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Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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bestimmter ausgedrückt, als sie hätte tun sollen. Allerdings war die Abendgesellschaft sehr eilig und sogar mit einer gewissen, anscheinend sehr unnötigen Erregung arrangiert worden, eben deshalb, weil in dieser Familie »alles anders zuging wie bei andern Leuten«. Dies erklärte sich aus Lisaweta Prokofjewnas Ungeduld, die »aus dem Zustand des Zweifelns herauszukommen« wünschte, und aus der heißen Sorge der beiden Elternherzen um das Glück ihrer Lieblingstochter. Außerdem beabsichtigte die alte Bjelokonskaja tatsächlich, bald wieder abzureisen; da aber ihre Protektion in der vornehmen Welt wirklich viel bedeutete und die Eltern hofften, daß sie dem Fürst wohlgesinnt sein werde, so rechneten sie darauf, daß die vornehme Welt Aglajas Bräutigam geradewegs aus den Händen der allmächtigen Alten entgegennehmen und folglich, wenn an ihm dies und das wunderlich sein sollte, es unter einer solchen Protektion weit weniger wunderlich erscheinen werde. Die Schwierigkeit bestand ja eben darin, daß die Eltern nicht imstande waren, selbst die Frage zu beantworten: »Ist bei dieser ganzen Sache etwas wunderlich, und wie weit geht dies? Oder ist überhaupt dabei nichts wunderlich?« Eine freundschaftliche, offenherzige Meinungsäußerung maßgebender, urteilsfähiger Personen wäre ihnen gerade in dem gegenwärtigen Augenblick erwünscht gewesen, wo infolge Aglajas Benehmen noch nichts definitiv entschieden war. Jedenfalls mußte man den Fürsten früher oder später in die vornehme Welt einführen, von der er auch nicht den geringsten Begriff hatte. Kurz und gut, sie beabsichtigten, ihn zu »zeigen«. Die in Aussicht genommene Gesellschaft sollte indes nur ganz einfach werden; es wurden nur »Freunde des Hauses« in ganz geringer Anzahl erwartet. Außer der alten Bjelokonskaja erwarteten sie noch eine Dame, die Gemahlin eines sehr hohen Würdenträgers. Von jüngeren Leuten rechnete man fast nur auf Jewgeni Pawlowitsch; er sollte als Begleiter der alten Bjelokonskaja erscheinen.
    Daß die alte Bjelokonskaja da sein werde, hatte der Fürst schon drei Tage vor der Abendgesellschaft gehört; von der Abendgesellschaft selbst aber erfuhr er erst tags zuvor. Er bemerkte selbstverständlich das geschäftige Gebaren der Familienmitglieder und durchschaute auch infolge einiger andeutenden, besorgten Gespräche, die diese mit ihm führten, daß sie hinsichtlich des Eindrucks, den er hervorbringen werde, Befürchtungen hegten. Aber die Jepantschins hatten sich sämtlich die Meinung gebildet, daß er bei seiner Harmlosigkeit nicht imstande sei zu erraten, daß sie sich über ihn beunruhigten, was sie doch alle bei seinem Anblick innerlich taten. Übrigens legte er dem bevorstehenden Ereignis wirklich keinerlei Bedeutung bei; er war mit etwas ganz anderem beschäftigt: Aglaja wurde von Stunde zu Stunde launenhafter und düsterer und das drückte ihn nieder. Als er erfuhr, daß auch Jewgeni Pawlowitsch erwartet wurde, freute er sich sehr und sagte, er habe ihn schon längst zu sehen gewünscht. Aus irgendeinem Grund mißfielen diese Worte allen; Aglaja verließ ärgerlich das Zimmer und benutzte erst spät am Abend, zwischen elf und zwölf Uhr, als der Fürst bereits fortging und sie ihn hinausbegleitete, die Gelegenheit, ihm ein paar Worte unter vier Augen zu sagen.
    »Ich würde wünschen, daß Sie morgen den ganzen Tag nicht zu uns kämen, sondern sich erst am Abend einfänden, wenn diese ... Gäste sich schon versammeln. Sie wissen wohl, daß Gäste bei uns sein werden?«
    Sie sprach ungeduldig und außerordentlich mürrisch; es war das erste Mal, daß sie diese Abendgesellschaft erwähnte. Für sie war der Gedanke an die Gäste fast unerträglich; das bemerkten alle. Vielleicht hatte sie große Lust, sich darüber mit ihren Eltern zu zanken; aber ihr Stolz und ihre Verschämtheit hinderten sie, davon anzufangen. Der Fürst erkannte sofort, daß auch sie um seinetwillen ihre Befürchtungen hatte (und es nicht eingestehen wollte, daß dies der Fall war), und wurde nun auch seinerseits ängstlich.
    »Ja, ich bin eingeladen«, antwortete er.
    Sie fand es offenbar schwierig, das Gespräch fortzusetzen.
    »Kann man mit Ihnen einmal im Ernst reden? Wenigstens einmal im Leben?« sagte sie, plötzlich in heftigen Zorn geratend, ohne selbst zu wissen worüber, und ohne sich beherrschen zu können.
    »O ja; ich werde Ihnen aufmerksam zuhören; ich freue mich sehr«, murmelte der Fürst.
    Aglaja schwieg wieder ein Weilchen und begann

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