Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören
wenigen Schnee, der gefallen ist, einen Schneemann zu bauen.
»Sie war wütend auf Erik.«
Er spürt ein Kribbeln, als er an Eva Blaus spitzes Gesicht denkt, an ihre aggressive Stimme, die blinzelnden Augen und die abgeschnittene Nasenspitze.
»Du hast versprochen, nie wieder zu hypnotisieren, aber vor einer Woche hast du dann doch wieder angefangen. Es stand in allen Zeitungen, sie haben es im Fernsehen gesagt. Natürlich haben sich viele aufgeregt.«
»Es ging nicht anders«, sagt Erik. »Aber es war nur eine Ausnahme.«
Sie nimmt seine Hand in ihre.
»Du hast mir geholfen«, flüstert sie. »Damals, als ich es sah … erinnerst du dich?«
»Ich erinnere mich«, erwidert Erik leise.
Charlotte lächelt ihn an.
»Das hat gereicht. Ich ging in das verwunschene Schloss und sah die Leute, die mir wehgetan hatten.«
»Ich weiß.«
»Ohne dich wäre das niemals geschehen, Erik.«
»Obwohl ich …«
»Hier drinnen wurde etwas wieder heil«, sagt sie mit einer Geste zum Herzen.
»Wo ist Eva jetzt?«, fragt Joona.
Charlotte runzelt leicht die Stirn.
»Als sie entlassen wurde, zog sie in eine Wohnung im Zentrum von Åkersberga und schloss sich den Zeugen Jehovas an. Anfangs blieben wir in Kontakt. Ich habe sie finanziell unterstützt, aber dann haben wir uns aus den Augen verloren. Sie dachte, sie würde verfolgt, redete viel darüber, Schutz zu suchen, weil das Böse hinter ihr her sei.«
Charlotte bleibt vor Erik stehen.
»Du siehst traurig aus«, sagt sie.
»Mein Sohn ist verschwunden, und Eva ist unsere einzige Spur.«
Charlotte sieht ihn betrübt an.
»Ich hoffe, es wird sich alles zum Guten wenden.«
»Wie heißt sie – weißt du das?«, fragt Erik.
»Du meinst, wie sie wirklich heißt? Das sagt sie keinem, vielleicht weiß sie es nicht einmal selbst.«
»Okay.«
»Aber als sie mich anrief, nannte sie sich Veronika.«
»Veronika?«
»Veronikas Schweißtuch, deshalb.«
Sie umarmen sich kurz, und Erik und Joona eilen zum Auto zurück. Als sie in südliche Richtung fahren, Richtung Stockholm, telefoniert Joona erneut. Er bittet um Hilfe bei der Suche nach einer Veronika im Zentrum von Åkersberga und um eine Adresse zu den Zeugen Jehovas.
Erik hört Joona sprechen, sein Kopf ist völlig ermattet. Er denkt daran, wie die Erinnerungen ihn überwältigt haben, und spürt, dass seine Augen sachte zufallen.
»Ja, Anja, ich notiere«, hört er Joona sagen. »Västra Banvägen … warte, Stationsvägen 5 , okay, danke.«
Als hätte sich die Zeit in den Schwanz gebissen, erwacht Erik, als sie parallel zu einem Golfplatz eine lange Gerade hinunterfahren.
»Wir sind gleich da«, sagt Joona.
»Ich bin eingeschlafen«, bemerkt Erik vor allem zu sich selbst.
»Eva Blau hat Charlotte angerufen, als du überall in den Schlagzeilen warst«, bemerkt Joona nachdenklich.
»Und am nächsten Tag wurde Benjamin gekidnappt«, sagt Erik.
»Weil jemand dich gesehen hat.«
»Oder weil ich mein Versprechen gebrochen habe, nie mehr zu hypnotisieren.«
»Dann ist das Ganze meine Schuld«, erwidert Joona.
»Nein, es war …«
Erik verstummt, weil er nicht weiß, was er sagen soll.
»Es tut mir leid«, sagt Joona, die Augen auf die Straße gerichtet.
Sie fahren an einem Schnäppchenmarkt mit eingeschlagenen Schaufensterscheiben vorbei. Joona wirft einen Blick in den Rückspiegel. Eine Frau mit Schleier kehrt die Glasscherben zusammen.
»Ich weiß nicht, was mit Eva passiert ist, als sie meine Patientin war«, sagt Erik. »Sie hat sich selbst verstümmelt, wurde völlig paranoid und gab mir und meiner Hypnose die Schuld für alles. Ich hätte sie nie in meine Gruppe aufnehmen dürfen, ich hätte niemanden hypnotisieren sollen.«
»Aber Charlotte hast du doch geholfen«, wendet Joona ein.
»Es scheint so«, sagt Erik leise.
Hinter einem Kreisverkehr fahren sie über einen Fluss und halten vor großen grauen Mietskasernen.
Joona zeigt auf das Handschuhfach.
»Könntest du mir bitte meine Pistole geben.«
Erik öffnet das Fach und reicht ihm die schwere Waffe. Joona kontrolliert Lauf und Magazin und vergewissert sich, dass die Pistole gesichert ist, ehe er sie in die Tasche steckt.
Sie hasten über den Parkplatz und an einem Hof mit Schaukeln, Sandkasten und Klettergerüsten vorbei.
Erik zeigt zum Hauseingang, schaut hoch und sieht auf fast allen Balkonen blinkende Lichterketten und Satellitenschüsseln.
Eine alte Frau steht mit ihrem Rollator hinter der verschlossenen Tür zum Treppenhaus. Joona
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