zur Terrasse zu gehen. Mein Gott, ist das schön hier!
    Er hörte die Tür klappen und wandte sich um.
    Maria kam herein, ein Tablett in den Händen, barfuß und in einem fast knöchellangen, kaftanähnlichen Gewand, dessen Falten jede ihrer Bewegungen begleiteten. Sie trug das Tablett zu dem kleinen runden Tisch aus Olivenholz neben den beiden Korbstühlen und sah Stefan an. »So, Ihr Glas. Ich habe gleich zwei mitgebracht und einen ganzen Krug voll Wasser. Und ein paar Mandeln … Die stammen übrigens aus meinem Garten. Ich hab sie im letzten Jahr selbst geröstet.«
    Er nickte. Die Bilder, die Frau, ihre Stimme, die Umgebung – was immer er sich unter Le Castelet vorgestellt hatte, es war etwas ganz anderes gewesen.
    Sie deutete auf die Sessel. »Ich glaube, wir sollten hierbleiben. Auf der Terrasse ist es ziemlich heiß. Übrigens, es kann auch Wein oder Whisky sein.«
    »In den letzten drei Tagen habe ich zuviel davon getrunken.«
    »In der Villa passiert das leicht. Spiritus loci heißt das … Der Vorbesitzer hat sich zu Tode getrunken.«
    »Die Geschichte kenne ich.«
    »Aber das Wasser schmeckt, nicht wahr? Das Grundstück hat eine eigene Quelle. Und für unser Gespräch brauche ich einen klaren Kopf.«
    Da saß sie nun, und da war alles, was Stefan von der ersten Sekunde an so beeindruckt hatte: die Schatten unter den Wangenknochen, der unglaubliche Schwung der Brauen, der Ansatz des schwarzglänzenden, zu einem Zopf zurückgebundenen Haares, der breite, kräftige, vollkommen ruhige Mund und die Augen, tief in die Höhlen gebettet, klar und wachsam. Beobachteraugen, dachte er. Und wenn du genauer hinsiehst, gibt es in diesem Dunkel ein winziges Flimmern von goldenen Punkten. Augen, wie sie Maler haben mögen, aber auch Jäger – oder Ärzte. Ja, sie hatte einen klaren Kopf … Auch ohne ihre Quelle.
    Stefan griff nach dem Glas.
    Er hatte vierzig Minuten Fahrt hinter sich, in einem offenen Jeep über staubige Straßen, durch Krüppelholz und zwei verschlafene Dörfchen. Er hatte sich zweimal verfahren und dreimal fragen müssen, bis er Le Castelet gefunden hatte.
    Es war ein großes Glas. Stefan trank es bis zur Hälfte aus.
    »Hat er sich nicht gewundert?« hörte er Maria sagen.
    »Thomas?«
    »Natürlich Thomas. Hat er sich nicht gewundert, daß ich Sie hierher eingeladen habe?«
    »Ich habe mich gewundert.«
    »Ja?«
    »Daß ich so weit fahren mußte.«
    Sie betrachtete eines ihrer Bilder, als habe sie es nie gesehen, und sie sprach, ohne den Blick davon zu wenden: »Überrascht – oder befremdet?«
    »Weder noch. Ich habe auch Thomas gefragt, wieso ich so weit fahren muß.«
    »Und? Was sagte er?« Ihre Stimme klang amüsiert.
    »Oh, daß ich die Frage besser an Ihre Adresse richte.«
    »Und jetzt, Stefan?« Es war wirklich nicht einfach, ihrem Blick standzuhalten. »Was erwarten Sie? Erklärungen?«
    »Ich habe keine Frage gestellt.«
    »Nein.« Sie lächelte und schlug unter diesem blauen Hauch von Stoff die Beine übereinander. »Haben Sie nicht.« Sie lachte leise in sich hinein. »Typisch Thomas! Was für ein hübsches Spiel. – Soll ich mein Leben vor Ihnen ausbreiten? Interessiert es Sie? Wollen Sie wissen, warum ich hier wohne und er dort? Brauchen Sie meine Biographie?«
    »Ich brauche gar nichts, Maria.« Er beugte sich vor. Lächeln und sein Gegenüber ansehen – das konnte er schließlich so gut wie sie.
    »Stimmt. Bisher nicht …«
    »Fragen stelle ich nur meinen Patienten. Und meist erzählen sie mir zuerst ihre Geschichte.«
    »Dafür kann ich nichts.« Wieder lächelte sie. »Daß ich nicht Ihre Patientin bin, meine ich.«
    Die Wärme an seinem Hals wurde intensiver als zuvor. »Nein, Gott sei Dank. Aber eines interessiert mich nun doch: Was ist das für ein Gespräch, zu dem wir

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