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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michailowitsch Dostojewski
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Freunde Protest einlegte, so
erachte ich es für nötig, Ihnen, meine Herrschaften, zu bemerken, daß
dieser Protest lediglich bezweckte, unser Recht zu wahren, daß uns aber
im Grunde die Anwesenheit von Zeugen sogar erwünscht ist, und daß wir
vorhin, noch ehe wir hereinkamen, alle vier damit einverstanden waren.
Mögen diese Zeugen sein, wer sie wollen, sogar Ihre Freunde; aber da
sie nicht umhin können werden, Burdowskis Recht anzuerkennen (denn es
ist so sicher wie ein mathematischer Lehrsatz), so ist es sogar am
besten, wenn diese Zeugen Ihre Freunde sind; um so deutlicher wird die
Wahrheit ans Licht treten.«
    »Das ist richtig; wir sind damit einverstanden gewesen«, bestätigte
Lebedjews Neffe. »Warum machten Sie denn dann vorhin gleich bei den
ersten Worten ein solches Geschrei und einen solchen Lärm, wenn Ihnen
das selbst erwünscht war?« fragte der Fürst erstaunt.
    »Was diesen Artikel betrifft, Fürst«, griff nun der Boxer in die
Debatte ein, der den dringenden Wunsch hatte, zu Worte zu kommen, und
sich in einer angenehmen Erregung befand (man konnte vermuten, daß die
Anwesenheit der Damen stark auf ihn wirkte), »was diesen Artikel
betrifft, so bekenne ich, daß ich tatsächlich der Verfasser bin,
wiewohl mein kränklicher Freund, dem ich in Anbetracht seines
Schwächezustandes vieles zugute zu halten pflege, ihn soeben scharf
kritisiert hat. Aber ich habe ihn verfaßt und ihn in dem Journal eines
guten Freundes in Gestalt eines Beitrages drucken lassen. Nur die Verse
sind nicht von mir, sondern stammen tatsächlich aus der Feder eines
bekannten Humoristen. Meinem Freund Burdowski habe ich den Artikel nur
vorgelesen, und zwar nicht vollständig, und habe sogleich von ihm seine
Einwilligung zum Druck erhalten; indes werden Sie selbst zugeben
müssen, daß ich ihn auch ohne seine Einwilligung hätte drucken lassen
können. Die Öffentlichkeit ist ein allgemeines, edles, wohltätiges
Recht. Ich hoffe, daß Sie selbst, Fürst, fortschrittlich genug denken,
um dies nicht in Abrede zu stellen ...«
    »Ich werde das nicht in Abrede stellen; aber Sie müssen selbst sagen, daß in Ihrem Artikel ...«
    »Sie wollen sagen: er ist etwas scharf gehalten? Aber es handelt
sich hier, wie Sie werden zugeben müssen, sozusagen um das Gemeinwohl;
und kann man denn schließlich eine so ausgezeichnete Gelegenheit
unbenutzt lassen? Schlimm für die Schuldigen; aber das Gemeinwohl geht
über alles. Was einige Ungenauigkeiten, sozusagen Hyperbeln anlangt, so
werden Sie auch dies zugeben müssen, daß das Wichtigste der leitende
Gedanke ist, der Zweck und die Absicht. Wichtig ist, daß ein Einzelfall
als wohltätig wirkendes Beispiel benutzt wird; um Privatinteressen
können wir uns erst in zweiter Linie kümmern. Und schließlich handelt
es sich hier um den Stil; es ist dies sozusagen eine Aufgabe für
humoristische Darstellung. Und schließlich ... schreiben doch alle so,
wie Sie selbst werden zugeben müssen! Haha!«
    »Aber ich muß sagen: Sie haben da doch einen ganz wahrheitswidrigen
Weg eingeschlagen, meine Herren!« rief der Fürst. »Sie haben den
Artikel in der Voraussetzung drucken lassen, ich würde mich um keinen
Preis bereitfinden lassen, Herrn Burdowski zufriedenzustellen, und Sie
müßten mir darum einen Schreck einjagen und an mir Ihr Mütchen kühlen.
Aber woher wußten Sie denn das? Ich habe mich vielleicht dafür
entschieden, Herrn Burdowski zufriedenzustellen. Ich sage Ihnen jetzt
geradeheraus und vor all diesen Zeugen, daß ich ihn zufriedenstellen
werde ...«
    »Nun, das ist endlich einmal ein verständiges, edles Wort eines verständigen, edlen Menschen!« erklärte der Boxer.
    »O Gott!« rief Lisaweta Prokofjewna unwillkürlich.
    »Das ist nicht mehr zu ertragen«, murmelte der General.
    »Erlauben Sie, meine Herren, erlauben Sie, ich werde Ihnen die Sache
auseinandersetzen«, bat der Fürst. »Vor fünf Wochen erschien bei mir in
S. ein Herr Tschebarow, Ihr Bevollmächtigter und Vertreter, Herr
Burdowski. Sie haben in Ihrem Artikel eine sehr schmeichelhafte
Schilderung von ihm gegeben, Herr Keller«, wandte sich der Fürst, auf
einmal auflachend, an den Boxer; »aber mir gefiel er ganz und gar
nicht. Ich war mir gleich bei der ersten Begegnung darüber klar, daß
dieser Tschebarow die Haupttriebfeder bei der ganzen Angelegenheit
bildet, und daß er wohl derjenige ist, der Sie, Herr Burdowski, unter
Ausnutzung Ihrer Naivität zu diesem ganzen Vorgehen angestiftet hat,
wenn ich offen reden

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