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Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören

Titel: Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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Meinung«, widerspricht Joona.
    »Nur wenn das Eintreiben der Geldschulden mit organisierter Kriminalität zusammenhängt, Joona.«
    »Hier ging es nicht darum, Geld einzutreiben.«
    »Nicht?«
    »Der Mörder hat zuerst den Mann angegriffen«, stellt Joona fest. »Danach ist er zu dem Reihenhaus gefahren, um mit der Familie weiterzumachen. Er wollte die ganze Familie ermorden, er wird auch noch die erwachsene Tochter und den Jungen finden, falls der überlebt.«
    Carlos wirft einen kurzen Blick auf sein Aquarium, als befürchtete er, dass seinen Fischen etwas Furchtbares zu Ohren kommen könnte.
    »So, so«, sagt er skeptisch. »Und woher weißt du das?«
    »Die Schritte im Blut waren im Haus kürzer.«
    »Wie meinst du das?«
    Joona beugt sich vor und sagt:
    »Es waren natürlich überall Fußabdrücke, und ich habe die Schritte auch nicht ausgemessen, aber die in der Umkleide kamen mir … nun ja, frischer vor, die Schritte im Haus waren müder.«
    »Jetzt geht das wieder los«, sagt Carlos matt. »Jetzt fängst du wieder an, die Dinge komplizierter zu machen, als sie sind.«
    »Aber ich habe Recht«, erwidert Joona.
    Carlos schüttelt den Kopf.
    »Ich glaube, diesmal irrst du dich.«
    »Nein, ich habe Recht.«
    Carlos wendet sich den Fischen zu und sagt:
    »Dieser Joona Linna ist der sturste Mensch, dem ich je begegnet bin.«
    »Aber was passiert, wenn man nachgibt, obwohl man weiß, dass man Recht hat?«
    »Nur, weil du so ein Gefühl hast, kann ich dir nicht über Petters Kopf hinweg den Fall übergeben«, erklärt Carlos.
    »Doch.«
    »Alle glauben, dass es um die Eintreibung von Spielschulden geht.«
    »Du auch?«, fragt Joona.
    »Oh ja, allerdings.«
    »Die Spuren in der Umkleide waren kraftvoller, weil der Mann zuerst ermordet wurde«, beharrt Joona.
    »Du gibst wohl nie auf«, sagt Carlos. »Stimmt’s?«
    Joona zuckt mit den Schultern und lächelt.
    »Am besten rufe ich sofort in der Rechtsmedizin an«, murmelt Carlos und greift nach dem Telefon.
    »Sie werden dir sagen, dass ich Recht habe«, antwortet Joona mit gesenktem Blick.
    Joona Linna weiß, dass er ein sturer Mensch ist, aber er weiß auch, dass er seine Sturheit braucht, um weitermachen zu können. Vielleicht hat es mit Joonas Vater begonnen, Yrjö Linna, der Streifenpolizist im Polizeidistrikt Märsta war. Joonas ­Vater befand sich auf der alten Landstraße nach Uppsala, etwas nördlich des Löwenströmska-Krankenhauses, als bei der Einsatzzentrale ein Anruf einging und man ihn in den Hammarbyvägen in Upplands Väsby schickte. Ein Nachbar hatte die Polizei angerufen und gemeldet, dass Olssons Kinder mal wieder Prügel bezogen. 1979 hatte Schweden als erstes Land der Welt die körperliche Züchtigung von Kindern unter Strafe gestellt, und die Landeskriminalpolizei hatte die örtlichen Polizeikräfte angewiesen, das neue Gesetz ernst zu nehmen. Yrjö Linna fuhr mit seinem Streifenwagen auf den Hof und hielt vor der Haustür. Er wartete auf seinen Kollegen Jonny Andersen. Wenige Minuten später meldete sich der Kollege über Funk. Jonny stand vor einer Würstchenbude an und meinte, dass ein Mann auch mal zeigen dürfe, wer der Herr im Haus ist. Yrjö Linna war ein schweigsamer Mensch. Er wusste, dass die Dienstvorschriften bei einem Einsatz dieser Art vorsahen, dass man zu zweit war, aber er bestand nicht darauf. Er sagte nichts, obwohl er wusste, dass er ein Recht auf Unterstützung hatte. Er wollte nicht meckern, wollte nicht feige wirken und konnte nicht länger warten. Yrjö Linna stieg die Treppen in den dritten Stock hinauf und klingelte. Ein Mädchen öffnete ihm mit ängstlichen Augen die Tür. Er bat sie, im Treppenhaus zu warten, aber die Kleine schüttelte nur den Kopf und lief in die Wohnung. Yrjö Linna folgte ihr und gelangte ins Wohnzimmer. Das Mädchen hämmerte gegen die Tür zum Balkon. Yrjö entdeckte, dass dort draußen ein kleiner Junge stand, der nur mit einer Windel bekleidet war. Er schien etwa zwei Jahre alt zu sein. Yrjö eilte quer durch den Raum, um das Kind hereinzulassen und entdeckte deshalb zu spät den betrunkenen Mann, der vollkommen regungslos hinter der Tür auf der Couch saß und das Gesicht dem Balkon zugewandt hatte. Yrjö musste beide Hände einsetzen, um die Sperre lösen und gleichzeitig die Klinke herabdrücken zu können. Erst als er das Klicken der Schrotflinte hörte, hielt er inne. Der Schuss fiel, und ein Schwarm von sechsunddreißig kleinen Bleikugeln traf seinen Rücken. Er war auf der Stelle

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