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Der indigoblaue Schleier

Der indigoblaue Schleier

Titel: Der indigoblaue Schleier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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eines Mädchens, das vor Jahren nach Maharashtra verheiratet worden war und das von seinen Schwägern gesucht wurde, und stellte dann zufällig die Verbindung zu einer braven Ehefrau in Goa her? Das war ja lachhaft!
    »Sag, Makarand«, wandte sie sich an den Jungen, der während ihrer Grübelei reglos dagestanden hatte und anscheinend einer Strafe harrte, »kannst du für mich herausfinden, wer der Herr dieses Krishna ist?«
    »Selbstverständlich, Ambadevi.« Nach einem kurzen Zögern wagte er dann, sie zu fragen: »Darf Anuprabha das Kästchen behalten?«
    »Selbstverständlich, Makarand.« Wie gut, dachte Amba, dass der Junge durch ihren Schleier nicht sah, wie sie ihn mitleidig belächelte.
    Auch sie hatte einmal geglaubt, man könne Einfluss auf sein Schicksal nehmen und seine Träume wahr werden lassen.
    Ach, wie sehr hatte sie sich getäuscht!

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    Nordindien, 1620
    W
enige Wochen nach der Geburt des siebten Kindes des Thronfolgers Prinz Khurram und seiner dritten Frau Mumtaz Mahal war die ganze Stadt mit Blumengirlanden, Palmenzweigen und fröhlich flatternden Fahnen geschmückt, um den Sohn, Shahzada Sultan Ummid Baksh, hochleben zu lassen. Wunderbare, erhebende Melodien erklangen an beinahe jeder Straßenecke, der Duft von Festtagsgebäck erfüllte die Luft. Die Menschen trugen ihre schönsten Kleider, und die Farbenpracht war schier überwältigend. Eine Reiterparade zog durch die Hauptstraße, ihr folgten zehn opulent geschmückte Elefanten, die goldschillernde
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auf ihren mächtigen Rücken trugen. In den wankenden Aufbauten saßen die Würdenträger der Stadt in ihren Brokatroben und lächelten unter ihren juwelenbesetzten Turbanen in die Menge.
    Es war einer der wenigen Tage, an denen Bhavani das Haus verlassen durfte. Die ganze Familie war zu den Umzügen gegangen, Onkel Manesh, Tante Sita sowie ihre drei Söhne und die beiden Schwiegertöchter, außerdem Vijay und Bhavani. Ein Tross von zwanzig Bediensteten umschwirrte sie, hielt Baldachine, fächelte ihnen Luft zu, reichte ihnen Erfrischungen. Die Frauen wurden durch tragbare Paravents, die mit Sehschlitzen versehen waren, vor den neugierigen Blicken fremder Männer geschützt.
    Seit ihre beiden ältesten Cousins so vorteilhafte Ehen eingegangen waren, hatte Bhavanis Alltag sich ein wenig gebessert. Tante Sitas zunehmende Verbitterung ließ sie nun an zwei weiteren Mädchen aus, nämlich den
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und
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 Jahre alten Schwiegertöchtern. Ihre Mitgiften hatten eine erhebliche Verbesserung des Lebensstandards für sie alle bewirkt. Das Haus war um einen großen Anbau erweitert worden, das Nachbargrundstück wurde erworben, um darin einen Lustgarten mit Wasserspielen anzulegen. In diesem durfte Bhavani sich nach Belieben aufhalten, und sie genoss es, den Pfauen beim Schlagen ihrer Räder und den Springbrunnen beim Plätschern zuzusehen. Manchmal steckte sie einer alten Bettlerin, die auf der Straße vor Maneshs Haus ihr armseliges Dasein fristete, durch eine Lücke im Buschwerk eine Leckerei zu, und wer genauer hingesehen hätte, hätte bemerken können, dass Bhavani mit beinahe unbewegten Lippen mit der Alten sprach.
    Die Wachsamkeit von Tante Sita hatte in den vergangenen zwei Jahren deutlich nachgelassen, denn mit Bhavani hatte sich eine so erstaunliche Wandlung vollzogen, dass sich niemand mehr vorstellen konnte, sie sei jemals widerspenstig oder ungehorsam gewesen. Sie war das sanftmütigste Wesen, das man sich nur vorstellen konnte. Die beiden Gemahlinnen ihrer Cousins vergötterten die fünfzehnjährige Bhavani, war sie es doch, die ihnen durch kluge Ratschläge und kleine Nettigkeiten das Leben erträglich machte. Nur in den letzten Wochen, da waren die beiden sich einig, war Bhavani irgendwie anders als sonst. Etwas bedrückte sie.
    Bhavani gab dem Drängen der beiden, ihnen ihre Sorgen anzuvertrauen, nicht nach. Niemals hätten sie verstehen können, was und wie es passiert war. Sie hätten nur ein Vorbild, ihren einzigen Halt in einem freudlosen neuen Heim verloren, weiter nichts. Sollte sie ihnen etwa mit geheuchelter Fröhlichkeit verkünden, sie sei stolz darauf, Onkel Manesh demnächst einen weiteren Sohn zu schenken? Nein, ihre Schwangerschaft musste Bhavani unter allen Umständen geheim halten. Sollte Tante Sita je davon erfahren, würde sie die ungeliebte Nichte totschlagen. Was, wie Bhavani manchmal dachte, wahrscheinlich die beste Lösung für sie alle war. Im Haus des Onkels konnte sie mit dessen Bastard nicht bleiben.

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