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Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören

Titel: Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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ich merke, dass es gut läuft, versuche ich, die ganze Gruppe zu hypnotisieren.«
    Ich zog den Stuhl vor, bat alle, die Augen zu schließen und sich zurückzulehnen.
    »Die Füße stehen fest auf dem Boden, die Hände liegen im Schoß.«
    Während ich sie behutsam tiefer in die Entspannung führte, beschloss ich, Eva Blaus geheime Räume zu erforschen. Es war wichtig, dass sie möglichst bald einen Beitrag leistete, damit sie in die Gemeinschaft aufgenommen wurde. Ich zählte herunter und lauschte den Atemzügen der Gruppe, senkte sie in eine leichte Hypnose und ließ sie kurz unter der silbrigen Wasseroberfläche hängend zurück.
    »Eva, jetzt wende ich mich nur an dich«, sagte ich leise. »Du wirst dich auf mich verlassen, ich bin während der Hypnose für dich da, es kann nichts Schlimmes passieren. Du wirst dich entspannt und sicher fühlen, du wirst meiner Stimme lauschen und meinen Worten folgen. Folge den Worten stets spontan, ohne sie zunächst in Frage zu stellen, du wirst dich im Inneren eines Wortstroms aufhalten, weder vor noch hinter ihm, sondern stets in seiner Mitte …«
    Wir sanken durch graues Wasser, erblickten flüchtig den Rest der Gruppe, deren Scheitel die gekräuselte Oberfläche berührten. Einem dicken Seil, einer Trosse mit wehenden Tangbüscheln folgend, fielen wir in die dunkle Tiefe.
    Gleichzeitig stand ich in Wirklichkeit hinter Eva Blaus Stuhl, hatte eine Hand auf ihre Schulter gelegt und sprach ruhig und mit tiefer werdender Stimme. Aus ihrer Kleidung schlug mir Rauchgeruch entgegen. Sie saß zurückgelehnt, ihr Gesicht war entspannt.
    In meiner eigenen Trance war das Wasser vor ihr mal braun, mal grau. Ihr Gesicht lag im Schatten, der Mund war fest geschlossen, eine steile Falte tauchte zwischen den Augenbrauen auf, aber ihr Blick war vollkommen schwarz. Ich überlegte, wo ich anfangen sollte. Im Grunde wusste ich herzlich wenig über sie. Lasse Ohlsons Akte enthielt so gut wie nichts über ihre Herkunft und ihren Lebensweg. Ich würde ihn eigenständig erforschen müssen und beschloss, einen vorsichtigen Einstieg zu erproben. Oft stellte sich heraus, dass der kürzeste Weg zum Bedrückendsten über Ruhe und Freude führte.
    »Du bist zehn, Eva«, sagte ich und ging um die Stühle herum, damit ich sie von vorn sehen konnte.
    Ihr Brustkorb bewegte sich kaum, sie atmete mit ruhigen, sanften, vom Zwerchfell kommenden Zügen.
    »Du bist zehn. Es ist ein schöner Tag. Du bist gut gelaunt. Warum bist du so gut gelaunt?«
    Eva spitzte niedlich den Mund, lächelte in sich hinein und sagte:
    »Weil der Mann in den Wasserpfützen tanzt und plantscht.«
    »Wer tanzt?«, fragte ich.
    »Wer?«
    Sie schwieg eine Weile.
    »Gene Kelly, sagt Mama.«
    »Ich verstehe«, meinte ich. »Du guckst Singin’ in the rain ?«
    »Mama guckt den Film.«
    »Du nicht?«, fragte ich.
    »Doch, schon«, sagte sie lächelnd und blinzelte.
    »Und du bist gut gelaunt?«
    Eva Blau bewegte langsam nickend ihren Kopf.
    »Was passiert dann?«
    Ich sah ihr Gesicht sachte auf den Brustkorb sinken. Plötzlich zuckte ein eigentümlicher Ausdruck über ihre Lippen.
    »Mein Bauch ist dick«, hauchte sie.
    »Dein Bauch?«
    »Ich sehe, dass er ganz dick ist«, sagte sie mit Tränen in der Stimme.
    Jussi atmete schnaufend neben ihr. Aus den Augenwinkeln nahm ich wahr, dass er seine Lippen bewegte.
    »Das verwunschene Schloss«, flüsterte er in seiner leichen Hypnose. »Das verwunschene Schloss.«
    »Eva, hör mir zu«, sagte ich. »Du kannst zwar alle im Raum hören, lauschst aber nur meiner Stimme. Es ist dir egal, was die anderen sagen, nur meine Stimme zählt für dich.«
    »Okay«, sagte sie mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck.
    »Weißt du, warum dein Bauch dick ist?«, fragte ich.
    Sie antwortete nicht. Ich betrachtete sie direkt von vorn. Ihr Gesicht war ernst, bekümmert, und der Blick abgewandt, in einen Gedanken, eine Erinnerung vertieft. Plötzlich sah es aus, als versuchte sie, ein Lächeln zu unterdrücken.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete sie.
    »Doch, ich denke schon, dass du es weißt«, sagte ich. »Aber wir richten uns hier ganz nach dir, Eva. Du brauchst jetzt nicht mehr daran zu denken. Möchtest du wieder fernsehen? Ich begleite dich, alle, die hier sind, gehen mit dir, den ganzen Weg, ganz gleich, was passiert, das versprechen wir dir. Wir haben es versprochen und du kannst dich darauf verlassen.«
    »Ich will in das verwunschene Schloss«, flüsterte sie.
    Während ich Zahlenreihen herunterzählte

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