Der Infekt
Nachschubprobleme überstehen.«
»Aber was ist mit der Ansteckungsgefahr? Ich meine, das Fleisch kommt doch von infizierten Tieren, wenn ich das bis hierhin richtig verstanden habe.«
Mount nickte. »Die Leute von Breedwell sagen, daß nach der Sterilisation und nach dem Anbraten des Fleisches wahrscheinlich keine Infektionsgefahr mehr besteht. Außerdem haben sie mir erklärt, daß man früher zur Gewinnung von Lebendviren für die Herstellung von Impfstoffen gegen Maul- und Klauenseuche ebenso vorgegangen ist, indem man nämlich den erkrankten Tieren die Zungen herausgeschnitten hat, um aus den Pusteln die Viren zu isolieren, und die Kadaver dann der Fleischproduktion zugeführt hat, weil das ganze Verfahren sonst viel zu unwirtschaftlich geworden wäre. Also sehe ich keinen Hinderungsgrund, warum wir nicht ebenfalls Burger verkaufen können, die aus dem Fleisch unserer infizierten Tiere hergestellt sind.«
»Ich persönlich könnte mich dieser Auffassung anschließen, Zachary, aber ich glaube, die Verbraucher hätten damit größere Probleme; vor allem, weil sie Alternativen zu unseren Burgern haben. Also, was ist mit der Presse in Südamerika? Wenn irgend jemand erfährt, daß unser Fleisch mit Viren verseucht ist, die eine tödliche Grippe erzeugen können, dann ist FunFries am Boden. Oder glauben Sie, daß dann noch jemand FunFries -Burger kauft und ißt? Oder gar das neue ›LuckyMenu‹?«
»Ja, das ist ein Problem«, gab Mount zu. »Aber in die Situation können wir jetzt auch schon kommen, außer wir lassen die in Frage kommenden Großherden samt und sonders auslöschen.«
»Vergessen Sie das, Zachary, dann können wir ja gleich zusperren. Im anderen Fall haben wir wenigstens noch eine Chance. Meinen Sie, man könnte den Informationsfluß zur Presse irgendwo unterbrechen?«
»Soweit ich verstanden habe, wird daran bereits gearbeitet.«
»Gut, Zachary, veranlassen Sie die nötigen Schritte. Wir werden versuchen, noch zwei Monate zu überstehen.«
Der Sekretär ging schon zur Tür, als Margo de Keyser noch etwas einfiel. »Wo ist eigentlich Harold Frampton?«
»Ich denke, in seinem Büro. Wollen Sie ihn feuern?«
»Eigentlich müßte ich es tun, nach dem, was er uns da eingebrockt hat. Aber das können wir uns nicht leisten, weil er über die ganze Angelegenheit Bescheid weiß. Nein, Zachary, ich werde ihn davon überzeugen, daß sich Loyalität zu FunFries durchaus bezahlt machen kann. Bringen Sie mir doch bitte seine Akte, ja?«
Mount grinste. »Sicher, sofort!« Irgendwann rentiert sich alles, dachte er, auch die Investition in die beiden Detektive, die die übrigen FunFries- Direktoren beobachteten, vor allem dann, wenn sie Vergnügungen nachgingen, die bei ihren jeweiligen Ehegattinnen auf nur wenig Verständnis gestoßen wären.
Limerick, Irland
S tan Lundquist klemmte den Röntgenfilm an den Lichtkasten. Das Bild auf dem Film hatte allerdings überhaupt keine Ähnlichkeit mit denen, die ein normaler Mensch von entsprechenden medizinischen Aufnahmen kennt. Aus der Entfernung sah es so aus, als wäre jemand mit vier schwarzgefärbten Fingern von oben nach unten über den etwa vierzig mal zwanzig Zentimeter großen Film gefahren. Bei genauerem Hinsehen entpuppten sich die vier dunklen Streifen jedoch nicht als durchgezogene Linien, sondern als Aufeinanderfolge kleiner, waagrechter schwarzer Striche, etwa wie die Sprossen einer Leiter. Jeder dieser Sprossen tauchte nur in einer der vier Bahnen auf.
Solche Röntgenbilder ließen sich durch eine genial einfache Versuchsanordnung erzeugen und boten dennoch Informationen, die frühere Generationen von Forschern noch für völlig unmöglich gehalten hätten. Aus dem Muster der kleinen schwarzen Striche auf dem Film konnte man nämlich die Reihenfolge der DNA-Bausteine ablesen, mithin also die genaue Zusammensetzung bestimmter Abschnitte der Erbsubstanz und die Struktur einzelner Gene.
Stan Lundquist hatte den Film auf dem Lichtkasten bereits am Nachmittag zuvor ausgewertet. Er saß nur aus Alibigründen an seinem Labortisch und mimte den konzentriert arbeitenden Wissenschaftler; in Wirklichkeit wartete er darauf, daß auch der letzte seiner Mitarbeiter das Labor verließ. Er hatte sich nämlich für den weiteren Abend noch einiges vorgenommen.
Lundquist wollte in dieser Nacht das Büro des Interclone- Chefs Efrem Blunstone heimsuchen und einen Blick in die Aktenschränke werfen. Denn irgend etwas war an dieser Firma faul. Bei seinen
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