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Der indigoblaue Schleier

Der indigoblaue Schleier

Titel: Der indigoblaue Schleier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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direkt vor Amba, stupste sie an und tänzelte aufgeregt vor ihr herum.
    »Er will uns etwas mitteilen«, sagte Nayana.
    »So, will er das?«, entgegnete Amba. »Ich fürchte, er will nur etwas zu fressen haben. Und anschließend wird er den Garten verunreinigen.«
    Nayana lief nach drinnen und holte ein paar Gebäckstücke, die nicht mehr ganz so mürbe waren, wie sie hätten sein sollen, weil sie zu lange der feuchten Luft ausgesetzt gewesen waren. Sie warf eines davon dem Hund zu, der es begierig aufschnappte und verschlang.
    »Siehst du«, sagte Amba, »gib ihm den Rest auch noch, dann ist er vielleicht still und lässt uns in Ruhe.«
    Panjo vertilgte zwar die Kekse, doch sein Bellen wurde danach nur noch fordernder, als habe er erst durch die Nahrung wieder die Kraft dazu gefunden.
    »Das ist unerträglich«, beschwerte Amba sich. »Schafft diese Kreatur hier fort.«
    Längst waren auch die anderen Dienstboten gekommen, um ihre Neugier zu befriedigen. »Er will Euch etwas sagen, Ambadevi«, sagte Dakshesh. »Vielleicht ist seinem Herrn etwas Schlimmes widerfahren. Womöglich hatte er einen Unfall und liegt hilflos auf der Straße.«
    »Es wäre ja nicht das erste Mal.«
    »Bestimmt braucht Senhor Miguel Hilfe«, warf Anuprabha ein. »Ich finde, wir dürfen sie ihm nicht verweigern.« Seit ihrer Rückkehr aus dem Kerker war aus dem einst so stolzen, lebensfrohen Mädchen ein verhuschtes Ding geworden. Es wunderte Amba, dass sie sich überhaupt in die Diskussion einmischte.
    »Genau«, meldete sich nun Makarand zu Wort, »er hat uns aus einer Klemme geholfen, nun ist es an uns, ihm diesen Gefallen zurückzuzahlen.«
    »Na schön. Makarand und Dakshesh, ihr nehmt die beiden Pferde und folgt dem Hund. Wenn ihr Senhor Miguel verletzt vorfindet, dann bringt ihn hierher. Wenn es so ist, wie ich vermute, dass er nämlich gesund und munter auf dem Weg hierher ist, dann sagt ihm, er möge sofort umkehren. Wir haben hier kein Verlangen nach seiner Gesellschaft und seinen kindischen Späßen.«
    Die Männer ritten davon, immer dem wie verrückt sich gebärdenden Hund nach. Die Frauen zogen sich in ihre Unterkünfte und ins Haus zurück.
    Amba war hin- und hergerissen zwischen Sorge und Zorn. Wenn Miguel Ribeiro Cruz einen Unfall gehabt haben sollte, würde sie ihm natürlich helfen müssen – und wollen. Aber wenn es sich nicht so verhielt und er wohlauf war, dann würde sie ihm seine lächerlichen Spielchen nie verzeihen. Warum sie dennoch in ihr Zimmer ging, ihr Haar bürstete und ihre Lippen mit einer glänzenden Pomade betupfte, war ihr selbst nicht ganz klar.
    Am Abend waren Dakshesh und Makarand noch immer nicht zurückgekehrt. Die Frauen machten sich allmählich Sorgen, und sie ergingen sich in immer wilderen Spekulationen.
    »Der Hund hat die beiden bestimmt zu Senhor Miguels Haus geführt«, mutmaßte Nayana, »und dort liegen alle Bewohner krank darnieder.«
    »Ja, die Seuche wird sich ausgebreitet haben«, vermutete auch Jyoti.
    »Hoffentlich steckt Makarand sich nicht an«, meinte Anuprabha.
    »Oder der arme Dakshesh«, ergänzte Nayana.
    »Vielleicht sind sie gar nicht bis zum Haus dieses Portugiesen gekommen, sondern mit der Flussfähre gekentert«, unkte Shalini, worauf ihr kleiner Sohn fragte, was »kentern« bedeutete.
    Die Köchin erklärte es ihm, sagte aber, als sie Vikrams erschrockenen Gesichtsausdruck bemerkte: »Sie sind natürlich nicht gekentert. Sie werden den Senhor auf der Straße aufgelesen und ihn ins Dorf gebracht haben. Und weil die beiden schlau sind, wollten sie nach Einbruch der Nacht nicht mehr hierher zurückreiten, weil es im Dunkeln zu gefährlich ist. Ich bin davon überzeugt, dass sie morgen früh in bester Verfassung wiederkommen.«
    Doch auch am nächsten Morgen erschienen Makarand und Dakshesh nicht, und in Ambas Haus wuchs die Besorgnis. Unternehmen konnten die Frauen nicht viel: Ohne Pferde und ohne männliche Begleitung würde sich keine von ihnen auf den Weg machen, um nach den beiden Vermissten zu suchen.
    Die Anspannung war förmlich mit Händen greifbar. Anuprabha verschüttete ein Fläschchen kostbaren Duftöls, worauf sie von Amba scharf angefahren wurde, und Jyoti war beim Auftragen des Essens so fahrig, dass sie eine Schüssel mit Gemüse fallen ließ, die direkt auf Nayanas Schoß landete. Chitrani hatte die Nachspeise, frittierte süße Reisklößchen, nicht heiß genug ausgebacken, so dass sie nun pampig und fettig schmeckten, und Vikram trieb seine Mutter mit

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