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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michailowitsch Dostojewski
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Iwanowitsch habe ihre
Empfindungen erraten; sie habe allerdings den Wunsch, wenn auch nicht
durch die Liebe, so doch durch den Besitz einer eigenen Familie ein
neues Leben zu beginnen und sich eines neuen Ziels bewußt zu werden;
aber was Gawrila Ardalionowitsch angehe, so könne sie in die ser
Hinsicht fast noch gar nichts sagen. Es habe ja freilich den Anschein,
daß er sie liebe, und sie fühle, daß es ihr möglich sein würde, auch
ihrerseits ihn liebzugewinnen, wenn sie auf die Beständigkeit seiner
Zuneigung vertrauen dürfe; aber auch wenn sie an seine Aufrichtigkeit
glauben wolle, sei er doch noch sehr jung; da sei es für sie schwer,
einen Entschluß zu fassen. Was ihr übrigens am meisten an ihm gefalle,
sei, daß er eifrig arbeite und allein die ganze Familie unterhalte. Sie
habe gehört, daß er ein energischer Mann sei, der seinen eigenen Wert
kenne, Karriere machen und sich vorwärtsbringen wolle. Sie habe auch
gehört, daß Nina Alexandrowna Iwolgina, Gawrila Ardalionowitschs
Mutter, eine vortreffliche, höchst achtungswerte Frau sei und seine
Schwester Warwara Ardalionowna ein sehr interessantes, energisches
Mädchen; sie habe viel über sie von Herrn Ptizyn gehört. Sie habe
gehört, daß die beiden Damen ihr unglückliches Schicksal heldenmütig
ertrügen; sie wünsche sehr, ihre Bekanntschaft zu machen; aber es sei
noch die Frage, ob diese sie freudig in ihre Familie aufnehmen würden.
Alles zusammengefaßt, sage sie nichts gegen die Möglichkeit dieser Ehe;
aber das bedürfe noch längerer Überlegung, und sie wünsche nicht, daß
man sie dränge. Was die fünfundsiebzigtausend Rubel anlange, so habe
sich Afanasi Iwanowitsch unnötigerweise soviel Mühe gegeben, darüber zu
reden. Sie kenne selbst den Wert des Geldes und werde die Summe
natürlich annehmen. Sie danke Afanasi Iwanowitsch für sein Zartgefühl,
daß er nicht nur Gawrila Ardalionowitsch gegenüber, sondern auch dem
General gegenüber nicht davon gesprochen habe, wiewohl eigentlich kein
Grund vorhanden sei, weshalb der erstere davon nicht vorher Kenntnis
haben solle. Wenn sie in seine Familie eintrete, so habe sie keinen
Anlaß, sich dieses Geldes zu schämen. Jedenfalls beabsichtige sie
nicht, irgend jemand wegen irgend etwas um Verzeihung zu bitten, und
wünsche, daß das alle wüßten. Sie werde Gawrila Ardalionowitsch nicht
eher heiraten, als bis sie die Überzeugung gewonnen habe, daß weder er
noch seine Angehörigen irgendwelche verheimlichten Ansichten über sie
hegten. Jedenfalls meine sie, daß sie an nichts eine Schuld trage; und
es wäre sehr gut, wenn Gawrila Ardalionowitsch erführe, in welcher
Art sie diese ganzen fünf Jahre hindurch in Petersburg gelebt, in
welchen Beziehungen sie während dieser Zeit zu Afanasi Iwanowitsch
gestanden und ob sie viel Vermögen angesammelt habe. Wenn sie
schließlich das Kapital jetzt annehme, so sehe sie es durchaus nicht
als eine Bezahlung für den Verlust ihrer jungfräulichen Ehre an, an dem
sie keine Schuld trage, sondern einfach als eine Entschädigung für das
Leben, das ihr dadurch verdorben worden sei.
    Sie geriet sogar (was übrigens nur natürlich war) bei all diesen
Auseinandersetzungen so in Hitze und Erregung, daß General Jepantschin
sehr zufrieden war und die Sache für erledigt hielt; aber Tozki, der
nun einmal ängstlich geworden war, traute dem Frieden auch jetzt noch
nicht ganz und fürchtete immer noch, es könnte unter den Blumen eine
Schlange verborgen sein. Dennoch begannen die Unterhandlungen;
derjenige Punkt, auf dem das ganze Manöver der beiden Freunde beruhte,
nämlich die Möglichkeit, Nastasja für Ganja zu interessieren, gewann
allmählich eine klarere, bestimmtere Gestalt, so daß selbst Tozki
manchmal anfing, an die Möglichkeit des Gelingens zu glauben.
Unterdessen sprach sich Nastasja Filippowna mit Ganja aus; Worte wurden
dabei allerdings nicht viele gewechselt, als ob ihr Schamgefühl dabei
gar zu sehr litte. Sie gestattete ihm, sie weiter zu lieben, erklärte
aber auf das bestimmteste, sie wolle sich in keiner Weise binden; sie
behalte sich bis zur Hochzeit (wenn es wirklich zur Hochzeit komme) das
Recht vor, nein zu sagen, sogar bis zur letzten Stunde; ganz dasselbe
Recht gestehe sie auch ihm zu. Bald darauf erfuhr Ganja durch einen
dienstfertigen Zufall, daß der Widerwille seiner ganzen Familie gegen
diese Ehe und gegen Nastasja Filippownas Person, der sich in
wiederholten häuslichen Szenen geäußert hatte, bereits mit vielen
Einzelheiten zu

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