Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan
Regierungswagens. Der CIA-Mann nahm auf dem Beifahrersitz Platz. Kendrick war verstummt, es hatte ihm buchstäblich die Sprache verschlagen. Kalaila konnte nur seine Hand festhalten, denn sie wußte sehr gut, was er jetzt durchmachte. Er konnte nicht klar denken. Brennende Sorge und Zorn beherrschten ihn. Er hatte geweint, als er vom Tod von Kaschi und Sabri Hassan erfuhr. Daß sie verstümmelt worden waren, hatte man ihm nicht sagen müssen, er konnte sich lebhaft vorstellen, was man mit ihnen gemacht hatte. Dann hatte er die Tränen jedoch schnell mit der Faust weggewischt. Er würde mit den Mördern abrechnen, auch das war deutlich in seinen Augen zu lesen.
»Sie werden verstehen, Herr Abgeordneter«, sagte der CIA-Mann
und drehte sich auf dem Beifahrersitz halb nach hinten um, »ich weiß natürlich nicht, was vorgeht. Doch ich kann Ihnen sagen, daß eine Maschine vom Luftwaffenstützpunkt Holmstead unterwegs ist, um Sie nach Washington zu bringen.«
»Das wissen wir«, sagte Kalaila freundlich.
»Sie wird fünf oder zehn Minuten später als vorgesehen landen, da das Wetter vor Miami lausig sein soll und außerdem mehrere Passagiermaschinen auf der gleichen Route unterwegs sind. Falls Sie irgend etwas im Hotel vergessen haben sollten, schicken wir es Ihnen gern nach...«
»Da ist nichts!« rief Kendrick schroff.
»Er meint, wir haben nichts vergessen, besten Dank«, sagte Kalaila, drückte Kendricks Hand an ihren Oberschenkel und umfaßte sie noch fester. »Wir haben es mit einem Notfall zu tun, und der Abgeordnete hat den Kopf voll. Ich nehme an, daß wir nicht durch den Zoll müssen, oder?«
»Unser Konvoi fährt direkt durch das Frachttor auf das Flughafengelände«, antwortete der Regierungsbeamte, warf einen kurzen, eindringlichen Blick auf Kendrick und wandte sich dann hastig ab, als sei er ihm irgendwie zu nahe getreten. Den Rest der Fahrt legten sie schweigend zurück. Nachdem sie das hohe Eisentor zu den Frachtschuppen passiert hatten, rollte der Wagen über den Asphalt ans Ende der ersten Start- und Landebahn. »Die F-106 aus Holmstead müßte bald landen«, sagte der CIA-Mann.
»Ich steige aus«, sagte Kendrick, griff nach der Türklinke und zog daran. Die Tür ließ sich nicht öffnen.
»Es wäre mir lieber, wenn Sie im Wagen bleiben, Herr Abgeordneter.«
»Lassen Sie mich raus!«
»Evan, es ist sein Job.« Sanft, aber unnachgiebig hielt Kalaila seinen Arm fest. »Er muß sich an die Vorschriften halten.«
»Gehört es zu seinen Vorschriften, mich ersticken zu lassen?«
»Ich bekomme ausreichend Luft...«
»Du bist nicht ich.«
»Ich weiß, Liebling. Jetzt kann niemand du sein.« Kalaila wandte den Kopf zurück, schaute aus dem Rückfenster und ließ die Blicke über die Flughafengebäude und das ganze Gelände schweifen. »Keinerlei Vorkommnisse zu befürchten«,
wandte sie sich an den CIA-Mann. »Lassen Sie ihn gehen. Ich bleibe bei ihm, und Ihre Männer können uns begleiten.«
»>Keinerlei Vorkommnisse zu befürchten Sie gehören zu uns?«
»Ja, doch das vergessen Sie bitte ganz schnell wieder.«
»Aber klar. Wir sind okay. Der Typ, der die Vorschrift erlassen hat, ist nicht hier. Er sagte nur mit sehr lauter Stimme: >Und lassen Sie ihn ja nicht aus dem Wagen!‹«
»MJ kann ziemlich radikal sein.«
»MJ? Kommen Sie, schnappen wir ein bißchen Luft. Bitte, Fahrer, entriegeln Sie die Türen.«
»Danke«, sagte Kendrick zu Kalaila. »Und es tut mir leid...«
»Es gibt nichts, was dir leid tun müßte. Aber laß dich bitte nicht erschießen, dann stünde ich als Lügnerin da, und das könnte mir den Tag verderben. Jetzt muß ich mich entschuldigen. Es ist wirklich nicht der Augenblick für dumme Witze.«
»Warte eine Sekunde.« Kendrick öffnete die Tür einen Spalt, hielt dann jedoch inne, das Gesicht im Schatten nur ein paar Zentimeter von ihrem entfernt. »Vor ein paar Minuten hast du gesagt, niemand könne jetzt ich sein, und ich muß dir recht geben. Aber ich bin sehr, sehr froh, daß du da bist. Und zwar jetzt.«
Sie schlenderten durch einen der für die Bahamas typischen kurzen Nieselregen und unterhielten sich. Der CIA-Mann hielt sich höflich ein paar Meter hinter ihnen, die Wachen begleiteten sie mit gezogenen Waffen. Plötzlich raste aus dem Frachtgelände eine kleine schwarze Limousine mit jaulendem Motor auf sie zu. Die Wachen umringten Kendrick und Kalaila und stießen sie zu Boden, der CIA-Mann warf sich auf Kendrick und zog Kalaila fest an sich. Doch der
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