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Der indigoblaue Schleier

Der indigoblaue Schleier

Titel: Der indigoblaue Schleier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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portugiesischen Eroberungen, aufgriffen. Da sah man die großen Entdecker des 16 . Jahrhunderts – Vasco da Gama etwa war gleich dreimal vertreten – sowie die Ureinwohner der eroberten Länder. Es wimmelte von Indios, afrikanischen Stammeshäuptlingen und indischen Maharadschas. Ein paar Gäste hatten sich als Fregattenkapitäne oder Matrosen verkleidet, einige gingen als Missionare, andere trugen Kostüme, die Flora und Fauna der Kolonien in aller Welt symbolisierten. Es stolzierten Tiger und Elefanten herum, Orchideen und Kokospalmen. Miguel hatte mit dem Gedanken gespielt, als Pfeffersack zu kommen, die Idee dann aber verworfen. Eine solche Verkleidung wäre eine Beleidigung für die Gastgeber, die an nichts gespart hatten und sich ihre Veranstaltung so festlich wie möglich wünschten.
    Miguel hatte lange überlegt, als was er sich verkleiden sollte. Er wollte ein Kostüm, das zu ihm und seinem Rang passte, zugleich sollte es ausgefallen sein und einen gewissen Esprit ausstrahlen. Schließlich war ihm die Idee gekommen, dass er als Galeone gehen könne. Es hatte ihn allerhand Mühe gekostet, seine Idee umsetzen zu lassen, da sowohl der Schneider als auch der Stukkateur nicht recht verstanden hatten, was ihm vorschwebte. Doch das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Als Frachtschiff trug Miguel eine Galionsfigur aus Gips am Bauch vor sich her, die der Stukkateur liebevoll gestaltet hatte. Er trug einen Hut, der wie ein großes Segel geformt war, des Weiteren eng anliegende Kleidung, die mit braun gestreiften Applikationen in Form von Schiffsplanken versehen war; an seinem Gürtel hing sogar ein kleiner Anker. Es war ein gutes Kostüm, für das er vielfach gelobt wurde, hatte allerdings den Nachteil, dass es nicht sehr komfortabel war. Die Galionsfigur, die um seinen Rumpf geschnallt war, war immerzu im Weg, an Tanzen war damit schon gar nicht zu denken. Nun, er würde sie später einfach abnehmen, wenn es nicht mehr so genau darauf ankäme, wer wie prachtvoll gekleidet war.
    Als in der Auffahrt eine silberne Sänfte abgesetzt wurde, der eine vollkommen verschleierte Dame entstieg, setzte kurz sein Herzschlag aus. Einen Augenblick später wich der Schreck einem Gefühl von Erleichterung – und Enttäuschung. Denn es handelte sich keineswegs um Dona Amba, sondern, wie unschwer an ihrem undamenhaften Laufen zu erkennen war, um Delfina, die nun auf ihn zustürmte.
    »Oh, Miguel, du bist einfach umwerfend als Handelsschiff!«
    »Und du bist eine hinreißende Haremsdame.«
    Delfina warf ihm einen Blick zu, aus dem Miguel, hätte er Delfina nicht so gut gekannt, Hinterlist herausgelesen hätte. »Und keine gewöhnliche Haremsdame, mein Lieber. Ich bin heute Abend deine mysteriöse Dona Amba.«
    »Was heißt hier ›meine‹ Dona Amba?«, verteidigte Miguel sich, um davon abzulenken, dass er sich irgendwie ertappt fühlte.
    »Nun, es geht das Gerücht, du seist der Einzige, der jemals ihr Gesicht gesehen hat.«
    »Ach, Delfina gibt zu viel auf dummes Gerede«, sagte Álvaro, der mit seinem Bruder zu ihnen gestoßen war und gar nicht wusste, worüber Miguel und Delfina gesprochen hatten. Allein das Wort »Gerücht« löste bei ihm jedes Mal eine ablehnende Reaktion aus. Ein sympathischer Zug, wie Miguel fand – und in dieser Situation äußerst praktisch, enthob es ihn doch einer Erwiderung. Er hätte nichts anderes zu sagen gewusst als das, was er allen schon unzählige Male vorgebetet hatte: Nein, er habe nicht das Vergnügen gehabt, in Dona Ambas Gesicht zu schauen, und ja, sie sei abweisend gewesen und habe deutlich gemacht, dass sie keinen weiteren Kontakt wünsche.
    Álvaro und Sidónio waren beide in Frauenkostümen erschienen, der eine als Afrika, der andere als Amerika. Schließlich gesellte sich auch Dona Assunção zu ihnen, die ganz in Grün gekleidet und über und über mit Blattwerk versehen war. Sie deutete Miguels fragenden Blick richtig und antwortete nüchtern: »Eine Pfefferpflanze.«
    »Zauberhaft, meine Liebe. Aber mir scheint, Euch ist heute Abend Euer übliches Feuer abhandengekommen …«
    »Wie wahr. Ihr dafür beobachtet umso schärfer. Ich habe gar keine Lust auf diesen öden Ball«, flüsterte Dona Assunção. »Ich bin bestimmt schon ein Dutzend Male hier gewesen, und es beginnt mich wirklich zu langweilen. Aber Ihr«, und damit hellte sich ihr Gesicht auf, »seid eine wirklich imposante Erscheinung – nicht dass Ihr das in Alltagskleidung nicht auch wärt.«
    »
Mãe,
hört auf, so

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