Der Idiot
soll.«
»Sie haben kein Recht ... ich ... bin nicht naiv ... das ...«, stotterte Burdowski aufgeregt.
»Sie haben keinerlei Berechtigung, solche Vermutungen auszusprechen«, fügte, für ihn eintretend, Lebedjews Neffe hinzu.
»Das ist im höchsten Grade beleidigend!« kreischte Ippolit. »Eine
beleidigende, lügenhafte Vermutung, die gar nicht zur Sache gehört.«
»Verzeihung, meine Herren, Verzeihung!« entschuldigte sich der Fürst
eilig; »bitte, verzeihen Sie! Ich habe es nur deswegen gesagt, weil ich
meine, es würde wohl das beste sein, wenn wir gegeneinander völlig
aufrichtig wären; aber wie Sie wollen; ganz wie Sie wollen! Ich sagte
zu Herrn Tschebarow, da ich nicht in Petersburg sei, so würde ich
unverzüglich einem Freund zur Erledigung der Angelegenheit Vollmacht
erteilen und Sie, Herr Burdowski, davon benachrichtigen. Ich sage Ihnen
geradeheraus, meine Herren, daß mir diese Sache als eine arge Gaunerei
erschien, eben deshalb, weil dieser Tschebarow dabei beteiligt war ...
Oh, fühlen Sie sich nicht beleidigt, meine Herren! Um Gottes willen,
fühlen Sie sich nicht beleidigt!« rief der Fürst erschrocken, da er
sah, daß Burdowski wieder eine gekränkte, empörte Miene machte und
seine Freunde sich anschickten, aufgeregt zu protestieren. »Es kann
sich doch nicht auf Sie persönlich beziehen, wenn ich sage, daß ich die
Sache für eine Gaunerei hielt! Ich kannte ja damals niemand von Ihnen
persönlich, nicht einmal Ihre Namen; ich urteilte nur nach dem
Eindruck, den mir Tschebarow machte; ich sage das überhaupt, weil ...
Wenn Sie wüßten, wie schrecklich ich betrogen worden bin, seitdem ich
die Erbschaft gemacht habe!«
»Fürst, Sie sind furchtbar naiv«, bemerkte Lebedjews Neffe spöttisch.
»Und dabei ein Fürst und ein Millionär! Trotz Ihres vielleicht
wirklich guten, schlichten Herzens können Sie dem allgemeinen Gesetz
natürlich doch nicht entgehen«, äußerte Ippolit.
»Möglich, gut möglich, meine Herren«, erwiderte der Fürst rasch,
»obwohl ich nicht verstehe, von welchem allgemeinen Gesetz Sie reden.
Aber ich fahre fort; fühlen Sie sich nur nicht so ganz ohne Grund
beleidigt; ich schwöre Ihnen, die Absicht, Sie zu kränken, liegt mir
absolut fern. Und in der Tat, was soll denn das vorstellen, meine
Herren: man kann ja kein einziges offenes Wort sagen, gleich fühlen Sie
sich beleidigt! Erstens war ich also höchst erstaunt, daß ein ›Sohn
Pawlischtschews‹ existierte, und zwar in so schrecklicher Lage, wie sie
mir Tschebarow schilderte. Pawlischtschew war mein Wohltäter gewesen
und der Freund meines Vaters. (Ach, warum haben Sie in Ihrem Artikel
eine solche Unwahrheit über meinen Vater geschrieben, Herr Keller? Er
hat sich keine Veruntreuung von Kompaniegeldern und keine ungerechte
Behandlung Untergebener zuschulden kommen lassen; davon bin ich fest
überzeugt; wie haben Sie nur die Hand dazu rühren mögen, eine solche
Verleumdung niederzuschreiben?) Und das, was Sie über Pawlischtschew
geschrieben haben, ist doch geradezu unerhört: Sie nennen diesen
edelsten aller Menschen einen Lüstling, einen Leichtsinnigen, mit einer
solchen Kühnheit und Sicherheit, als ob Sie wirklich die Wahrheit
sagten; und dabei war er der sittenreinste Mensch, der je auf der Welt
gelebt hat! Er war sogar ein sehr achtbarer Gelehrter, stand mit vielen
in der Wissenschaft hochangesehenen Männern in Briefwechsel und gab
viel Geld zur Beförderung wissenschaftlicher Zwecke aus. Was aber sein
Herz und seine guten Taten anlangt, oh, da haben Sie allerdings ganz
richtig geschrieben, daß ich damals beinah ein Idiot war und nichts
ordentlich verstehen konnte (wiewohl ich doch Russisch zu sprechen und
zu verstehen imstande war); aber alles, woran ich mich jetzt erinnere,
vermag ich doch ganz gut in seinem Wert zu beurteilen ...«
»Erlauben Sie«, kreischte Ippolit, »wird das auch nicht allzu
gefühlvoll werden? Wir sind keine Kinder. Sie wollten direkt zur Sache
kommen; es ist bald zehn Uhr; vergessen Sie das nicht!«
»Schön, schön, meine Herren!« stimmte ihm der Fürst sogleich bei.
»Nach der ersten Regung von Mißtrauen sagte ich mir, daß ich mich doch
irren könne, und daß Pawlischtschew vielleicht wirklich einen Sohn
habe. Aber in großes Erstaunen versetzte mich der Umstand, daß dieser
Sohn das Geheimnis seiner Geburt so leichtfertig, das heißt, ich will
sagen, so öffentlich preisgibt, und vor allem, daß er seine Mutter
verunehrt. Schon damals nämlich suchte mich Tschebarow
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