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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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auch Sie sich weigern, dann wird auch aus unserem ganzen weiteren Spiel nichts werden, und das würde mir leid tun, da ich beabsichtige, zum Schluß etwas aus meinem eigenen Leben mitzuteilen, es aber erst nach Ihnen und Afanassij Iwanowitsch tun will, weil sie beide mir Mut machen müssen«, schloß sie lachend.
    »Oh, wenn Sie versprechen, sich ebenfalls zu beteiligen«, rief der General eifrig, »dann bin ich bereit, Ihnen meinetwegen meine ganze Lebensgeschichte vorzutragen, aber ich muß bekennen, ich habe in der Erwartung, daß ich an die Reihe kommen würde, mir bereits ein Geschichtchen zurechtgelegt...«
    »Schon allein aus der Miene Seiner Exzellenz kann man entnehmen, mit welcher Autorenfreude er sein Geschichtchen ausgearbeitet hat«, erlaubte sich der immer noch etwas verlegene Ferdyschtschenko mit boshaftem Lächeln zu bemerken.
    Nastasja Filippowna warf dem General einen flüchtigen Blick zu und lächelte ebenfalls vor sich hin. Aber es war deutlich, daß ihre Verstimmung und Gereiztheit immer mehr wuchs. Afanassij Iwanowitsch bekam einen gewaltigen Schreck, als er sie eine Erzählung in Aussicht stellen hörte.
    »Meine Herrschaften, wie jedem Menschen, ist es auch mir in meinem Leben vorgekommen, daß ich nicht sehr löbliche Handlungen begangen habe«, begann der General, »seltsamerweise aber halte ich selbst das kurze Geschichtchen, das ich Ihnen jetzt erzählen werde, für die häßlichste Handlung meines ganzen Lebens. Dabei sind seitdem fast fünfunddreißig Jahre vergangen, aber ich habe mich, sooft ich daran denke, nie von einer gewissen, sozusagen beißenden Empfindung im Herzen freimachen können. Die Sache war übrigens im höchsten Grade dumm: ich war damals eben erst Fähnrich geworden und hatte einen schweren Dienst. Na, nun weiß man ja: so ein Fähnrich hat heißes Blut und wenig Moneten. Ich hatte damals einen Burschen, Nikifor hieß er, der sehr eifrig für meine Wirtschaft sorgte: er hielt die Groschen zusammen, nähte, striegelte, putzte und stahl sogar von überallher zusammen, was er kriegen konnte, um meinen Haushalt über Wasser zu halten; er war der treueste, redlichste Mensch, den man sich nur denken kann. Ich war gegen ihn natürlich streng, aber gerecht. Es traf sich, daß wir eine Zeitlang in einem kleinen Städtchen in Garnison lagen und ich mein Quartier in einer Vorstadt bei der Witwe eines verabschiedeten Leutnants hatte, einer alten Frau von achtzig Jahren, oder wenigstens war sie nahe daran. Sie hatte ein elendes, baufälliges Holzhäuschen und konnte sich bei ihrer Armut nicht einmal Bedienung halten. Besonders merkwürdig war an ihr, daß sie früher einmal eine große Familie und zahlreiche Verwandte gehabt hatte, aber die einen waren im Laufe ihres langen Lebens gestorben, andere weggezogen, wieder andere hatten die alte Frau vergessen, und ihren Mann hatte sie vor etwa fünfundvierzig Jahren begraben. Einige Jahre vorher, ehe ich dort in Quartier lag, hatte noch eine Nichte bei ihr gewohnt, eine buckelige Person, wie ich hörte, und böse wie eine Hexe, so daß sie sogar einmal die alte Frau in den Finger gebissen hatte; aber auch die war gestorben, und nun stand die Alte schon drei Jahre lang mutterseelenallein in der Welt. Ich langweilte mich bei ihr schrecklich, denn sie war so einfältig, daß nie ein Wort aus ihr herauszubekommen war. Schließlich stahl sie mir einen Hahn. Die Sache ist noch bis auf den heutigen Tag dunkel, aber es konnte niemand als sie gewesen sein. Um des Hahnes willen verzankten wir uns, und zwar gründlich, und da kam es mir sehr erwünscht, daß man mich gleich auf mein erstes Gesuch hin in ein anderes Quartier verlegte, in die entgegengesetzte Vorstadt, zu einem Kaufmann, der eine sehr zahlreiche Familie und einen gewaltigen Bart hatte, wie ich mich jetzt noch erinnere. Ich und Nikifor zogen mit Freuden um, die Alte blieb in mißvergnügter Stimmung zurück. Es vergingen etwa drei Tage, da komme ich einmal vom Exerzieren zurück, und Nikifor sagt zu mir: ›Wir hätten unsere Terrine nicht bei der früheren Wirtin zurücklassen sollen, Euer Wohlgeboren, ich weiß jetzt nicht, worin ich die Suppe auftragen soll.‹ Ich war natürlich höchst verwundert: ›Wie geht das zu? Wie ist das gekommen, daß unsere Terrine bei der Wirtin geblieben ist?‹ Erstaunt berichtete mir Nikifor weiter, die Wirtin habe ihm bei unserem Auszug unsere Terrine nicht herausgegeben, mit der Begründung, sie wolle, da ich ihr ihren eigenen Topf zerbrochen

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