Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan
Augenblick der Panik war so schnell vorüber, wie er gekommen war. Eine Zweiklangsirene heulte ein paarmal kurz auf; die Limousine gehörte zum Flughafen. Der Führer der Motorradeskorte schob seine Waffe in den Halfter und ging auf den uniformierten Mann zu, der aus der kleinen Limousine stieg. Sie redeten leise miteinander, dann kehrte der Polizeioffizier zu Kendrick und Kalaila zurück, die sich noch völlig benommen aufrappelten.
»Ein dringender Anruf für Ihren Freund, Sir«, sagte er zu dem CIA-Mann.
»Lassen Sie ihn hierher durchstellen.«
»Das geht mit unserer Anlage nicht.«
»Dann lassen Sie sich etwas Besseres einfallen.«
»Man hat mir gesagt, ich soll die Buchstaben MJ weitergeben.«
»Das ist schon viel besser«, sagte Kalaila. »Ich gehe mit ihm.«
»Was denn, was denn«, entgegnete der CIA-Mann, »es gibt noch andere Vorschriften, und Sie kennen sie so gut wie ich. Es ist viel leichter, eine Einzelperson abzuschirmen, als ein Paar. Ich gehe und nehme vier Männer mit. Sie bleiben mit den anderen hier und vertreten mich, okay? Hier ist der Treffpunkt, und Sie können es mit einem nervösen Piloten zu tun haben, der nach Spezialgepäck Ausschau hält, vor allem nach Ihnen.«
Das Telefon hing an der Wand eines verlassenen Lagerhauses. Das Gespräch kam herein, und bei den ersten Worten, die Kendrick von Mitchell Payton zu hören bekam, verkrampfte sich jeder Muskel in seinem Körper.
»Machen Sie sich auf das Allerschlimmste gefaßt – einen Überfall in Mesa Verde...«
»Großer Gott, nein!«
»Emmanuel Weingrass geht es gut, es geht ihm gut, Evan.«
»Ist er verletzt? Verwundet?«
»Nein. Er hat die Terroristen verwundet und getötet, nicht umgekehrt. Einer von den Kerlen ist noch am Leben...«
»Ich will ihn haben!« schrie Kendrick.
»Wir auch. Unsere Leute sind unterwegs zu Ihrem Haus. Der Überlebende ist unsere einzige Hoffnung, den anderen auf die Spur zu kommen. Er wird uns alles sagen, was er weiß.«
»Haltet ihn am Leben.«
»Weingrass hat schon dafür gesorgt, daß er am Leben bleibt.«
»Untersucht ihn auf Zyankali.«
»Ist schon geschehen.«
»Er darf keinen Augenblick allein bleiben.«
»Das wissen wir.«
»Natürlich wißt ihr das«, sagte Kendrick und schloß die Augen. Er fuhr sich mit der Hand über das schweiß- und regennasse Gesicht. »Ich kann nicht denken, kann keinen Gedanken fassen. Wie nimmt Manny die Sache?«
»Mit ziemlicher Arroganz, um ehrlich zu sein.«
»Das ist die erste anständige Neuigkeit, die ich höre.«
»Er hat Erstaunliches geleistet – für einen Mann seines Alters.«
»Er war immer erstaunlich – in jedem Alter. Ich muß unbedingt zu ihm. Vergessen Sie Washington. Lassen Sie mich nach Colorado fliegen.«
»Ich hab’ mir schon gedacht, daß Sie darum bitten würden...«
»Das ist keine Bitte, Mitch, ich verlange es.«
»Selbstverständlich. Das ist auch der Grund, daß Ihre Maschine sich verspätet. Die Air Force läßt in Denver auftanken und arbeitet eine Flugroute über der der zivilen Fluggesellschaften aus. Die Maschine hat eine Spitzengeschwindigkeit von zweikommadrei Mach. Sie werden in nicht ganz drei Stunden zu Hause sein, und denken Sie dran – kein Wort über Fairfax, zu niemand. Weingrass ist es gelungen, Mesa Verde geheimzuhalten.«
»Wie?«
»Das soll er Ihnen erzählen.«
»Glauben Sie wirklich, daß Sie alles geheimhalten können?«
»O ja, und wenn ich selbst bis zum Präsidenten muß, und im Augenblick gibt es, wie ich meine, keine Alternative.«
»Wie wollen Sie an der Palastwache vorbeikommen?«
»Das überlege ich mir gerade. Es gibt da einen Mann, der in grauer Vorzeit, als ich noch Historiker werden wollte, mit mir studiert hat. Wir sind immer in Verbindung geblieben, wenn auch ganz lose, und er ist inzwischen sehr einflußreich geworden. Ich glaube, Sie kennen seinen Namen. Er heißt Winters. Samuel Winters.«
»Winters? Das ist der, der Jennings gesagt hat, er soll mir die Freiheitsmedaille verleihen.«
»Deshalb habe ich an ihn gedacht. Guten Flug, und herzliche Grüße an meine Nichte.«
Kendrick hängte ein. Am Tor des Lagerhauses warteten seine Leibwächter, zwei drin, zwei draußen, alle vier mit schußbereiten Waffen. Sogar der CIA-Mann hatte einen kleinen Revolver in der Hand. »Schleppt ihr eigentlich immer diese Dinger mit euch rum?« fragte Kendrick.
»Fragen Sie Ihre Freundin, die gewußt hat, daß ›keinerlei besondere Vorkommnisse< zu erwarten waren«, antwortete der
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