Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören

Titel: Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
Vom Netzwerk:
befreundet?«
    Er verzieht keine Miene.
    »Warum hast du denn nichts getan? Die hätten sie umbringen können!«
    Simone spürt das Adrenalin in ihrem Körper, den schnellen Puls in den Schläfen.
    »Ich habe dich was gefragt. Warum hast du nichts unternommen?«
    Sie starrt ihn an. Er antwortet immer noch nicht.
    »Idiot«, schreit sie.
    Der Junge entfernt sich langsam. Als sie ihm nachgeht, um ihn nicht entkommen zu lassen, stolpert er und lässt sein Kartenspiel fallen. Er murmelt etwas vor sich hin und schleicht die Rolltreppe hinunter. Simone macht kehrt, um sich um das kleine Mädchen zu kümmern, aber es ist verschwunden. Simone läuft den Gang zwischen leeren und unbeleuchteten Ladenlokalen hinunter, sieht aber weder das Mädchen noch einen der Jungen. Sie läuft noch etwas weiter und bemerkt plötzlich, dass sie direkt vor dem Tattoo-Studio steht. Die Schaufenster sind mit einem schwarzen, Blasen werfenden Plastikfilm und einer großen Abbildung des Fenriswolfs beklebt. Sie öffnet die Tür und tritt ein. Das Ladenlokal scheint leer zu sein. Die Wände hängen voller Fotos von Tattoos. Sie schaut sich um und will schon wieder gehen, als sie eine helle, aufgeregte Stimme hört:
    »Nicke? Wo bist du? Sag doch was.«
    Ein schwarzer Vorhang teilt sich, und ein Mädchen kommt mit einem Handy am Ohr heraus. Ihr Oberkörper ist nackt. Ein paar feine Tropfen Blut laufen ihren Hals herab. Ihr Gesicht ist konzentriert und besorgt.
    »Nicke«, sagt das Mädchen beherrscht ins Telefon. »Was ist passiert?«
    Ihre Brüste haben eine Gänsehaut, aber sie scheint keinen Gedanken daran zu verschwenden, dass sie halbnackt ist.
    »Dürfte ich Sie etwas fragen?«, sagt Simone.
    Das Mädchen verlässt das Geschäft und rennt los. Simone folgt ihr bis zur Tür, hört dann aber hinter sich jemanden.
    »Aida?«, ruft ein Junge mit ängstlicher Stimme.
    Sie dreht sich um und sieht, dass es Benjamin ist.
    »Wo ist Nicke?«, fragt er.
    »Wer?«
    »Aidas jüngerer Bruder, er ist geistig behindert. Hast du ihn draußen gesehen?«
    »Nein, ich …«
    »Er ist groß, trägt eine schwarze Sonnenbrille.«
    Simone tritt wieder in das Ladenlokal und setzt sich auf einen Stuhl.
    Aida kehrt mit ihrem Bruder zurück. Er bleibt vor der Tür stehen, nickt mit ängstlichen Augen zu allem, was sie sagt, und wischt sich die Nase ab. Das Mädchen tritt ein, bedeckt mit einer Hand ihre Brüste, geht an Simone und Benjamin vorbei, ohne sie anzusehen, und verschwindet hinter dem Vorhang. Simone sieht flüchtig, dass ihr Hals gerötet ist, weil man ihr neben einen kleinen Davidsstern eine dunkelrote Rose gestochen hat.
    »Was ist hier eigentlich los?«, fragt Benjamin.
    »Ich habe ein paar Jungen gesehen, die total übergeschnappt waren, sie hielten ein Mädchen über das Geländer. Aidas Bruder stand einfach nur da und …«
    »Hast du was zu ihnen gesagt?«
    »Als ich dazukam, haben sie aufgehört, aber es kam mir vor, als fänden sie das Ganze lustig.«
    Benjamin sieht sehr verlegen aus, sein Gesicht läuft rot an, seine Augen flackern, schweifen suchend umher, als würde er am liebsten davonlaufen.
    »Es gefällt mir nicht, dass du hier bist«, sagt Simone.
    »Ich mache, was ich will«, antwortet er.
    »Du bist zu jung, um …«
    »Hör auf«, unterbricht er sie mit gepresster Stimme.
    »Was denn? Hast du etwa auch vor, dich tätowieren zu lassen?«
    »Nein, das habe ich nicht.«
    »Ich finde diese Tätowierungen am Hals und im Gesicht furchtbar und …«
    »Mama«, unterbricht er sie.
    »Das ist hässlich.«
    »Aida kann dich hören.«
    »Aber ich finde trotzdem …«
    »Könntest du jetzt bitte gehen?«, unterbricht Benjamin sie schneidend.
    Sie sieht ihn an, denkt, dass sie diese Stimmlage von ihm nicht kennt, weiß aber im Grunde, dass sie und Erik immer öfter genauso klingen.
    »Du kommst jetzt mit mir nach Hause«, sagt sie ruhig.
    »Ich komme, wenn du zuerst gehst«, antwortet er.
    Simone verlässt das Tattoo-Studio und sieht, dass Nicke, die Arme vor der Brust verschränkt, an dem dunklen Fenster steht. Sie geht zu ihm, versucht, ihn freundlich anzusehen, und zeigt auf seine Pokemonkarten.
    »Alle mögen Pikachú am liebsten«, sagt sie.
    Er nickt vor sich hin.
    »Aber ich finde Mew schöner«, fährt sie fort.
    »Mew lernt Dinge«, sagt er zögernd.
    »Entschuldige bitte, dass ich dich angeschrien habe.«
    »Gegen Wailord kann man nichts machen, keiner kommt gegen ihn an, er ist der Größte«, fährt er fort.
    »Ist er der

Weitere Kostenlose Bücher