Der illustrierte Mann
fragte sie. »Unser Geld für dieses Ding hingegeben? Es wird niemals fliegen!«
»Und wie es fliegen wird«, entgegnete er, stolz sein Schiff betrachtend.
»Raumschiffe kosten Millionen. Hast du Millionen?«
»Es wird fliegen«, antwortete er fest. »Und jetzt geht ins Haus, alle. Ich muß telephonieren, habe zu arbeiten. Morgen starten wir! Ihr dürft es aber niemandem erzählen, verstanden? Es bleibt ein Geheimnis.«
Die Kinder traten zurück und stolperten mit glühenden Gesichtern davon. In den erleuchteten Fenstern sah er ihre kleinen Köpfe aufgeregt hin und her tanzen.
Maria hatte sich nicht von der Stelle gerührt. »Du hast uns ruiniert«, sagte sie. »Unser gutes Geld verschleudert – für dieses – dieses Ding da! Dabei war es für neue Maschinen bestimmt.«
»Du wirst schon sehen«, entgegnete er nur.
Um Mitternacht kamen die Lastwagen, Kisten und Pakete wurden angeliefert, und lächelnd erschöpfte Bodoni sein Bankkonto. Mit Schweißbrenner und Lötkolben rückte er dem Raumschiff zu Leibe, fügte hier etwas hinzu, nahm dort etwas weg, zauberte und hexte mit funkensprühendem Stab. In den leeren Maschinenraum nietete er neun alte Automotoren, verlegte Zündkabel und schweißte anschließend die Tür zu, damit niemand sein heimliches Werk sehen konnte.
Als der Morgen dämmerte, trat er in die Küche. »Maria«, sagte er, »ich möchte gern frühstücken.«
Sie sprach kein einziges Wort mit ihm.
Als die Sonne sank, rief er die Kinder. »Wir sind startbereit! Kommt!« Nichts rührte sich im Haus.
»Ich habe sie im Badezimmer eingeschlossen«, sagte Maria.
»Was soll das heißen?« fragte er.
»Ihr werdet alle in diesem Raumschiff umkommen«, erwiderte sie. »Was für ein Raumschiff kannst du schon mit zweitausend Dollar kaufen? Nur ein Wrack!«
»So nimm doch Vernunft an, Maria.«
»Es wird explodieren. Und außerdem bist du kein Pilot.«
» Dieses Schiff kann ich jedenfalls fliegen. Ich habe es entsprechend eingerichtet.«
»Du bist verrückt geworden.«
»Wo ist der Schlüssel zum Badezimmer?«
»Ich habe ihn bei mir.«
Er streckte die Hand aus. »Gib ihn mir.«
Sie reichte ihm den Schlüssel. »Du wirst die Kinder töten.«
»Nein, nein.«
»Doch, das wirst du. Ich weiß es.«
Er trat vor sie hin. »Willst du nicht mitkommen?«
»Ich bleibe hier«, antwortete sie.
»Du wirst schon verstehen, wenn du uns abfliegen siehst«, sagte er lächelnd.
Er schloß das Badezimmer auf. »Kommt, Kinder! Folgt eurem Vater.«
»Auf Wiedersehen, Mama, auf Wiedersehen!«
Sie stand am Küchenfenster und blickte ihnen nach, kerzengerade und mit zusammengekniffenen Lippen.
Vor der Luftschleuse des Raumschiffes sagte der Vater: »Kinder, wir werden nur eine Woche fortbleiben. Ihr müßt dann wieder in die Schule und ich an meine Arbeit.« Er faßte alle nacheinander bei der Hand. »Hört gut zu. Dies Raumschiff ist schon sehr alt und kann nur noch eine Reise machen. Es wird nie wieder fliegen. Ihr habt den einzigen Raumflug eures Lebens vor euch Haltet eure Augen gut offen!«
»Ja, Papa.«
»Hort zu, spitzt eure Ohren, damit euch nichts entgeht. Atmet tief den Geruch des Raumschiffes ein. Nehmt alle Gefühle, alle Wahrnehmungen tief in euch auf, damit ihr euch nach unserer Rückkehr euer Leben lang daran erinnern und davon erzählen könnt.«
»Ja, Papa.«
Das Raumschiff lag stumm wie eine abgelaufene Uhr.
Sie stiegen ein. Die Luftschleuse zischte hinter ihnen zu. Fiorello schnallte seine Kinder an. Wie kleine Mumien lagen sie in ihren Gummiliegestühlen.
»Fertig?« rief er.
»Fertig!« antworteten sie im Chor.
»Start frei!« Er warf zehn Schalter herum. Das Raumschiff donnerte und bebte. Jauchzend zappelten die Kinder in ihren Liegestühlen.
»Da ist der Mond!«
Wie im Traum schwebte der Mond vorbei. Meteore zerstäubten wie Feuerwerk. Die Zeit verrann. Die Kinder schrien aufgeregt durcheinander. Stunden später, als sie aus ihren Liegesitzen befreit waren, lugten sie aus den Bullaugen. »Dort ist die Erde!« – »Und dort der Mars!«
Wie Blütenstaub versank der Feuerschweif des Raumschiffes, während die Stundenzeiger um die Zifferblätter flogen. Die Augen der Kinder fielen zu. Wie schlafende Schmetterlinge in ihren Kokons hingen sie schließlich in ihren Liegesitzen.
»Gut«, flüsterte Fiorello zärtlich.
Auf Zehenspitzen schlich er aus dem Kontrollraum zur Tür der Luftschleuse, wo er eine ganze Weile, besorgt lauschend, stehenblieb.
Er drückte auf einen Knopf.
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