Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan
Geburt bis zur Gegenwart.«
Bei jedem Dia war Eric Sundstrom der erste, der nickte. Margaret Lowell und Jacob Mandel wetteiferten darum, die letzten zu sein, doch sie machten sich fast ebenso viele Notizen wie Gideon Logan; Samuel Winters verzichtete fast ganz darauf, er bezweifelte nicht, daß Kendrick der Richtige war.
Drei Stunden und vier Minuten später schaltete Milos Varak den Projektor aus. Und nach weiteren zwei Stunden und sieben
Minuten hatte niemand mehr eine Frage, und Varak zog sich zurück.
»Um unseren Freund in einem anderen Kontext zu zitieren«, sagte Winters, »ihr braucht nur zu nicken, wenn ihr einverstanden seid. Schüttelt den Kopf, wenn ihr Einwände habt. Fangen wir bei Jacob an.«
Langsam und bedächtig nickten die Mitglieder von Inver Brass der Reihe nach.
»Dann ist der Vorschlag einstimmig angenommen«, fuhr Winters fort. »Der Abgeordnete Evan Kendrick wird der nächste Vizepräsident der Vereinigten Staaten. Elf Monate nach der Wahl des Amtsinhabers wird er Präsident. Der Codename ist IKARUS – als Mahnung gedacht, als leidenschaftliches Gebet, daß er nicht, wie viele seiner Vorgänger, versuchen möge, zu hoch zu fliegen, der Sonne zu nahe zu kommen; denn dann würde auch er ins Meer stürzen. Und möge Gott unseren Seelen gnädig sein.«
17
Der Abgeordnete des neunten Wahlbezirks in Colorado, Evan Kendrick, saß in seinem Büro hinter dem Schreibtisch und betrachtete seine Sekretärin, die mit grimmiger Miene über wichtige Post, Hausmitteilungen und allen möglichen anderen Papierkram dozierte, um den er sich unbedingt kümmern mußte; darüber hinaus zählte sie noch eine Reihe gesellschaftlicher Verpflichtungen auf, die angeblich für ihn ein Muß waren. Die Worte purzelten ihr nur so aus dem Mund.
»Hier ist Ihr Wochenplan, Herr Abgeordneter.«
»Den haben Sie aber vollgepackt, Annie. Könnten Sie nicht all diesen Leuten einen hektographierten Brief mit der Mitteilung schicken, ich litte an einer Lustseuche und wolle niemanden anstecken?«
»Hören Sie auf, Evan!« rief Ann Mulcahy O’Reilly, eine sehr entschlossene Washington-Veteranin mittleren Alters. »Man schneidet Sie hier, und das werde ich nicht dulden! Wissen Sie, was man sich auf dem Kapitol über Sie erzählt? Man sagt, Ihnen sei Politik scheißegal, und Sie hätten nur einen Haufen Geld
ausgegeben, um Mädchen kennenzulernen, die genauso reich sind wie Sie.«
»Glauben Sie das, Annie?«
»Wie, zum Teufel, könnte ich das? Sie gehen nie irgendwohin, und Sie tun nie was. Ich würde alle Heiligen lobpreisen, wenn man Sie mit dem knackigsten Hinterteil von Washington splitterfasernackt im Reflection Pool erwischte. Dann wüßte ich wenigsten, daß Sie etwas tun.«
»Vielleicht will ich gar nichts tun.«
»Verdammt noch mal, das sollten Sie aber! Ich habe Ihre Kommentare zu einem Dutzend zur Debatte stehender Themen getippt, und sie waren um Lichtjahre besser als die der meisten Komiker hier, aber niemand beachtet Ihre Arbeit.«
»Man unterdrückt sie, weil sie unpopulär sind, Annie. Ich bin nicht populär. Sie wollen mich in keinem Lager. Die wenigen, denen ich in beiden Lagern aufgefallen bin, haben mir so viele Etiketten angeklebt, daß sie sich gegenseitig aufheben. Sie können mich in keinem ihrer Nähkästchen unterbringen, also ignorieren sie mich, was nicht besonders schwierig ist, weil ich mich nicht beklage.«
»Der Himmel weiß, daß ich nicht oft einer Meinung mit Ihnen bin, aber ich erkenne es, wenn irgendwo ein wacher Verstand am Werk ist. – Na ja, lassen wir das, Herr Abgeordneter. Wie lauten Ihre Antworten?«
»Später. Hat Manny angerufen?«
»Ich habe ihn zweimal abgewimmelt. Ich wollte zuerst mit Ihnen reden.«
Kendrick beugte sich vor. Seine hellblauen Augen blickten kalt, fast zornig. »Tun Sie das nie wieder, Annie. Für mich gibt es nichts Wichtigeres als diesen Mann in Colorado.«
»Ja, Sir.« Ann O’Reilly senkte den Blick.
»Entschuldigen Sie«, sagte Kendrick. »Das war nicht nötig. Sie versuchen nur, Ihre Arbeit zu tun, und ich bin Ihnen keine große Hilfe. Noch einmal: Entschuldigung.«
»Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Ich weiß, was Sie mit Mr. Weingrass durchgemacht haben und was er Ihnen bedeutet – wie oft habe ich Ihnen Ihre Arbeit ins Krankenhaus gebracht! Ich hatte kein Recht, mich einzumischen. Andererseits versuche ich wirklich, nur meine Arbeit zu tun, und Sie sind nicht unbedingt der unkomplizierteste Chef auf dem >Hügel<.«
»Es gibt
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