Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan
reduzieren.«
»San Diego«, sagte Kalaila und ließ ihr Essen stehen. »Orson Bollinger?«
»Ein Rätsel«, erwiderte Varak. »Was weiß er? Was weiß er nicht? Doch davon abgesehen, er ist die Schwachstelle in einer sonst unübertrefflichen Regierung. Er muß abgelöst werden, denn mit ihm werden auch die Leute verschwinden, mit denen er sich umgibt und die ihn nach ihrer Pfeife tanzen lassen.«
»Aber warum ausgerechnet Evan Kendrick?«
»Weil er ein einmaliger Glücksfall ist.«
»Er wird sich nie einverstanden erklären. Er wird ihnen sagen, Sie sollen sich zum Teufel scheren. Sie kennen ihn nicht. Ich schon.«
»Ein Mann muß nicht unbedingt tun wollen, was er tun muß,
Miß Raschad. Aber er wird es tun, wenn man ihm gute Gründe dafür nennt, warum er es tun sollte.«
»Sie glauben, das genügt?«
»Wie Sie sagen, kenne ich Mr. Kendrick nicht persönlich, aber ich glaube nicht, daß es einen Menschen gibt, mit dem ich mich eingehender beschäftigt habe als mit ihm. Er ist ein bemerkenswerter Mann, und man hat es mit ihm bestimmt nicht leicht. Doch wenn ich mir überlege, was er bisher geleistet und warum er dies oder jenes getan hat, bin ich nach wie vor überzeugt, daß wir keinen Besseren finden konnten.«
»Wer ist wir?«
»Kein Kommentar.«
»Ich wiederhole, er wird ablehnen.«
»Bestimmt, wenn er erfährt, wie er manipuliert wurde. Nicht aber, wenn man ihn davon überzeugen kann, daß er gebraucht wird.«
Kalaila lehnte sich zurück. »Wenn ich recht verstehe, schlagen Sie mir etwas vor, was mir zutiefst verhaßt ist.«
»Aber warum denn? Niemand kann einen Mann zwingen, für ein öffentliches Amt zu kandidieren, Miß Raschad, er muß es selbst wollen. Ebensowenig kann man die Senatoren oder Abgeordneten einer Partei zwingen, einen neuen Kandidaten zu akzeptieren, sie müssen ihn wollen. Es stimmt, daß wir Umstände geschaffen haben, die den Mann ins Blickfeld gerückt haben, aber den Mann selbst konnten wir nicht erschaffen. Er war da.«
»Sie bitten mich, ihm nichts von dieser Unterredung – nichts von Ihnen zu erzählen. Haben Sie überhaupt eine Ahnung, wie viele Wochen wir Sie gesucht haben?«
»Haben Sie eine Ahnung, wie viele Monate wir einen Evan Kendrick gesucht haben?«
»Das ist mir verdammt egal. Er wurde manipuliert, und er weiß es. Sie können sich nicht verstecken, das lasse ich nicht zu. Zuviel hat er Ihretwegen durchgemacht. Freunde, die ihm sehr nahestanden, sind tot, und jetzt stirbt wahrscheinlich auch noch der alte Mann, der fünfzehn Jahre wie ein Vater für ihn war. Alle Pläne, die er hatte, beim Teufel. Das ist zuviel.«
»Ich kann nicht ändern, was geschehen ist, kann nur meine Fehler und Irrtümer bereuen – und niemand wird sie mehr bereuen als ich -, aber ich bitte Sie, an Ihr Land zu denken, das
jetzt auch das meine ist. Wenn wir geholfen haben, eine politische Kraft zu schaffen, dann nur deshalb, weil er schon eine eigenständige Kraft war, weil seine Instinkte ihn dazu gemacht hatten. Wenn er sich weigert, wird die Parteispitze freie Auswahl unter akzeptablen Bewerbern haben, die man kennt, die anständig und vertrauenswürdig sind, aber eine Kraft werden sie nicht sein. Drücke ich mich verständlich aus?«
»Ein Vizepräsident soll einmal gesagt haben, das Amt sei nicht mehr wert als >ein Eimer voll warmer Spucke<.«
»Heute ist das anders, vor allem wenn der Vizepräsident Evan Kendrick hieße. Sie waren offenbar in Kairo, als er hier im Fernsehen aufgetreten ist...«
»Ich war in Kairo«, unterbrach Kalaila, »aber wir haben einen amerikanischen Kanal – natürlich keine Live-Sendungen. Und ich habe ihn hier drüben wiederholt gesehen, zweifellos dank Ihres – Terminplans. Er war sehr gut.«
»Er ist einzigartig, Miß Raschad. Er läßt sich nicht kaufen, und er sagt, was er denkt, und die Leute finden ihn großartig.«
»Dank Ihnen.«
»Nein, das verdankt er nur sich selbst. Er hat getan, was man ihm nachsagt, nichts ist erfunden; was er gesagt hat, hat er gesagt, niemand legt ihm Worte in den Mund. Was soll ich Ihnen noch sagen? Ich habe über vierhundert Möglichkeiten analysiert, mich der neuesten und am höchsten entwickelten Computergeneration bedient, und nur ein einziger Mann blieb übrig. Evan Kendrick.«
»Sie verlangen nichts von ihm?«
»Sie haben gesagt, Sie kennen ihn. Was würde er Ihrer Meinung nach tun, wenn wir etwas von ihm verlangten?«
»Er würde Sie vor irgendeinen Ausschuß zur Bekämpfung der Korruption zerren
Weitere Kostenlose Bücher