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Der indigoblaue Schleier

Der indigoblaue Schleier

Titel: Der indigoblaue Schleier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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Juliana froh, wenn Letztere während der langen Reisen ihres Mannes nicht allein leben musste. Dies war, so vermutete Isabel, wohl der Hauptgrund dafür, warum die Queiroz so insistiert hatten, Isabel müsse mit ihnen zusammenwohnen.
    Isabel zupfte sich bei einem letzten Blick in den Spiegel die Löckchen in Form, rückte den riesigen Perlenanhänger ihrer Halskette zurecht, so dass er genau zwischen den Ansätzen ihrer Brüste hing, und legte sich ein Spitzentuch um. Dann verließ sie ihre Räume und stieß im Flur auf ihre ältliche Freundin, die ungeduldig wartete. Im Hinausgehen gab Dona Juliana dem Hausdiener alle möglichen Anweisungen, die völlig überflüssig waren, denn Dinge wie das Absperren der Tür oder das Nichteinlassen fremder Personen gehörten zu dessen Standardpflichten. Er verbeugte sich, als die Damen die Wohnung verließen, sperrte hinter ihnen ab und begab sich sofort zu Isabels Zofe, die in einem Nachthemd ihrer Herrin, das sie aus dem Wäschekorb gefischt hatte, auf ihn wartete. Für die Dienstboten würde dieser Abend bedeutend unterhaltsamer werden als für ihre Herrschaften.

[home]
52
    H eute würde er in die Höhle des Löwen gehen. Miguel hatte gründlich darüber nachgedacht, war aber immer wieder zu demselben Schluss gelangt: Carlos Alberto war nur beizukommen, wenn man sich ihm nicht beugte und vor ihm kuschte, sondern wenn man sich ihm entgegenstellte, hoch erhobenen Hauptes. Also würde er, Miguel, heute den berüchtigten Frei Martinho aufsuchen, den ranghöchsten Inquisitor Goas.
    Er würde dem Kirchenmann alles erzählen, was dessen gedungener Gehilfe im Namen Gottes so trieb. Er würde von der Vergewaltigung Anuprabhas berichten und von dem Handel mit gefälschten Reliquien. Er würde von der Willkür und der Brutalität erzählen, mit der Carlos Alberto gegen Leute vorging, gegen die er einen persönlichen Groll hegte, die sich aber niemals gegen Gott versündigt hatten. Er würde ihn anzeigen und dafür sorgen, dass Carlos Alberto dahin kam, wo er hingehörte: in den Kerker.
    Doch obwohl Miguel sich im Recht fühlte und sich keinerlei Schuld bewusst war, überkam ihn ein klammes Gefühl, als er sich dem Gebäude näherte, in dem der Geistliche ihn erwartete. Es kursierten zahlreiche Gerüchte über Frei Martinho, die sich alle in einem Punkt ähnelten, nämlich dass es sich bei ihm um einen außergewöhnlich strengen Richter handelte. Wer wusste schon, was der Mann ihm vorwerfen würde? Es wurden ja schon so belanglose »Vergehen« wie das geahndet, dass einer am Sonntag eine Geschäftsakte durchsah. Sollte dem Geistlichen je zu Ohren gelangen, dass Miguel eine Liaison zu einer Inderin unterhielt, noch dazu einer so geheimnisumwobenen, dann würde er womöglich selbst im Kerker landen. Er musste überaus vorsichtig zu Werke gehen.
    Er betrat den Anhörungsraum mit betont lässiger Haltung, straffte jedoch die Schultern, als er sich Frei Martinhos missbilligenden Blicken ausgesetzt sah. Miguel fühlte sich wie ein Schuljunge, der dem Rektor vorgeführt wird, nachdem er beim Schwänzen ertappt wurde. Der Padre war von zwei Mönchen flankiert und bat Miguel mit einer unwirschen Geste, Platz zu nehmen.
    »Ihr wart sehr unklar in Euren Andeutungen. Ihr wollt also jemanden anzeigen?« Frei Martinho war nicht ganz so gelangweilt, wie er sich gab. Es überraschte ihn zwar nicht, dass Streitereien in der Familie oder unter Nachbarn sowie Rivalitäten unter Geschäftsleuten oder jungen Galanen hier vor ihm ausgetragen wurden, das geschah schließlich alle Tage. Aber wen dieser junge Mann, den er nur dem Namen nach kannte, anschwärzen wollte, interessierte ihn doch. Immerhin handelte es sich um den Spross einer sehr angesehenen und einflussreichen Familie, und aus diesen Kreisen verirrte sich nur selten jemand vor dieses Tribunal. Die Reichen trugen ihre Kämpfe mit Geld aus, sie griffen nicht gern auf die Hilfe der Inquisition zurück, wenn es sich irgendwie vermeiden ließ.
    »So ist es, Padre. Ich musste im Vorfeld vorsichtig sein und konnte Euch den Namen des Verbrechers nicht nennen, da die Gefahr bestand, dass er mich sonst aus dem Weg geschafft hätte. Er verfügt über einigen Einfluss.«
    »So sprecht endlich. Um wen handelt es sich, und was werft Ihr ihm vor?«
    »Sein Name ist Carlos Alberto Sant’Ana, Padre.« Miguel entging nicht, dass Frei Martinho schluckte und die beiden Mönche zu seiner Seite die Luft anhielten. »Er hat sich abscheulicher Verbrechen schuldig gemacht

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