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Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören

Titel: Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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ich den Krankenhausvorstand treffen. Von seiner Forschung zu berichten – Ergebnisse, Ziele und Zeitplan –, um neue Mittel zu beantragen, war das übliche Verfahren, aber ich fand es dennoch immer besonders unangenehm, weil ich wusste, dass ich wegen der vielen Vorurteile gegenüber der Hypnose auf Schwierigkeiten stoßen würde.
    »Die meisten halten Hypnose immer noch für etwas Windiges, das man nicht ernst nehmen muss, und dieser Stempel macht es ziemlich schwierig, vorläufige Ergebnisse vorzustellen.«
    »Aber wenn man Ihre Berichte liest, erkennt man doch unglaublich interessante Muster, auch wenn es noch zu früh ist, etwas zu veröffentlichen.«
    »Sie haben alle meine Berichte gelesen?«, fragte ich skeptisch.
    »Es waren ziemlich viele«, antwortete sie trocken.
    Wir blieben vor dem Aufzug stehen.
    »Was halten Sie von meinen Ideen zum Thema Engramme?«, testete ich sie.
    »Sie denken an den Abschnitt über den Patienten mit Schädelverletzungen?«
    »Ja«, sagte ich und versuchte zu überspielen, wie überrascht ich war.
    »Ich finde es interessant«, sagte sie, »dass Sie Einwände gegen gewisse Theorien zur Verteilung des Erinnerungsvermögens im Gehirn erheben.«
    »Wie stehen Sie dazu?«
    »Nun ja, ich finde, Sie sollten die Synapsenforschung vertiefen und sich auf die Amygdala konzentrieren.«
    »Ich bin beeindruckt«, sagte ich und drückte auf den Aufzugknopf.
    »Sie müssen diese Forschungsgelder bekommen.«
    »Ich weiß«, antwortete ich.
    »Was passiert, wenn die Nein sagen?«
    »Dann wird man mir hoffentlich wenigstens die erforderliche Zeit zubilligen, die Therapie auslaufen zu lassen und meine Patienten anderen Behandlungsformen zuzuführen.«
    »Und Ihre Forschung?«
    Ich zuckte mit den Schultern.
    »Ich könnte mich an einer anderen Universität bewerben, falls mich jemand nimmt.«
    »Haben Sie Feinde im Vorstand?«, fragte sie.
    »Das glaube ich nicht.«
    Sie hob die Hand, legte sie sanft auf meinen Arm und lächelte entschuldigend. Ihre Wangen erröteten noch heftiger.
    »Sie werden die Gelder bekommen, denn Ihre Arbeit ist bahnbrechend, davor kann der Vorstand einfach nicht die Augen verschließen«, sagte sie und sah mir tief in die Augen. »Wenn diese Leute das nicht sehen, begleite ich Sie zu jeder Universität, egal welcher.«
    Plötzlich fragte ich mich, ob sie mit mir flirtete. Da war etwas in ihrer Beflissenheit, ihrem sanften, heiseren Tonfall. Ich warf einen kurzen Blick auf ihr Namensschild, um mich ihres Namens zu vergewissern: Maja Swartling, Arzt im PJ .
    »Maja …«
    »Sie dürfen mich nicht abweisen«, flüsterte sie verspielt. »Erik Maria Bark.«
    »Wir müssen uns später weiter unterhalten«, sagte ich, als die Aufzugtüren aufglitten.
    Maja Swartling lächelte so breit, dass man wieder ihre Grübchen sah, führte die Hände unter dem Kinn zusammen, verneigte sich tief und scherzhaft und sagte sanft:
    »Sawadee.«
    Ich ertappte mich dabei, angesichts ihres thailändischen Grußes zu lächeln, als ich mit dem Aufzug in die Chefarztetage hochfuhr. Es klingelte, und ich trat in den Flur hinaus. Obwohl die Tür offen stand, klopfte ich an, bevor ich eintrat. Annika Lorentzon saß am Tisch und sah aus dem Fenster. Durch die Panoramafenster hatte man eine wunderbar weite Aussicht über den Nordfriedhof und den Hagapark. In ihrem Gesicht sah man keine Spur der zwei Flaschen Wein, die sie gerüchteweise jeden Abend trank, um einschlafen zu können. Die Blutgefäße lagen gleichmäßig und verborgen unter ihrem fünzigjährigen Teint. Dennoch, unter den Augen und auf der Stirn sah man ein oberflächliches Netz feiner Falten, und ihre einst so schöne Hals- und Kinnlinie, die ihr vor vielen Jahren den zweiten Platz bei der Wahl zur Miss Sweden eingebracht hatte, war gealtert.
    Dafür hätte Simone mir gehörig die Leviten gelesen, dachte ich. Sie hätte mir sofort aufgezeigt, dass es eine typisch männliche Machttechnik ist, eine übergeordnete Frau herabzusetzen, indem man an ihrem Aussehen herummäkelt. Kein Mensch spricht über die Trinkgewohnheiten männlicher Chefs, keiner käme auf die Idee, über die erschlafften Gesichtszüge eines Mannes in leitender Position zu reden.
    Ich grüßte die Leiterin des Krankenhauses und setzte mich neben sie.
    »Grandios«, sagte ich.
    Annika Lorentzon lächelte mich still an. Sie war braungebrannt und schlank, hatte dünne und von Dauerwellen strapazierte Haare. Sie roch nicht nach Parfüm, eher nach Reinlichkeit; der vage Hauch

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