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Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören

Titel: Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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Baumwollslips. In der Kochnische stehen mehrere Pakete Schnellmakkaroni, Pestogläser, Konserven und eine Tüte mit Äpfeln. Auf dem Fußboden vor der Spüle und unter dem Küchentisch schimmern Besteckteile. Joona kehrt zur Eingangstreppe zurück, zeigt Kristina Andersson an, dass er hineingehen wird, öffnet die unverschlossene Tür und geht aus dem Weg, bekommt das Okay von Kristina Andersson, blickt hinein und tritt über die Schwelle.
    Erik sitzt im Wagen und kann auf die Entfernung nur erahnen, was vorgeht. Er sieht Joona Linna gefolgt von einer Polizistin in dem braunen Haus verschwinden. Kurz darauf tritt der Kommissar wieder auf die Eingangstreppe hinaus. Drei Polizisten kommen um das Haus herum und bleiben davor stehen. Sie unterhalten sich, schauen auf eine Karte, zeigen zur Straße und zu den anderen Sommerhäusern. Joona scheint einem der anderen etwas im Haus zeigen zu wollen. Alle begleiten ihn, und der letzte schließt die Tür hinter sich, damit das Haus nicht auskühlt.
    Plötzlich sieht Erik jemanden zwischen den Bäumen stehen, wo der Boden zum Sumpf hin abfällt. Es ist eine schlanke Frau mit einem Gewehr in der Hand, einer Schrotflinte. Der glänzende Doppellauf schleift über die Erde, als sie sich Richtung Haus in Bewegung setzt. Erik sieht die Waffe sanft gegen Blaubeersträucher und Moos schlagen.
    Die Polizisten haben die Frau nicht gesehen, und sie hat keine Chance gehabt, die Beamten wahrzunehmen. Erik wählt Joonas Handynummer. Das Telefon klingelt im Auto, es liegt neben ihm auf dem Fahrersitz.
    Ohne Hast geht die Frau zwischen den Bäumen, das Gewehr baumelt in ihrer Hand. Erik erkennt, dass eine gefährliche Situation entstehen könnte, wenn die Polizei und die Frau einander überraschen. Er steigt aus dem Wagen, läuft zur Einfahrt und geht dann gemächlich weiter.
    »Hallo«, ruft er.
    Die Frau bleibt stehen und dreht sich zu ihm um.
    »Ziemlich kühl heute«, sagt er leise.
    »Bitte?«
    »Im Schatten ist es kalt«, sagt er lauter.
    »Ja«, antwortet sie.
    »Sind Sie neu hier?«, fragt er und bewegt sich weiter auf sie zu.
    »Nein, meine Tante hat mir erlaubt, in ihrem Haus zu wohnen.«
    »Sonja ist Ihre Tante?«
    »Ja«, antwortet sie lächelnd.
    Erik tritt zu ihr.
    »Was jagen Sie?«
    »Hasen«, antwortet sie.
    »Darf ich Ihre Flinte mal sehen?«
    Sie klappt das Gewehr auf und reicht es ihm. Ihre Nasenspitze ist rot. In ihren sandfarbenen Haaren hängen trockene Kiefernnadeln.
    »Evelyn«, sagt er ruhig. »Es sind ein paar Polizisten hier, die mit Ihnen sprechen wollen.«
    Sie wirkt besorgt und weicht einen Schritt zurück.
    »Wenn Sie einen Moment Zeit haben«, sagt er lächelnd.
    Sie nickt schwach, und Erik ruft zum Haus. Joona kommt mit gereizter Miene heraus, um ihn in den Wagen zurückzukommandieren. Als er die Frau sieht, erstarrt er für den Bruchteil einer Sekunde.
    »Das ist Evelyn«, sagt Erik und reicht dem Kommissar das Gewehr.
    »Hallo«, sagt Joona.
    Die Frau wird blass und sieht aus, als könnte sie jeden Moment bewusstlos werden.
    »Ich muss mit Ihnen reden«, erklärt Joona ernst.
    »Nein«, flüstert sie.
    »Kommen Sie bitte ins Haus.«
    »Ich will nicht.«
    »Sie möchten nicht hineingehen?«
    Evelyn wendet sich an Erik:
    »Muss ich?«, fragt sie mit zitterndem Mund.
    »Nein«, antwortet er. »Entscheiden Sie selbst.«
    »Kommen Sie bitte mit«, sagt Joona.
    Sie schüttelt den Kopf, begleitet ihn aber dennoch ins Haus.
    »Ich warte draußen«, sagt Erik.
    Er geht ein Stück die Einfahrt hinunter. Der Kies ist von Nadeln und braunen Zapfen bedeckt. Er hört Evelyn durch die Wände des Hauses schreien. Ein einziger Schrei. Er klingt einsam und verzweifelt. Ein Ausdruck unfassbaren Verlusts. Aus seiner Zeit in Uganda kennt er ihn nur zu gut.
     
    Evelyn sitzt auf dem Cordsofa. Sie hat beide Hände zwischen die Oberschenkel geklemmt, und ihr Gesicht ist leichenblass. Sie hat gerade erfahren, was mit ihrer Familie passiert ist. Das Foto in dem Rahmen, der einem Fliegenpilz ähnelt, liegt auf dem Fußboden. Ihre Mutter und ihr Vater sitzen auf etwas, das eine Hollywoodschaukel sein könnte. Sie haben Evelyns kleine Schwester zwischen sich genommen. Die Eltern blinzeln im grellen Sonnenlicht, während die Brille der Schwester weiß leuchtet.
    »Mein aufrichtiges Beileid«, sagt Joona gedämpft.
    Ihr Kinn zittert.
    »Meinen Sie, Sie könnten uns helfen zu verstehen, was passiert ist?«, fragt er.
    Der Stuhl knackt unter Joonas Gewicht. Er wartet einen Moment und spricht

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