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Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören

Titel: Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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berühren?«
    »Nein, das dürfen Sie nicht. Setzen Sie sich jetzt bitte.«
    Sie nahm endlich Platz, begann aber sofort, rastlos hin und her zu rutschen.
    Mir fiel auf, dass sie etwas in der Hand hielt.
    »Was haben Sie da?«, fragte ich.
    Sie verbarg rasch ihre Hand hinter dem Rücken.
    »Kommen Sie her und sehen Sie es sich an«, sagte sie in ihrem ängstlich feindseligen Ton.
    Ich spürte, dass ich kurz davor war, die Geduld zu verlieren, zwang mich jedoch, vollkommen ruhig zu klingen, als ich sie fragte:
    »Möchten Sie mir nicht erzählen, warum Sie bei mir sind?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Was glauben Sie?«, fragte ich.
    Es zuckte in ihrem Gesicht.
    »Weil ich gesagt habe, ich hätte Krebs«, flüsterte sie.
    »Hatten Sie Angst, Sie könnten an Krebs leiden?«
    »Ich dachte, er würde wollen, dass ich Krebs habe«, sagte sie.
    »Lars Ohlson?«
    »Sie haben mich am Gehirn operiert, sie haben mich zweimal operiert. Ich wurde betäubt. Als ich bewusstlos war, haben sie mich vergewaltigt.«
    Ihr Blick begegnete meinem, und sie verzog hastig den Mund.
    »Also bin ich jetzt schwanger und lobotomiert.«
    »Was wollen Sie mir damit sagen?«
    »Dass es gut so ist, denn ich sehne mich nach einem Kind, einem Sohn, einem Jungen, der an meiner Brust saugt.«
    »Eva«, sagte ich, »was denken Sie, warum Sie hier sind?«
    Sie zog die Hand hinter dem Rücken hervor und öffnete die geballte Faust. Ihre Hand war leer, und sie drehte sie mehrmals hin und her.
    »Möchten Sie meine Möse untersuchen?«, flüsterte sie.
    Ich spürte, dass ich entweder das Zimmer verlassen oder jemanden hinzurufen musste. Eva Blau stand schnell auf:
    »Entschuldigung«, sagte sie. »Entschuldigung, ich habe nur solche Angst, dass Sie mich hassen werden. Bitte, hassen Sie mich nicht. Ich will bleiben, ich brauche Hilfe.«
    »Eva, beruhigen Sie sich bitte. Ich versuche nur, ein Gespräch mit Ihnen zu führen. Sie sollen in meine Hypnosegruppe aufgenommen werden, das wissen Sie, das hat Lars Ihnen erklärt. Er meinte, Sie wären dafür, Sie wollten das.«
    Sie nickte, streckte die Hand aus und stieß meine Kaffeetasse vom Tisch.
    »Entschuldigung«, sagte sie erneut.
    Als Eva Blau gegangen war, sammelte ich meine Papiere vom Fußboden auf und setzte mich an den Schreibtisch. Vor meinem Fenster regnete es leicht, und mir fiel ein, dass Benjamin mit seiner Kindergartengruppe einen Ausflug machte und sowohl ich als auch Simone vergessen hatten, ihm die Regenhose mitzugeben, die in der Wäsche gewesen war.
    Jetzt fiel klares, helles Regenwasser auf Straßen, Fußwege und Spielplätze.
    Ich überlegte, ob ich im Kindergarten anrufen und die Erzieherinnen bitten sollte, Benjamin nicht aus dem Haus zu lassen. Jeder Ausflug machte mir Angst. Mir gefiel nicht einmal die Vorstellung, dass er durch mehrere Flure und zwei Treppen hinuntergehen musste, um in den Speisesaal zu kommen. Ich stellte mir vor, wie er von übereifrigen Kindern gestoßen wurde und jemand eine schwere Tür aufschlug und ihn damit traf, ich sah ihn über Schuhe stolpern, die in schmutzigen Haufen vor der Schuhgrenze abgestellt waren. Ich gebe ihm seine Spritzen, dachte ich. Das Medikament sorgt dafür, dass er an einer kleinen Wunde nicht mehr verbluten wird, aber er ist immer noch viel verletzlicher als andere Kinder.
     
     
     
    Ich erinnere mich an das Sonnenlicht am nächsten Morgen, das durch die dunkelgrauen Vorhänge fiel. Simone schlief nackt neben mir. Ihr Mund stand halb offen, ihre Haare hingen wirr herab, Schultern und Brüste waren von kleinen hellen Sommersprossen bedeckt. Plötzlich bekam ihr Arm eine Gänsehaut. Ich zog die Decke über sie. Benjamin hustete leise. Ich hatte nicht bemerkt, dass er bei uns lag. Manchmal schlich er sich nachts herein und legte sich auf die Matratze auf dem Fußboden, wenn er schlecht geträumt hatte. Ich lag dann oft in einer unbequemen Stellung und hielt seine Hand, bis er wieder eingeschlafen war.
    Ich sah, dass es sechs Uhr war, drehte mich auf die Seite, schloss die Augen und überlegte, dass es nicht zu verachten wäre, wenn ich noch etwas schlafen dürfte.
    »Papa?«, flüsterte Benjamin auf einmal.
    »Schlaf noch ein bisschen«, sagte ich leise.
    Er setzte sich auf seiner Matratze auf, sah mich an und sagte mit seiner hellen, klaren Stimme:
    »Papa, du hast heute Nacht auf Mama gelegen.«
    »Tatsächlich«, sagte ich und merkte, dass Simone neben mir wach wurde.
    »Ja, du hast unter der Decke gelegen und auf ihr geschaukelt«, fuhr

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