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Der Implex

Der Implex

Titel: Der Implex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Barbara; Dath Kirchner
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aus der Zivilisation hervor und können dieser helfen, sich zu organisieren und zu koordinieren, aber anders als Bewässerungssysteme und andere technische Vermittlungen der Dualität des Zwiespalts sind sie nicht geeignet, die Zivilisation zu erzeugen – Kraus wendet in der Reflexion auf »Komfort und Fortkommen« diesen objektiven Gedanken ins zugespitzt Subjektive: »In solcher Gegend kann die Individualität leben, aber nicht mehr entstehen«, 73 in solcher Gegend aber können die Apparate vor allem auch, wie sich dann etwas mehr als ein Menschenalter nach Kraus’ Worten gezeigt hat, den Verstand wieder verlieren, das heißt die Zweckhaftigkeit, von der wir oben im Abschnitt I. gesagt haben, er sei unter den Bedingungen der verwissenschaftlichten Produktion für einen den sozialen Zwecken schließlich selbst fremd, entfremdend gegenüberstehenden Zweck (den Profit) aus dem Gemeinwesen in dessen technische Apparate gerutscht – »den Verstand verlieren« heißt: Der Zweck, unter den sie einmal gestellt wurden, um sie zu Mitteln zu rüsten, die den Stoffwechsel mit der Natur »zur Domäne des Willens« (Marx) machen können, steht den Menschen plötzlich feindlich gegenüber, und der einzige Weg, wie solche Feindschaft unter Menschen Ausdruck finden kann, ist die Vernichtung von dem verdinglichten Zweck nicht dienlichen Menschen (es ist diesem Zustand rein äußerlich, welche Menschen dann als »dem Zweck nicht dienlich« markiert werden und wie der Zweck selbst formuliert wird, wenn das Gemeinwesen erst einmal dem automatischen Subjekt unterworfen ist, kann niemand dieses Subjekt daran hindern, völlig verrückt zu werden und als seinen Zweck nicht mehr den Profit, sondern beispielsweise die arische Rassereinheit oder, bei Pol Pots Khmer Rouge, die angebliche Wiederherstellung eines ausgedachten Steinzeitkommunismus zu sein).
     
    Setzt man, weil man sowohl als Individualität wie als diese ermöglichende und schützende Zivilisation nun mal von Heilsgeschichte oder Hegelianismus allein nicht leben kann, die Naturforschung, die vollständig zu vermeiden den Menschen nicht erlaubt ist, wollen sie nicht sterben und aussterben, nun jedoch, um diesem Risiko zu entkommen, die von Naturforschung selbst notwendig immer unterbestimmte (weil in infiniten Bestimmungsregreß führende) Menschennatur in die Entfremdungsklemme zu pressen oder der Vernichtung preiszugeben, unter andere Zwecke als den von der Technik nezessierten der Einrichtung von menschlicher Kommunikation über Dinge, die sich durch Kommunikation nicht ändern, ergeht es einem leicht wie der Sowjetunion mit dem Gauner Lyssenko, von dem sich die Biologie (und damit die von ihr abhängige Landwirtschaftstechnik) dort jahrzehntelang nicht erholte; als Geschichte eines Versuches, die von der Partei gesetzten, marxistisch-leninistischen Zwecke zu erfüllen, nämlich die Perfektibilität des sozialistischen Menschen über lamarckistische Vererblichkeit erworbener (hier: anerzogener) Eigenschaften sicherzustellen, ist diese Farce eine Lehre für alle Marxianerinnen und Marxianer, die nie gelesen, nicht verstanden oder zu schnell vergessen haben, daß Engels den Unterschied zwischen idealistischer und materialistischer Auffassung von den Wissenschaften unter versteckter Rüge Hegels in Gestalt der Feststellung verdeutlichte, zwar seien alle Naturvorgänge des Wachsens und des Werdens zweifellos Sonderfälle der formaldialektischen Formel von der Negation der Negation, allein, wer das wisse, wisse über diese Vorgänge noch gar nichts.
    Die besseren unter seinen und Marxens Schülerinnen und Schülern wußten das freilich immer, sei es, weil sie es philosophisch herleiten konnten wie Sartre in der Kritik der dialektischen Vernunft , sei es, daß der von ihrer Lehre bekanntlich stets hervorgehobene Primat der Praxis ihnen diese Einsicht einschärfte, so daß sie wie Alfred Neumann grob, aber deutlich sagen konnten: »In den Naturwissenschaften gelten die Gesetze der Natur, bei den Gesellschaftswissenschaften gibt es so etwas nicht«. 74 Daß die Wissenschaft eine soziale Schöpfung ist und anders nicht existieren kann, verrät dabei ja schon der Naturgesetzbegriff, das Bild vom »Gesetz« aber bedeutet nicht, wie primitive Sozialkonstruktivismen nahelegen, daß die Naturwissenschaften nicht merken, daß ihr wahrer Gegenstand immer nur die gesellschaftlichen Bestimmungen sind, die sie ermöglicht haben, sondern daß man die Natur nur als von der Gesellschaft

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