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Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören

Titel: Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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seine Schwester gewohnt hat?«
    »Da sind mehrmals Leute von uns gewesen, aber du und ich könnten natürlich trotzdem hinfahren und nachsehen.«
    Sie verstummen mit nachdenklichen, nach innen gekehrten Blicken. Es raschelt im Briefeinwurf, und eine verspätete Tageszeitung wird hineingepresst und plumpst in den Flur. Keiner der beiden rührt sich. Weiter unten klappern andere Briefeinwürfe, dann wird die Tür zur Straße geöffnet.
    Auf einmal stellt Kennet den Polizeifunk lauter. Ein Funkruf wird übermittelt. Jemand antwortet, verlangt Informationen. Knappe Sätze werden ausgetauscht, Simone versteht, dass es um eine Frau geht, die in der Nachbarwohnung Schreie gehört hat. Ein Streifenwagen wird zu der Adresse geschickt. Im Hintergrund lacht jemand und setzt zu einem längeren Vortrag darüber an, warum sein erwachsener Bruder immer noch zu Hause wohnt und jeden Morgen seine Butterbrote geschmiert bekommt. Kennet stellt wieder leiser.
    »Ich setze Kaffee auf«, sagt Simone.
    Aus seiner militärgrünen Stofftasche zieht Kennet einen Straßenatlas über den Großraum Stockholm. Ehe er das Buch aufschlägt, räumt er die Kerzenständer vom Tisch und stellt sie ins Fenster. Simone steht hinter ihm und betrachtet das wirre Netz aus Straßen, Zuglinien und Busverbindungen, die einander in roten, blauen, grünen und gelben Farben kreuzen. Wälder und geometrische Vorortsysteme.
    Kennets Finger folgt einer gelben Straße südlich von Stockholm, die an den Vororten Älvsjö, Huddinge, Tullinge vorbei bis Tumba führt. Gemeinsam studieren sie die Seite über Tumba und Salem. Es ist die blasse Karte einer alten Bahnhofssiedlung, die ein neues Einkaufszentrum an der S-Bahn-Station bekommen hat. Sie können die auf dem Reißbrett geplante Bequemlichkeit mit Hochhäusern und Geschäften, Kirche, Bank und Alkoholgeschäft anhand der Karte ablesen. Um diesen Ortskern verzweigen sich Reihenhäuser und Siedlungen mit Einfamilienhäusern. Nördlich der Ortschaft liegen einige strohgelbe Äcker, auf die nach einigen Kilometern Wälder und Seen folgen.
    Kennet liest die Straßennamen der Reihenhaussiedlung und kreist einen Punkt zwischen den schmalen Rechtecken ein, die parallel liegen wie Rippen.
    »Wo zum Teufel bleibt der Kurier?«, murrt Kennet.
    Simone gießt Kaffee in zwei Tassen und stellt für ihren Vater ein Paket mit Würfelzucker auf den Tisch.
    »Wie konnte er in die Wohnung kommen?«, fragt Simone.
    »Josef Ek? Nun, entweder hatte er einen Schlüssel, oder jemand hat ihm die Tür geöffnet.«
    »Lässt sich das Schloss nicht mit einem Dietrich öffnen?«
    »Nicht dieses, das ist zu schwierig, da wäre es viel einfacher gewesen, die Tür aufzubrechen.«
    »Sollen wir uns Benjamins Computer ansehen?«
    »Das hätten wir längst tun sollen. Ich habe kurz daran gedacht, es dann aber wieder vergessen, ich werde wohl allmählich ein bisschen müde«, sagt Kennet.
    Simone fällt auf einmal auf, wie alt er aussieht. Nie zuvor hat sie über sein Alter nachgedacht. Er sieht sie mit traurigem Mund an.
    »Versuch zu schlafen, während ich den Computer checke«, sagt sie.
    »Nein, verdammt.«
    Als Simone und Kennet in Benjamins Zimmer gehen, kommt es ihnen vor, als wäre es nie bewohnt gewesen. Benjamin ist plötzlich furchtbar weit weg.
    Simone spürt, dass ihre panische Angst eine neue Welle der Übelkeit in ihrem Magen aufsteigen lässt. Sie muss immer wieder schlucken. In der Küche steht das Polizeifunkgerät und rauscht, piepst und schnurrt. Hier in der Dunkelheit wartet der Tod als schwarze Abwesenheit, als ein Mangel, von dem sie sich nie mehr erholen wird.
    Sie schaltet den Computer ein, und der Bildschirm blitzt auf, und Lämpchen gehen an, der Ventilator dreht sich, und die Festplatte rattert Kommandos. Als die Willkommensmelodie des Betriebssystems ertönt, ist es, als würde ein Stück von Benjamin zurückkehren.
    Sie setzen sich und klicken auf das Minibild von Benjamins Gesicht, um sich einzuloggen.
    »Wir werden langsam und systematisch vorgehen, Kleines«, sagt Kennet. »Wir fangen mit den Mails an und …«
    Er verstummt, als der Computer ein Passwort verlangt.
    »Versuch es mit seinem Namen«, sagt Kennet.
    Sie schreibt Benjamin, aber der Name wird nicht angenommen. Sie schreibt Aida, dreht die Namen um, setzt sie zusammen. Schreibt Bark, Benjamin Bark, errötet, als sie es mit Simone und Sixan probiert, versucht es mit Erik und den Namen der Musiker, die Benjamin hört, Sexsmith, Ane Brun, Rory Gallagher,

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