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Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören

Titel: Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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Stiefeln voll schwarzem Winterwasser sinken wird wie ein Stein.
    Sie muss an eine bekannte Fernsehjournalistin denken, die zusammen mit ihrer Freundin umkam, nachdem sie mit dem Auto über eine Kaikante gefahren waren. Der Wagen sank wie eine Reuse in die Tiefe, wurde vom losen Schlick am Grund verschluckt und verschwand. Cats Falk, das war ihr Name, denkt Simone.
    Sie ist außer Atem und zittert vor Stress und Anstrengung. Ihr Rücken ist vom Regen durchnässt. Kennet scheint den Jungen aus den Augen verloren zu haben. Er steht vorgebeugt und wartet auf sie, der Verband um seinen Kopf hat sich gelöst, und er schnappt keuchend nach Luft. Aus seiner Nase tropft Blut. Auf der Erde liegt eine Gesichtsmaske aus Pappe. Sie hat sich im Regen halb aufgelöst, und als der Wind sie erfasst, fliegt sie hoch und wird ins Wasser geweht.
    »Verdammter Mist«, sagt Kennet, als sie bei ihm ist.
    Sie bewegen sich wieder landeinwärts, aber ringsum wird es immer dunkler. Der Regen hat nachgelassen, stattdessen ist es stürmisch geworden. Der Wind pfeift um die großen Wellblechhallen. Sie kommen an einem langgestreckten Trockendock vorbei, und Simone hört den Wind dort unten dunkel und ein­tönig pfeifen. Traktorreifen hängen als Fender an rostigen Ketten entlang der Kaikante. Sie blickt in das riesige, aus dem Fels gesprengte Loch hinab. Ein gigantisches Becken ohne Wasser, mit rauen Felswänden, die mit Beton und armierten Stahlbändern verstärkt sind. Fünfzig Meter tiefer sieht man einen Betonboden mit großen Pallen.
    Eine Plane schlägt im Wind, und das Scheinwerferlicht eines Krans schwenkt über die senkrechten Wände des Trockendocks. Plötzlich sieht Simone, dass dort unten jemand hinter einem Betonblock hockt.
    Kennet merkt, dass sie stehen geblieben ist und dreht sich fragend um. Wortlos zeigt sie hinab.
    Die zusammengekauerte Gestalt rückt aus dem Lichtkegel des Krans.
    Kennet und Simone rennen zu einer schmalen Treppe an der Wand. Die Gestalt steht auf und läuft unter ihnen auf etwas zu, das wie eine Tür aussieht. Kennet hält sich am Geländer fest, läuft die steilen Stufen hinunter, rutscht aus, fängt sich aber wieder. Es riecht schwer und stechend nach Metall, Rost und Regen. Dicht neben der Wand eilen sie weiter hinab und hören in der Tiefe des Trockendocks Schritte hallen.
    Der Boden des Docks ist nass, und Simone spürt kaltes Wasser in ihre Stiefel eindringen, sie friert.
    »Wo ist er hin?«, ruft sie.
    Kennet eilt zwischen den Pallen hin und her, die das Schiff an Ort und Stelle halten sollen, wenn das Wasser abgepumpt wird. Er zeigt dorthin, wo der Junge verschwunden ist. Es ist keine Tür, sondern eine Art Belüftungsschacht. Kennet lugt hinein, sieht aber nichts. Er ist außer Atem und wischt sich Stirn und Hals ab.
    »Komm jetzt da raus«, keucht er. »Es reicht.«
    Man hört ein schabendes und rhythmisches Geräusch. Kennet kriecht in den Schacht hinein.
    »Sei vorsichtig, Papa.«
    Es kracht, und die Schleusentore ächzen. Plötzlich zischt es ohrenbetäubend, und Simone begreift, was geschieht.
    »Er lässt das Wasser ein«, ruft sie.
    »Hier drinnen gibt es eine Leiter«, hört sie Kennet brüllen.
    Mit ungeheurem Druck spritzen dünne Strahlen eiskaltes Wasser durch den winzigen Spalt zwischen den Schleusentoren ins Trockendock. Es kracht weiter metallisch, und die Tore öffnen sich mehr und mehr. Wasser stürzt herein. Simone rennt zur Treppe, muss sich aber schon durch knietiefes, eisig kaltes Wasser vorankämpfen. Der Scheinwerfer der Containerbrücke flackert über die unebenen Felswände. Strömungen und große Wirbel entstehen und ziehen sie nach hinten. Sie stößt gegen einen großen Metallbeschlag, und ihr Fuß wird vor Schmerz ganz taub. Schwarzes Wasser donnert in schweren Kaskaden herab. Sie ist den Tränen nah, als sie die steile Treppe erreicht und hinaufsteigt. Nach einigen Schritten dreht sie sich um. Sie kann ihren Vater in der Dunkelheit nirgendwo sehen. Das Wasser ist bereits bis über die Belüftungsöffnung in der Wand gestiegen. Es brüllt. Sie zittert am ganzen Leib, steigt weiter hoch. Die Atemzüge brennen in ihrer Lunge. Dann hört sie, dass das Tosen des rasenden Wassers an Stärke abnimmt. Die Tore schließen sich wieder, und es fließt kein Wasser mehr ins Dock. Die Hand, mit der sie sich am Metallgeländer festhält, ist ganz gefühllos geworden. Die Hose klebt vollgesogen und schwer an den Schenkeln. Oben angekommen, sieht sie Kennet auf der anderen Seite des

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