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Der Implex

Der Implex

Titel: Der Implex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Barbara; Dath Kirchner
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nicht als ›Zerstörung‹, sondern als ›Erfüllung‹ der bestehenden schlechten Verhältnisse und der Illusionen, die sich die Bourgeois darüber machen, geht durch alle Nummern des ›Volk-Tribunen‹.« 98
    Seine berühmten Gegner insistieren im Widerspruch, wo immer sie können, auf der Notwendigkeit durchaus umfangreicher Zerstörungen des Verkehrten und machen dabei, was inzwischen nicht mehr sehr bekannt ist, auch vor den Verfassungen nicht halt, die man »der Liebe« im neunzehnten Jahrhundert gab, als von sexueller Emanzipation der Frauen, der Männer, überhaupt der ominösen »Menschen«, mit denen es die Feuerbachianer hielten, keine Rede sein kann. Vernünftiger A-Moralismus in dieser Angelegenheit konnte, mehr noch als die kühnste eigentumsrechtliche Spekulation, Kopf und Kragen kosten; Schwärmerei mag daher, man kann Kriege das nachfühlen, als nicht allzuschlechter Ersatz für ein Lebensveränderungsverlangen angesehen worden sein, das sich, wäre es klar ausgesprochen worden, schnell dem Verdacht ausgesetzt hätte, die Familie zerschlagen, die sexuelle Anarchie herbeiführen und barbarischste »Weibergemeinschaft« (ein in patriarchaler Analogie zur »Gütergemeinschaft« gebildeter, damals häufig gegen libertäre Ideen gekeilter Begriff) fordern zu wollen.
    Die Position der Angreifer von 1846 aber hebt sich auch in diesem Punkt von derjenigen Krieges durch beachtliche Konturenschärfe ab – Engels zum Beispiel behandelt in den Grundsätzen des Kommunismus , einer Vorstudie zum Manifest der Kommunistischen Partei , die Frage, welchen Einfluß denn nun die gewünschte kommunistische Gesellschaftsordnung auf die Familie ausüben werde, wenig zimperlich:
    »Sie wird das Verhältnis der beiden Geschlechter zu einem reinen Privatverhältnis machen, welches nur die beteiligten Personen angeht und worin sich die Gesellschaft nicht zu mischen hat. Sie kann dies, da sie das Privateigentum beseitigt und die Kinder gemeinschaftlich erzieht und dadurch die beiden Grundlagen der bisherigen Ehe, die Abhängigkeit des Weibes vom Mann und der Kinder von den Eltern vermittels des Privateigentums, vernichtet. Hierin liegt auch die Antwort auf das Geschrei hochmoralischer Spießbürger gegen kommunistische Weibergemeinschaft: Die Weibergemeinschaft ist ein Verhältnis, was ganz der bürgerlichen Gesellschaft angehört und heutzutage in der Prostitution vollständig besteht. Die Prostitution beruht aber auf dem Privateigentum und fällt mit ihm. Die kommunistische Organisation also, statt die Weibergemeinschaft einzuführen, hebt sie vielmehr auf.« 99
     
    Es kam anders; die kommunistische Organisation blieb aus, die Weibergemeinschaft auch, statt dessen haben Frauen von den Suffragetten über die Beauvoiristinnen bis zu Judith Butler politische und kulturelle Ergebnisse erzielt (und sich nach jedem Backlash wieder an die Front zurückgerobbt), die im Wahren, Schönen und Guten weiter gehen als alles, was diejenigen ahnen mochten, die sich vor der kommenden »Weibergemeinschaft« fürchteten oder sie ersehnten. Auch bei Marx und Engels Gelerntes hat dabei hin und wieder eine Rolle gespielt; nachdem die beiden aber die weiche Flanke ihrer Theorie, die Nähe zum politischen Vokabular (»Kommunismus«) von Liebessäuslern wie Kriege, erst einmal geschützt hatten, hatten sie darüber, wie die Menschen, die anders arbeiten sollen, dann lieben werden, nichts Spezifisches mehr. Kriege steht in der Theoriegeschichte der menschlichen Emanzipation seither mit abgesägten Hosen da; darüber jedoch zu vergessen, daß seine phantasmatische Überblendung von Imagines der Liebe mit solchen der Solidarität oder Feuerbachs Korrelationen von Lust und Selbstbewußtsein nur deshalb so geeignet waren, analytische und programmatische Schwächen damaliger Freiheitsrhetoriken zu überspielen, weil das, was diese Zusammenschau so vage zueinander in Beziehung setzt, eben doch nicht völlig unverbunden durch die soziale Welt geistert.
    Irgend etwas, das spürt man auch durch die geharnischte Abwehr der Begründer des modernen Sozialismus hindurch, ist denn doch dran an der Korrespondenz zwischen der Sehnsucht, Menschen zu finden, mit der, mit dem, mit denen sich in Liebe leben läßt, und der Absicht, die menschliche Welt so umzugestalten, daß niemand mehr hungert, friert, einsam ist, herumgejagt, erniedrigt, verachtet, gequält, getötet wird. Das und wieviel diese Sehnsucht wie diese Absicht auch damit zu tun haben, was man weiß

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