Der Idiot
durch den
Hinweis auf eine Veröffentlichung einzuschüchtern ...«
»Was für eine Dummheit!« rief Lebedjews Neffe.
»Sie haben kein Recht ... Sie haben kein Recht!« schrie Burdowski.
»Der Sohn ist für die Liederlichkeit seines Vaters nicht
verantwortlich, und die Mutter trägt keine Schuld«, kreischte Ippolit
sehr erregt.
»Um so mehr verdiente sie geschont zu werden, möchte man meinen«, erwiderte der Fürst schüchtern.
»Sie sind nicht nur naiv, Fürst, sondern wohl einer stärkeren
Bezeichnung würdig«, bemerkte Lebedjews Neffe mit boshaftem Lächeln.
»Und welches Recht hatten Sie ...«, kreischte Ippolit mit ganz unnatürlicher Stimme.
»Keines, keines!« unterbrach ihn der Fürst eilig. »Darin haben Sie
recht, das erkenne ich an; aber jener Gedanke war mir damals ganz
unwillkürlich gekommen und ich sagte mir darauf sogleich selbst, daß
meine persönlichen Gefühle keinen Einfluß auf die Behandlung der Sache
haben dürften; denn wenn ich aus Dankbarkeit gegen Pawlischtschew eine
Verpflichtung anerkennen wolle, Herrn Burdowskis Forderungen zu
befriedigen, so müsse ich sie eben in jedem Fall befriedigen, das heißt
ohne Rücksicht darauf, ob ich gegen Herrn Burdowski von Hochachtung
erfüllt sei oder nicht. Ich habe hiervon nur deswegen zu reden
begonnen, meine Herren, weil es mir doch unnatürlich schien, daß ein
Sohn das Geheimnis seiner Mutter so vor aller Öffentlichkeit kundgibt
... Mit einem Wort: dies war der Hauptgrund, weswegen ich zu der
Überzeugung gelangte, dieser Tschebarow müsse eine Kanaille sein und
habe Herrn Burdowski durch Betrug zu dieser Gaunerei aufgehetzt.«
»Aber das ist ja nicht mehr zum Aushalten!« wurde von seiten seiner
Gäste gerufen, von denen einige sogar von den Stühlen aufsprangen.
»Meine Herren! Ich sagte mir daher, der unglückliche Herr Burdowski
müsse ein harmloser, unbehüteter Mensch sein, der sich leicht einem
beliebigen Gauner füge, und ich sei mithin um so mehr verpflichtet, ihm
als ›Pawlischtschews Sohn‹ zu helfen, und zwar erstens dadurch, daß ich
Herrn Tschebarow entgegenträte, zweitens dadurch, daß ich ihm in
aufrichtiger Freundschaft Mentordienste erwiese, und drittens durch
Auszahlung von zehntausend Rubeln, das heißt der ganzen Summe, die nach
meiner Berechnung Pawlischtschew für mich aufgewendet haben mag.«
»Wie? Nur zehntausend Rubel?« schrie Ippolit.
»Na, im Rechnen sind Sie nicht sehr stark, Fürst, oder vielleicht
auch sehr stark, obwohl Sie sich so naiv und harmlos stellen!« rief
Lebedjews Neffe.
»Ich gehe auf zehntausend nicht ein«, sagte Burdowski.
»Antip, nimm es an!« riet ihm der Boxer schnell, zwar flüsternd,
aber doch für alle vernehmlich, indem er sich über Ippolits Stuhllehne
hinweg von hinten zu ihm hinbog. »Nimm es an; nachher werden wir
weitersehen!«
»Hören Sie mal, Herr Myschkin«, kreischte Ippolit, »begreifen Sie
doch endlich, daß wir keine Dummköpfe sind, keine gemeinen Dummköpfe,
wie es wahrscheinlich alle Ihre Gäste von uns glauben, auch diese
Damen, die so entrüstet über uns lächeln, und besonders dieser noble
Herr« (er wies auf Jewgeni Pawlowitsch), »den ich natürlich nicht die
Ehre habe zu kennen, von dem ich aber wohl schon etwas gehört habe ...«
»Erlauben Sie, erlauben Sie, meine Herren, Sie haben mich wieder
nicht recht verstanden!« wandte sich der Fürst erregt zu ihnen.
»Erstens haben Sie, Herr Keller, in Ihrem Artikel mein Vermögen ganz
ungenau angegeben: ich habe keine Millionen erhalten; ich besitze
vielleicht nur ein Achtel oder ein Zehntel dessen, was Sie bei mir
voraussetzen; zweitens sind in der Schweiz gar nicht so enorme Summen
für mich ausgegeben worden: Schneider erhielt sechshundert Rubel
jährlich, und auch das nur in den ersten drei Jahren; auch hat
Pawlischtschew niemals hübsche Gouvernanten aus Paris geholt; das ist
wieder Verleumdung. Meines Erachtens beträgt der für mich gemachte
Aufwand erheblich weniger als zehntausend Rubel. Aber doch habe ich
diese Summe angesetzt, und Sie müssen selbst zugeben: da ich eine
Schuld zurückzahle, kann ich Herrn Burdowski schlechterdings nicht mehr
anbieten, selbst wenn ich ihn außerordentlich lieb hätte; ich kann es
schon aus Taktgefühl nicht, da ich ihm eben eine Schuld zurückzahle und
ihm nicht etwa ein Almosen zuwende. Ich weiß nicht, meine Herren, wie
Ihnen das unverständlich sein kann! Aber ich wollte das nachher alles
durch meine Freundschaft und durch meine tätige Teilnahme an
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