Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören
Nickes Haus die Tür öffnet. Er sieht die beiden sofort. Das Mädchen sitzt auf der Parkbank an dem asphaltierten Fußgängerweg hinter dem Haus, der zu einem schmalen Ausläufer des Ulfsundasees hinunterführt. Aida sieht ihren Bruder an. Nicke zeigt ihr etwas, und es sieht aus, als würde er es aus seinen Händen auf die Erde fallen lassen und dann wieder einfangen. Kennet bleibt kurz stehen und beobachtet die beiden. Etwas an ihrer Art, die Nähe des anderen zu suchen, lässt sie sehr einsam, sehr verlassen aussehen. Es ist fast sechs, die Lichter der Stadt spiegeln sich im dunklen Wasser zwischen den Mietshäusern.
Schwindel trübt für einen Moment Kennets Blick. Vorsichtig überquert er den glatten Weg und das mit Raureif überzogene Gras Richtung See.
»Hallo, ihr zwei«, sagt er.
Nicke blickt auf.
»Du bist das«, ruft er aus, läuft zu Kennet und umarmt ihn. »Aida«, sagt er aufgeregt, »Aida, das ist er, das ist der Mann, der so alt ist!«
Das Mädchen schenkt Nicke ein blasses und besorgtes Lächeln. Ihre Nasenspitze ist von der Kälte gerötet.
»Was ist mit Benjamin?«, fragt sie. »Habt ihr ihn gefunden?«
»Nein, noch nicht«, sagt Kennet, während Nicke lacht, ihn weiter umarmt und um ihn herumhüpft.
»Aida«, ruft Nicke, »er ist so alt, dass sie ihm seine Pistole abgenommen haben …«
Kennet setzt sich neben Aida auf die Bank. Die Bäume stehen dicht und kahl in düsteren Baumgruppen um sie herum.
»Ich bin gekommen, um euch zu erzählen, dass sich um Wailord gekümmert wird.«
Aida sieht ihn skeptisch an.
»Die anderen sind auch identifiziert worden«, sagt Kennet. »Es waren fünf Pokemon, stimmt’s? Birk Jansson hat alles gestanden, aber mit Benjamins Verschwinden hat er nichts zu tun.«
Nicke ist bei Kennets Worten stehen geblieben und starrt ihn mit offenem Mund an.
»Du hast Wailord besiegt?«, sagt er.
»Allerdings«, sagt Kennet energisch. »Er ist fort.«
Nicke beginnt, auf dem Fußweg zu tanzen. Sein massiger, erhitzter Körper dampft in der kalten Luft. Plötzlich hält er inne und betrachtet Kennet.
»Du bist das stärkste Pokemon, du bist Pikachú! Du bist Pikachú!«
Nicke umarmt Kennet glücklich, und Aida lacht mit überraschtem Gesicht.
»Aber was ist mit Benjamin?«, fragt sie.
»Diese Gang hat ihn nicht entführt, Aida. Sie mögen viel Mist gebaut haben, aber Benjamin haben sie definitiv nicht entführt.«
»Aber sie müssen es gewesen sein, sie müssen es gewesen sein.«
»Das glaube ich, ehrlich gesagt, nicht«, erwidert Kennet.
»Aber …«
Kennet zieht das Foto heraus, das Aida Benjamin geschickt hat.
»Du musst mir jetzt erzählen, was das für ein Ort ist«, sagt er zwar freundlich, aber streng.
Sie wird blass und schüttelt den Kopf.
»Ich habe geschworen, es nicht zu sagen«, erklärt sie leise.
»Wenn Lebensgefahr besteht, gelten solche Schwüre nicht mehr.«
Sie presst die Lippen zusammen und sieht fort. Nicke kommt zu ihnen und wirft einen Blick auf das Blatt.
»Das hat ihm seine Mama gegeben«, sagt er fröhlich.
»Nicke!«
Aida sieht ihn wütend an.
»Aber es stimmt doch«, sagt Nicke beleidigt.
»Wann wirst du endlich lernen, deinen Mund zu halten«, fährt Aida ihn an.
Kennet beruhigt die beiden.
»Sixan hat Benjamin das Foto gegeben? Was meinst du damit, Nicke?«
Aber Nicke sieht ängstlich Aida an, als würde er auf ihre Erlaubnis warten, Kennets Frage zu beantworten. Sie schüttelt den Kopf. Wo ihn das Auto getroffen hat, quälen Kennet pochende Kopfschmerzen.
»Du musst mir jetzt antworten, Aida«, sagt er, sich mühsam beherrschend. »Ich schwöre dir, dass es ein Fehler ist, in dieser Situation zu schweigen.«
»Aber das Foto hat doch gar nichts mit der Sache zu tun«, sagt sie gequält. »Ich habe Benjamin versprochen, es keinem Menschen zu erzählen, egal, was passiert.«
»Du sagst mir jetzt, was man auf dem Foto sieht!«
Kennet hört seine Stimme zwischen den Häusern widerhallen. Nicke sieht ängstlich und traurig aus. Aida presst ihre Lippen stur noch mehr zusammen. Kennet zwingt sich zur Ruhe. Er hört selbst, wie brüchig seine Stimme klingt, als er es ihr zu erklären versucht:
»Aida, hör mir zu. Wenn wir Benjamin nicht finden, wird er sterben. Er ist mein einziges Enkelkind. Ich muss wirklich jedem möglichen Hinweis nachgehen.«
Es wird vollkommen still. Dann dreht sich Aida zu ihm um und sagt resigniert und mit Tränen in der Stimme:
»Nicke hat es schon gesagt.«
Sie schluckt schwer, ehe sie
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