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Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören

Titel: Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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er.
    Josef nickt sachte.
    »Weißt du, warum ich hier bin?«
    Josef öffnet die Augen und schüttelt langsam den Kopf. Joona wartet und beobachtet sein Gesicht.
    »Es hat einen Unfall gegeben«, sagt Josef. »Meine Familie hatte einen Unfall.«
    »Hat dir keiner erzählt, was passiert ist?«, fragt Joona.
    »Ein bisschen vielleicht«, antwortet der Junge schwach.
    »Er weigert sich, mit Psychologen und Therapeuten zu sprechen«, erläutert die Sozialarbeiterin.
    Joona denkt daran, wie anders Josefs Stimme während der Hypnose geklungen hat. Nun ist sie auf einmal zart, kaum zu hören und stets fragend.
    »Ich glaube, dass du weißt, was passiert ist.«
    »Du brauchst darauf nicht zu antworten«, sagt Lisbet Carlén schnell.
    »Du bist jetzt fünfzehn«, fährt Joona fort.
    »Ja.«
    »Was hast du an deinem Geburtstag gemacht?«
    »Ich erinnere mich nicht«, sagt Josef.
    »Hast du Geschenke bekommen?«
    »Ich habe ferngesehen«, antwortet Josef.
    »Bist du zu Evelyn gefahren?«, fragt Joona neutral.
    »Ja.«
    »Zu ihrer Wohnung?«
    »Ja.«
    »War sie da?«
    »Ja.«
    Schweigen.
    »Nein, war sie nicht«, korrigiert Josef sich zögernd.
    »Und wo war sie?«
    »Im Sommerhaus«, antwortet er.
    »Ist es ein schönes Sommerhaus?«
    »Schön nicht … aber ganz gemütlich.«
    »Hat sie sich gefreut?«
    »Wer?«
    »Evelyn.«
    Schweigen.
    »Hast du ihr etwas mitgebracht?«
    »Eine Torte.«
    »Eine Torte? War sie lecker?«
    Er nickt.
    »Fand Evelyn sie auch lecker?«, fährt Joona fort.
    »Sie soll nur das Beste bekommen«, sagt er.
    »Hat sie dir was geschenkt?«
    »Nein.«
    »Aber sie hat vielleicht gesungen für …«
    »Sie wollte mir mein Geschenk nicht geben«, sagt er verletzt.
    »Hat sie das gesagt?«
    »Ja, das hat sie«, antwortet er schnell.
    »Warum nicht?
    Schweigen.
    »War sie wütend auf dich?«, fragt Joona.
    Er nickt.
    »Wollte sie, dass du etwas tust, was du nicht tun konntest?«, fährt Joona ruhig fort.
    »Nein, sie …«
    Josef flüstert den restlichen Satz.
    »Ich verstehe dich nicht, Josef.«
    Er flüstert weiter. Joona geht näher heran, versucht, die Worte zu verstehen und beugt sich über den Jungen.
    »Dieses miese Dreckschwein!«, brüllt Josef ihm ins Ohr.
    Joona weicht zurück, geht um das Bett herum, streicht sich übers Ohr und versucht zu lächeln. Josefs Gesicht ist aschfahl, als er zischt:
    »Ich werde diesen verdammten Hypnotiseur aufspüren und ihm die Kehle durchbeißen, jagen werde ich sie, ihn und seine …«
    Die Sozialarbeiterin eilt zum Bett und versucht, das Aufnahmegerät auszuschalten.
    »Josef! Du hast das Recht zu schweigen …«
    »Mischen Sie sich nicht ein«, unterbricht Joona sie.
    Sie sieht ihn empört an und sagt mit zittriger Stimme:
    »Vor Beginn der Vernehmung hätten Sie ihn darüber aufklären müssen, dass …«
    »Nein, Sie irren sich, das steht in keinem Gesetz«, erläutert Joona mit erhobener Stimme. »Er hat das Recht zu schweigen, das ist wahr, aber es steht nirgendwo, dass ich ihn über dieses Recht informieren muss.«
    »Dann entschuldigen Sie.«
    »Schon gut«, murmelt Joona und wendet sich wieder Josef zu. »Warum bist du so wütend auf den Hypnotiseur?«
    »Ich muss deine Fragen nicht beantworten«, sagt Josef und versucht, auf die Sozialarbeiterin zu zeigen.

17.
     
    Freitagmorgen, der elfte Dezember
     
     
     
     
     
    Erik läuft die Treppen hinunter und aus dem Haus. Auf dem Sveavägen bleibt er stehen. Er spürt, dass sich der Schweiß auf seinem Rücken abkühlt. Vor lauter Angst ist ihm schlecht, und er begreift nicht, wie er so dumm sein kann, Simone von sich zu stoßen, nur weil er verletzt ist. Langsam geht er Richtung Odenplan und setzt sich vor der Stadtbücherei auf eine Bank. Die Luft ist kalt, ein Mann schläft ein Stück entfernt unter dicken Deckenstapeln.
    Erik steht auf und macht sich wieder auf den Heimweg, kauft Brot in einer Steinofenbäckerei und für Simone einen Latte macchiato. Er hastet zurück und eilt mit großen Sätzen die Treppen hinauf. Er schließt auf und erkennt augenblicklich, dass die Wohnung verwaist ist. Ich werde Simone beweisen, dass sie mir vertrauen kann, denkt Erik. Es ist egal, wie lange es dauert, ich werde sie überzeugen. Er steht am Küchentisch und trinkt den Kaffee, ihm ist übel, und er sucht nach einer Kapsel Losec.
    Es ist erst neun Uhr. Seine Schicht im Krankenhaus beginnt in ein paar Stunden. Er nimmt sich ein Buch und legt sich ins Bett. Doch statt zu lesen, wandern seine Gedanken zu

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