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Der Implex

Der Implex

Titel: Der Implex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Barbara; Dath Kirchner
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nicht, auf ein Metaphysikum herein: den Glauben an die Naturgegebenheit und Unabänderlichkeit der Arbeitsteilung und der Klassengesellschaft, denn die » few people « sind der Gelehrtenstand, nichts sonst. Vergessen hat Stove plötzlich, worauf er sonst besteht – im Kampf für die Legitimität der Induktion – daß man wissenschaftliche Theorien überhaupt nur formulieren kann, wenn man die Isotropie und Einheit der Welt für gegeben hält und die Glühbirne und das Penicillin, über die sich » most human beings « durchaus freuen, aus einer Sorte Weltbetrachtung entspringen, zu der die anderen Geistesfrüchte unablöslich zählen, die er den wenigen vorbehalten sieht. Eine Welt, eine Menschheit – der Logiker verkennt (aus Gründen, die eben nicht nur auf die Neopyrrhonisten einwirken, sondern auch auf nüchterne Köpfe wie Stove), daß der Schlüssel zu Holbachs Passage der Schlußsatz derselben ist, nicht ihr Anfang – die Wahrheit, ohne die man nicht zum Glück findet, meint nicht mehr als die Negativbestimmung: Wer nicht weiß, wo und wie und was, findet auch nicht zum Glück; wer’s weiß, kann trotzdem fehlgehen (wenn Stove Geburtstag hat, bekommt er Geschenke; aber wenn er Geschenke bekommt, muß er deshalb nicht Geburtstag haben, es kann Weihnachten sein oder sonst ein Fest; vielleicht mag ihn auch einfach jemand).
     
    Der springende Punkt bei der einheitlichen und isotropen Welt, den Stove ganz richtig ahnt, ist, daß es sich um eine unbeweisbare Hypothese handelt, weil niemand jemals alles über die ganze Welt wissen wird. Daß Newton » most people « etwas nützen kann, glaubt in der Tat nur, wer glaubt, daß es die einheitliche und isotrope Welt wirklich gibt. Je mehr Einzeltatsachen man aus Spencer Browns berühmtem » unmarked state « herausholt, desto plausibler mag die Einheits- und Isotropieannahme werden; unumstößlich gewiß wird sie nie, und daß man einmal etwas finden wird, das allem bisher von den Wissenschaften Ermittelten radikal widerspricht, ist so unfalsifizierbar wie die Weltherrschaft des unsichtbaren, fliegenden Spaghettimonsters. Die ganze neopyrrhonische Polemik wider den Naturgesetzbegriff, deren höchstes Niveau wohl bei Nancy Cartwright erreicht ist, die man deshalb sehr genau lesen sollte (der man aber nicht glauben muß, sowenig wie dem Kardinal Bellarmin), und die Stove an anderer Stelle (besonders einleuchtend im Glanzstück »Scientific Irrationalism«) völlig richtig als auf Tautologien errichtet knackt, klammert sich an diese Selbstverständlichkeit: Weil es morgen immer anders sein kann, als es heute ist, darf ich, wenn ich es auf Gewißheiten anlege, auch aus der eindeutigsten Regelmäßigkeit kein Gesetz machen. Die Wette der Aufklärer war aber keine darauf, daß ich das trotzig doch darf, wenn ich noch ein paar logische Gründe dranhänge, sondern eine auf Isotropie und Einheit der Welt, der Isotropie und Einheit menschlicher Handlungszusammenhänge vermittelt durch Isotropie und Einheit menschlicher Erkenntnisbemühungen entsprechen sollte – die »unreasonable effectiveness of mathematics« (Wigner) bei der Welterklärung als Setzung ist einfach die pragmatisch-materialistische Inversion der berühmten Pascalschen Wette im Fragment aus den Pensées :
    »Wenn es einen Gott gibt, so ist er unendlich unbegreiflich, denn da er ja keine Teile und keine Grenzen hat, steht er in keinem Verhältnis zu uns. Wir sind also unfähig zu erkennen, was er ist und ob er ist. (…) Wer wird also die Christen tadeln, daß sie ihren Glauben nicht begründen können, sie, die sich ja gerade zu einer Religion bekennen, die sie nicht begründen können; wenn sie diese der Welt vortragen, erklären sie, daß sie eine Torheit, stultitiam ist, und dann beklagt Ihr Euch, daß sie keine Beweise für sie haben. Wenn sie diese bewiesen, würden sie ja nicht Wort halten. (…) Prüfen wir also diesen Punkt. Und sagen wir: Gott ist, oder er ist nicht. Welcher Seite aber werden wir uns zuneigen? Die Vernunft kann dabei nichts ermitteln. Ein unendliches Chaos trennt uns davon. Man spielt ein Spiel auf das Ende dieser unendlichen Entfernung hin, wo sich entweder Bild oder Schrift zeigen werden. Was werdet Ihr wetten? (…) Ihr habt zwei Dinge zu verlieren: das Wahre und das Gute, und zwei Dinge einzusetzen: Eure Vernunft und Euren Willen, Eure Erkenntnis und Eure Seligkeit, und Eure Natur hat zwei Dinge zu meiden: Irrtum und Elend. Eure Vernunft wird nicht schlimmer verletzt, weil man

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