Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan
während er wählte und einen Grundrißplan der Vanvlanderschen Suite studierte. In jeden Raum waren mehrere kleine rote Kreuzchen eingezeichnet. Ein paar Sekunden später meldete sich am anderen Ende der Leitung eine Stimme.
»Ja?«
»>Tonmann«
»›Prag‹?«
»Ich brauche Sie.«
»Und ich kann Ihr Geld immer brauchen. Sie sind nicht kleinlich.«
»Holen Sie mich in einer halben Stunde am Lieferanteneingang ab. Auf dem Weg in Ihr Studio werde ich Ihnen erklären, was ich von Ihnen will. Der Grundriß stimmt noch?«
»Ja. Haben Sie den Schlüssel gefunden?«
»Danke für beides.«
»Sie haben bezahlt. In einer halben Stunde.«
Varak legte auf und betrachtete nachdenklich die inzwischen fachmännisch verpackte Abhöranlage bei der Tür. Er hatte sich Adrienne Raschads Unterredung mit Ardis Vanvlanderen angehört und trotz seines Zorns über den Tod des Außenministers – wenn auch grimmig – über die kühne Strategie lächeln müssen, die von der Agentin aus Kairo und ihrem Chef angewendet worden war. Auf der Basis dessen, was sie über Andrew Vanvlanderen wußten, hatten sie darauf gesetzt, daß es tatsächlich die Wahrheit war, und es in eine Lüge verkehrt, die unwiderstehlich wirkte: palästinensische Mordkommandos, das Ziel Bollinger, kein Wort von Kendrick. Brillant. Das Erscheinen von Eric Sundstrom, knapp zwei Stunden nachdem Adrienne Raschad gegangen war-das nichts mit Vanvlanderens vermuteter subversiver Tätigkeit zu tun hatte, sondern von Varak einzig und allein in Szene gesetzt worden war, damit er den Verräter bei Inver Brass entlarven konnte -, dieses Erscheinen hatte wie eine Bombe mit doppelter Sprengkraft das wie in Beton verankerte Gebäude aus Lüge und Betrug in San Diego zertrümmert.
Varak ging zur Tür, öffnete sie vorsichtig und schlüpfte auf den Flur hinaus. Rasch ging er zur Suite von Ardis Vanvlanderen, schloß mit dem Schlüssel auf, den ihm der ›Tonmann‹ zugespielt hatte, und betrat mit dem Grundrißplan in der Hand das Apartment. Schnell und lautlos wie eine Katze ging er von Raum zu Raum und entfernte die winzigen elektronischen Abhörgeräte aus ihren Verstecken. Sie waren überall – unter Tischen, Stühlen und Sesseln, zwischen der tiefen Polsterung des Sofas, hinter den Spiegeln der Schlafzimmer, unter den Hausapotheken in den Badezimmern und unter zwei Herdplatten
in der Küche. Das Arbeitszimmer hob er sich bis zuletzt auf, zählte die roten Kreuzchen auf dem Plan und stellte zufrieden fest, daß er bisher jede >Wanze< entdeckt hatte. Im Arbeitszimmer war es dunkel, und er knipste die Schreibtischlampe an. Schon ein paar Minuten später hatte er wieder vier Mikrofone eingesammelt, drei im Zimmer selbst und eins in dem angrenzenden kleinen Badezimmer. Jetzt konzentrierte er sich auf den Schreibtisch. Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Bisher hatte er neun Minuten gebraucht, blieben ihm noch wenigstens fünfzehn, Ardis Vanvlanderens privates Allerheiligstes zu durchsuchen.
Er begann mit den Schreibtischschubladen, zog eine nach der anderen heraus, blätterte in unwichtigen Papieren, die Nebensächlichkeiten aus Vizepräsident Bollingers Alltag betrafen – Terminpläne, Briefe von Einzelpersonen und Verbänden, Stellungnahmen des Weißen Hauses, des Außen- und des Verteidigungsministeriums und verschiedener anderer Behörden, die studiert und Orson Bollinger erläutert werden mußten. Varak fand nichts Interessantes, nichts, das sich irgendwie auf die geheimen Manipulationen in Südkalifornien bezogen hätte.
Er sah sich in dem großen getäfelten Raum um, betrachtete die Bücherregale, die eleganten Möbel und die gerahmten Fotografien an den Wänden... Die Fotografien. Mehr als zwanzig waren unregelmäßig über die dunkle Täfelung verteilt. Varak ging näher, um sie sich genau anzusehen, schaltete sogar eine zusätzliche Lampe ein. Es war die übliche Sammlung von der Selbstbeweihräucherung dienenden Bildern, die das Ehepaar Vanvlanderen in Gesellschaft politisch bedeutender Persönlichkeiten zeigten, angefangen beim Präsidenten bis hinunter zu den höheren Rängen aus Verwaltung und Kongreß. An einer anderen Wand hingen Fotos, auf denen Ardis Vanvlanderen ohne ihren Mann zu sehen war. Es waren ältere Aufnahmen mit einer jüngeren Ardis, die jedoch verrieten, daß auch ihre Vergangenheit nicht ohne gewesen war. Teure Wagen. Yachten, Skipisten und luxuriöse Pelze waren vorherrschend.
Schon wollte Varak sich von diesem Jahrmarkt der
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