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Der illustrierte Mann

Der illustrierte Mann

Titel: Der illustrierte Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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    »Ich weiß es nicht«, seufzte der Kommandant, »noch nicht.«
     
    Die drei Hexen hielten den Kristall hoch, in dem das Bild des Kommandanten flackerte, aus dem leise und hoch seine Stimme klang:
    »Ich weiß es nicht«, seufzte der Kommandant, »noch nicht.« Mit glühenden Augen starrten die drei Hexen einander an.
    »Wir haben nicht mehr viel Zeit«, sagte eine.
    »Wir sollten die in der Stadt lieber warnen.«
    »Sie müssen von den Büchern erfahren. Es sieht nicht gut aus. Dieser Narr von Kommandant!«
    »In einer Stunde werden sie mit ihrem Raumschiff landen.«
    Die drei Hexen schauderten und blickten zu der smaragdenen Stadt am Gestade des ausgetrockneten Marsmeeres auf. Im Fenster des höchsten Turmes stand ein kleiner Mann und hielt einen blutroten Vorhang beiseite. Er beobachtete den öden Landstreifen, wo die drei Hexen ihren Kessel rührten und Wachsfiguren formten. Weiter landeinwärts qualmten Zehntausende von blauen Feuern und Lorbeerbränden, rauchten schwarzer Tabak und Geißbockkraut, stiegen Zimtpulver und Knochenstaub leicht wie Motten empor zum nächtlichen Marshimmel. Der Mann zählte die wild flackernden, magischen Feuer. Als die drei Hexen zu ihm herstarrten, drehte er sich um. Der rote Vorhang fiel, und das ferne Fenster blinkte auf wie ein riesiges Auge.
     
    Mr. Edgar Allan Poe stand am Turmfenster; sein Atem duftete leicht nach Alkohol. »Hekates Freunde sind heut' nacht sehr eifrig«, sagte er, als er weit unten die drei Hexen erblickte.
    Eine Stimme hinter ihm entgegnete: »Ich habe vorhin Shakespeare am Strand gesehen, wie er sie anfeuerte. Allein Shakespeares Armee entlang der Meeresküste zählte heute nacht Tausende: die drei Hexen, Oberon, Hamlets Vater, Puck – alle, alle sind sie da – Tausende! Großer Geist, eine wahre Sintflut von Geschöpfen!«
    »Guter William.« Poe drehte sich um. Er ließ den roten Vorhang zufallen. Einen Augenblick blieb er still stehen und ließ seine Blicke durch den von rohen Steinmauern eingeschlossenen Raum schweifen, über den Ebenholztisch, die Kerzenflamme, den anderen Mann, Mr. Ambrose Bierce, der äußerst faul dasaß, leise vor sich hin pfeifend Streichhölzer anzündete, zusah, wie sie abbrannten, und dann und wann leise in sich hinein lachte.
    »Wir müssen es jetzt Mr. Dickens berichten«, sagte Mr. Poe. »Wir haben schon zu lange damit gezögert. Es kann sich nur noch um Stunden handeln. Kommen Sie mit mir zu seinem Haus, Mr. Bierce?«
    Bierce blickte fröhlich lächelnd auf. »Ich habe gerade darüber nachgedacht – wie es uns wohl ergehen wird?«
    »Wenn wir die Menschen im Raumschiff nicht töten oder abschrecken können, müssen wir selbstverständlich hier fortziehen. Wir gehen zum Jupiter, und wenn sie uns auf den Jupiter folgen, fliegen wir zum Saturn, und wenn sie uns auch dorthin nachkommen, lassen wir uns auf dem Uranus oder Neptun nieder, dann weiter zum Pluto ...«
    »Und wohin dann?«
     
    Mr. Poes Gesicht sah abgekämpft aus; seine Augen brannten nur noch wie verglühende Kohlen, die Wildheit seiner Stimme war von Traurigkeit überschattet, seine Handbewegungen wirkten zerfahren, sein Haar fiel schlaff über seine weißen Augenbrauen.
    »Wir besitzen den Vorteil der überlegenen Reisegeschwindigkeit und -art«, sagte er. »Wir können immer noch auf einen ihrer Atomkriege hoffen, völlige Auflösung, Wiederkehr des Mittelalters, Wiederkehr des Aberglaubens. Alle könnten wir dann im Laufe einer einzigen Nacht zur Erde zurückkehren.« Mr. Poes schwarze Augen brüteten unter seiner gewölbten, leuchtenden Stirn. Er starrte an die Decke. »Nun kommen sie also, um auch diese Welt zu vernichten? Können sie denn nichts unbefleckt lassen?«
    »Stellt ein Wolfsrudel seine Verfolgung ein, bevor es seine

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