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Der Implex

Der Implex

Titel: Der Implex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Barbara; Dath Kirchner
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oben besprochenen Falle, daß man sich im Fall der Erarbeitung einer Analyse entscheiden muß, ob mit »Gewalt« ein Ding, eine Handlung oder eine Relation gemeint ist (und wir nichts davon »verbieten« wollen, wenn wir unsere Präferenzen ebenso deutlich machen wie die Gründe, die uns zu ihnen bewegt haben), ist auch die Hordenoptik für uns keineswegs das schlechthin Falsche: Daß es »oben« besser ist als »unten«, knüpft als Bild an Reflexe an, diese aber hätten sich nicht ausprägen können, wenn nicht (wie an jeder Ideologie) irgendwas dran wäre – sowohl in der Natur wie in der Gesellschaft bedeutet ein Fortschritt in der Vertikalen beispielsweise einen Übersichtszugewinn; wogegen wir uns aber aussprechen wollen, ist eben, daß solche Vokabulare, Tropen, Perspektiven automatisch, anders als bewußt, ohne Aufdeckung ihrer normativen, zweckgebundenen Dimension verwendet werden. Wenn man mit »oben« wirklich den Ort der besseren Übersicht meint und mit »Mitte« wirklich etwas, wohin es von allen falschen Exzentrika und jedem schlechten Besonderen gleich weit ist, dann kann man lobend meinen, was Peter Hacks sagt: »Die Mitte ist oben«, die Synthese also, gut hegelisch, eine zu begrüßende Überwindung von Position wie Negation.
     
    Der einzige aus unserer Perspektive erkennbare Ansatzpunkt, derlei effektiv zu begegnen, ist wohl die entschiedene Rückbindung aller einschlägigen Erörterungen auf die Frage der Arbeitsteilung – statt also zu sagen, ein Zentralausschuß stehe über anderen Einrichtungen, muß man bestimmen, was er bündelt und warum das jene nicht können. Das Wort vom Zentralismus, das Lenin bekanntlich sehr ernst genommen hat, ist in diesem Zusammenhang allerdings potentiell auch wieder Gold wert, insofern es nicht unbedingt auf den Unterwerfungsreflex setzt, das heißt nicht rückhaltlos die neural pathways des Hordenmenschen aktiviert. Die Übersetzung der primatenpolitischen Sprache der Klassengesellschaften in fair arbeitsteilige ist allerdings eine, die man nie vollständig am Schreibtisch (Laptop, iPhone, whatever ) wird leisten können; sie ist heute aber (im Gegensatz zur Zeit des Hochfordismus) vielleicht sogar organisationsdepravierten Lohnabhängigen leicht als wichtige Emanzipationsaufgabe klarzumachen, die ja inzwischen modularer arbeiten als früher selbst die freiesten der freien Handwerker.
     
    Besonders naive oder böswillige Leute könnten unseren Versuch, das Innen dem Außen bewußt kontraintuitiv gegenüberzustellen, nun ihrerseits idealistisch, nämlich psychologisierend deuten; nichts ist geschützt davor, und selbst mit einem staatsrechtlich so klar umrissenen Wort wie der »Souveränität« ist Befindlichkeitsqualster getrieben worden – uns bezeichnet er dagegen einfach etwas, das man braucht, um außer organisieren auch instituieren zu können; Besitz des Gewaltmonopols nämlich. Parteien zum Beispiel sind, wenn es sich bei der Staatsform, in der sie sich konstituieren, um eine bürgerliche und repräsentativ-demokratische Republik handelt, Institutionen, denn ein Parteienrecht schützt sie und ihr Funktionieren als Instrumente des Wählerwillens (von häßlichen regionalen Besonderheiten wie dem jeder Verhältnismäßigkeit hohnsprechenden englischen Wahlrecht oder unserer hiesigen 5%-Klausel abgesehen). Nicht alle Parteien aber sind Institutionen, sobald es in so einer bürgerlichen und repräsentativ-demokratischen Republik etwa ein Verfassungsgericht oder sonst ein Institut gibt, das sie verbieten kann. Eine verbotene Partei ist eine Organisation, aber keine Institution mehr. Die Mengenlehre greift diesmal gut: Nicht jede Organisation ist instituiert, jede Institution aber ist organisiert, da Bestandteil arbeitsteiliger Formen der Machtausübung.
     
    Die moderne, dem bürgerlichen Gemeinwesen gemäße Idee der Organisation ging in der Aufklärung aus der Idee der Öffentlichkeit hervor; zum Feudalabsolutismus und anderen vorbürgerlichen Herrschaftsweisen oppositionelle Korrespondenzen und Debattierzirkel verdichteten sich, wie aus heißem Staub im All sich Sonnen ballen, in städtischen Milieus zwischen Antwerpen und Paris zu republikanischen Clubs, unter denen die berühmtesten selbstverständlich die sind, die in der Französischen Revolution in enger Verbindung (nicht immer Identität) mit den politischen Parteien der königlich zugelassenen Parlamentsversammlung agierten: Sektionen, Clubs, Volksgesellschaften (erstere waren basisdemokratische

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