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Der indigoblaue Schleier

Der indigoblaue Schleier

Titel: Der indigoblaue Schleier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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und tut es noch. All das im Namen der Kirche, was ganz gewiss nicht in Eurem Sinn ist.«
    »Was in meinem Sinn ist und was nicht, das steht Euch nicht an zu mutmaßen.«
    »Sehr wohl, Padre.«
    »Was genau werft Ihr ihm vor?«
    Miguel war, obwohl er genau dies hatte vermeiden wollen, verunsichert. Der Inquisitor hatte einen stechenden Blick und legte ein so herrisches Gebaren an den Tag, dass es schwer war, sich nicht von ihm einschüchtern zu lassen. Die Art, wie er fragte, legte nahe, man selber sei der Verbrecher. Sollte er wirklich alle Missetaten Carlos Albertos aufs Tapet bringen, oder schnitt er sich damit ins eigene Fleisch? Ach was, einer musste ja einmal die Wahrheit aussprechen.
    »Ich werde Euch die Untaten, von denen ich weiß, in chronologischer Reihenfolge aufzählen: Er hat Leichname geschändet, um ihnen Knochen zu entnehmen, aus denen er dann gefälschte Reliquien fertigen ließ. Er hat eine Dienstmagd ohne besonderen Grund verhaften lassen und ihr Gewalt angetan, bevor er sie seinen Schergen überließ. Er hat das Haus meiner Familie durchsucht und dabei kaum einen Stein auf dem anderen gelassen. Und er hat meinen Hund getötet. Ich bin mir sicher, dass diese Liste nur einen Bruchteil seiner Schandtaten aufführt.«
    »Ihr kommt zu mir, weil der Mann Euren Hund getötet hat?«, fragte Frei Martinho in beißendem Ton. »Wisst Ihr eigentlich, wen Ihr vor Euch habt? Für Streitereien dieser Art bin ich nicht zuständig, genauso wenig wie für Hühnerdiebe oder Brunnenpisser.«
    »Ihr seid aber zuständig für Carlos Alberto Sant’Ana, den Ihr für seine Dienste bezahlt. Er ist eine Schande für Euch, für die Inquisition und für die heilige Mutter Kirche. Er gehörte als Erster auf den Scheiterhaufen.«
    Frei Martinho war sprachlos. Es hatte noch nie jemand gewagt, ihm zu widersprechen, nie. Der junge Ribeiro Cruz hatte Schneid, das musste er ihm lassen. Und natürlich hatte er recht. Wer wüsste besser um die kriminellen Umtriebe Sant’Anas als er, Frei Martinho? Dennoch passte es ihm nicht, dass der Kaufmannssohn sich so wenig unterwürfig und eingeschüchtert zeigte.
    »Habt Ihr Beweise für Eure Unterstellungen?«
    »Ihr wollt den Kadaver meines Hundes sehen?«, antwortete Miguel spontan und bereute seine Frechheit sofort. Auf diese Weise würde er sein Ziel bestimmt nicht erreichen. »Verzeiht«, versuchte er den Fauxpas wieder auszubügeln, »der Tod des Tieres hat mir sehr zugesetzt, insbesondere nachdem ich anschließend kein einziges Möbelstück meines Hauses mehr benutzen, geschweige denn einen Portwein zur Beruhigung trinken konnte. Senhor Sant’Ana und seine Männer haben ganze Arbeit geleistet im Solar das Mangueiras.« Miguel sah, wie die Miene des Padre sich verdüsterte. Er sollte den Mund halten, sonst machte er alles nur noch schlimmer.
    »Was ist nun? Habt Ihr Beweise?«
    »Für den Handel mit gefälschten Reliquien gibt es Zeugen. Zunächst einmal mich selber, da Senhor Sant’Ana mich ursprünglich als Geldgeber für sein schmutziges Geschäft gewinnen wollte. Ich habe abgelehnt, was wahrscheinlich der Grund dafür ist, weshalb ich mich nun dem unstillbaren Rachedurst dieses Unmenschen ausgesetzt sehe. Es gab ein paar potenzielle Kunden, über die Euch Dona Assunção Mendonça Genaueres erzählen könnte. Allerdings weilt die Dame nun in Portugal.«
    »Ah. Die einzige Zeugin ist weit weg, und Ihr erwartet, dass ich Euren Worten mehr Glauben schenke als denen eines treuen Dieners unserer Sache?«
    »Habt Ihr denn den ›treuen Diener‹ schon dazu vernommen? Oder wisst Ihr schon jetzt, dass er alles leugnen wird?«
    »Eure fortgesetzten Frechheiten werde ich mir nicht gefallen lassen. Ihr antwortet nun auf meine Fragen und enthaltet Euch jedes weiteren Kommentars, sonst ist diese Anhörung beendet.«
    »Jawohl, Padre.«
    Der Geistliche räusperte sich und veränderte seine Sitzposition leicht, als ob es ihm widerstrebte, das nächste Thema anzuschneiden. »Der Vorwurf der Vergewaltigung ist ebenfalls schwerwiegend, aber er lässt sich wohl kaum beweisen.«
    Miguel schwieg. Er war ja nicht direkt gefragt worden.
    »Oder welche Art von Beweis gedenkt Ihr mir in dieser Sache zu bringen? Eine junge Frau, die behauptet, man habe sie geschändet, um damit zum Beispiel eine Schwangerschaft zu erklären, die sie ihrer eigenen Unkeuschheit zu verdanken hat?«
    »Die junge Frau ist nicht in anderen Umständen. Sie ist von den Übergriffen körperlich wieder vollständig genesen,

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