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Der illustrierte Mann

Der illustrierte Mann

Titel: Der illustrierte Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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lauter.
    »Was stellen sie jetzt bloß wieder an? Ich will doch lieber mal nachsehen gehn.«
    Ein dumpfer Knall!
    Die Explosion ließ das Haus erzittern. Von anderen Höfen, aus anderen Straßen, klangen weitere Explosionen herüber.
    Unwillkürlich schrie Mrs. Morris auf. »Hier hinauf!« kreischte sie, ohne zu überlegen, ohne zu wissen, warum. Vielleicht glaubte sie, aus den Augenwinkeln heraus etwas zu sehen; vielleicht meinte sie, etwas Seltsames zu hören, einen neuen Geruch wahrzunehmen. Es war keine Zeit mehr, Henry zu überzeugen zu versuchen. Sollte er glauben, daß sie verrückt geworden war! Kreischend rannte sie die Treppe hinauf. Er lief ihr nach, um zu sehen, was sie eigentlich wollte.
    »In der Bodenkammer!« schrie sie. »Da ist es!« Es war nur eine Ausrede, um ihn rechtzeitig in die Bodenkammer zu bekommen.
    Draußen krachte es noch einmal. Die Kinder jauchzten vor Freude, als beobachteten sie ein phantastisches Feuerwerk.
    »Es ist nicht in der Dachkammer!« rief Henry. »Es ist draußen!«
    »Nein, nein!« Schluchzend und keuchend fummelte sie an der Tür zur Bodenkammer herum. »Ich zeig dir's. Schnell! Ich zeig dir's.«
    Sie stolperten in die Bodenkammer. Sie schloß die Tür von innen ab, zog den Schlüssel heraus und warf ihn in die entfernteste Ecke.
    Sie begann sinnloses Zeug zu stammeln. All die Befürchtungen und Ängste, die sich den ganzen Nachmittag lang in ihrem Unterbewußtsein gesammelt und verdichtet hatten, brachen aus ihr heraus.
    Wild schluchzend lehnte sie sich gegen die Tür. »Bis heute abend sind wir hier sicher. Vielleicht können wir uns dann aus dem Haus schleichen. Vielleicht können wir noch entkommen.«
    Jetzt verlor auch Henry die Fassung, aber aus einem anderen Grund. »Bist du denn völlig verrückt geworden? Warum hast du den Schlüssel fortgeworfen? Verdammt noch mal!«
    »Ja, ja, ich bin verrückt, wenn uns das nur hilft, aber bleib bei mir!«
    »Selbst wenn ich wollte, könnte ich ja jetzt hier nicht raus!«
    »Still! Sonst hören sie uns. Oh, mein Gott, wenn sie uns nur nicht finden ...«
    Unten ertönte Minks Stimme. Mr. Morris zuckte zusammen. Von überall her summte und zischte es, schrien und lachten Kinder durcheinander. In der Wohnung unter ihnen läutete das Fernsehtelefon, läutete anhaltend, laut und alarmierend. Ist das Helen? dachte Mr. Morris. Und ruft sie aus demselben Grund an, weswegen wir hier in der Bodenkammer stecken?
    Schritte erklangen im Haus. Schwere Schritte.
    »Wer dringt da in mein Haus?« rief Henry ärgerlich. »Wer trampelt dort unten herum?«
    Schwere Füße. Zwanzig, dreißig, vierzig, vielleicht fünfzig Leute mußten in das Haus eingedrungen sein. Summen. Kindergelächter.
    »Hier hinauf!« rief Mink unten.
    »Wer ist in meinem Haus?« brüllte Henry los. »Wer ist da!«
    »Psssst! Oh, neineineineineinein!« wimmerte seine Frau leise. Sie umklammerte seinen Arm. »Bitte, sei still! Vielleicht gehen sie wieder weg.«
    »Mammi?« rief Mink. »Pappi?« Eine Pause. »Wo seid ihr?«
    Schwere Schritte, schwere, sehr schwere Schritte kamen die Treppe herauf. Minks Getrippel klang voran.
    »Mammi?« Ein Zögern. »Pappi?« Abwartende Stille.
    Das Summen wurde lauter. Die Schritte näherten sich der Bodenkammer. Mink trippelte voran.
    Schweigend und zitternd standen Mr. und Mrs. Morris in der Bodenkammer. Das elektrische Summen, das seltsame, kalte Licht, das plötzlich durch den Spalt unter der Tür fiel, der merkwürdige Geruch, der zu ihnen hereindrang, und der fremde, kalte Eifer im Klang von Minks Stimme hatten schließlich auch in Henry Morris eine Ahnung des unheimlichen Geschehens erweckt. Erschauernd standen beide, dicht aneinandergedrängt, im schweigenden Dunkel.
    »Mammi! Pappi!«
    Schritte. Ein zischendes Geräusch. Das Schloß der Bodenkammer zerschmolz. Die Tür ging auf, Mink blinzelte herein. Große, blaue Schattengestalten standen hinter ihr.
    »Kuckuck«, sagte Mink.

Das Raumschiff
     
     
    So manche Nacht wachte Fiorello Bodoni auf und hörte die Raumschiffe, ferne rauschend, durch den dunklen Himmel ziehen. Auf Zehenspitzen schlich er dann aus dem Schlafzimmer, überzeugt, daß seine Frau friedlich träumte, und trat hinaus in die kühle Nachtluft. Einen stillen Augenblick lang sandte er dann sein Herz in den Weltraum, den silberglänzenden Schiffen nach.
    Auch in dieser Nacht stand Fiorello halbnackt in der Dunkelheit, sah die Feuerschweife sprühen und lauschte auf das Wispern in der Luft. Die Raumschiffe, auf

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